KAPITEL 20

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Noch immer standen wir engumschlungen da und rührten uns nicht. Ich konnte die Wärme ihrerseits deutlich auf meinem Körper spüren und wollte, dass sie nicht verschwindet. Ich versuchte regelmäßig zu atmen, konnte jedoch den süßen Geruch von Rotwein und Minze nicht widerstehen. "Wie viel haben Sie getrunken Mrs. Hawking?" fragte ich flüsternd. "3 oder 4 Gläser Wein, wieso ist das von Interesse..jetzt?" flüsterte sie stockend zurück während sie ihre Augen geschlossen hielt. "Ich lasse Sie so nicht zurückfahren. Und Sie werden sich auch kein Taxi nehmen, denn Ihr Wagen steht noch immer hier. Sie werden wohl oder übel die Nacht hier verbringen müssen." Sprach ich ernst und war somit in dieser Konversation die dominante und kontrollhabende Person. Catherine seufzte kurz, nickte aber dann und schlug ihre Lider auf. Ich konnte nicht genau deuten, was ihre kristallklaren Augen für Bände sprachen, doch für diesen einen Augenblick wollte ich es auch gar nicht wissen. Ich flüsterte ihr noch ein kurzes und irgendwie triumphierendes 'Okay' in ihr Ohr, bevor ich ihre Hand nahm und mit ihr nach oben zum Gästezimmer ging. Dieses war mit einem dunklen kleinen Kleiderschrank mit farblich passendem Bett und Beistelltisch ausgestattet. An den Wänden zierten sich 2 große Bilder von zwei Landschaften, der Boden war aus dunklem Parkett und die Wände waren weiß. Man konnte sich wohlfühlen, wusste dennoch, dass es lediglich ein Gästezimmer war. Und während sich Catherine ein wenig erschöpft auf die Bettkante setzte und ihr wunderschönes Gesicht in ihre zarten Hände vergrub, holte ich zwei frische Handtücher und sagte ihr wo das Badezimmer aufzufinden wäre, obwohl sie mit einem leichten Grinsen mir sagte, dass sie bereits weiß wo es ist. Mein Kopf errötete als ich an unserem ersten Kuss nachdachte, wie unbeholfen und naiv ich mir dabei vorkam. "Mein Schlafzimmer ist die Tür direkt gegenüber, falls etwas sein sollte. Gute Nacht Mrs. Hawking." murmelte ich und spielte nervös mit meinen Fingern bevor ich die Tür von außen schloss und mich in mein Zimmer begab. Erschöpft von den Ereignissen des heutigen Tages, lies ich mein teures Kleid auf den Boden fallen und zog mir nicht einmal meinen kurzen Pyjama an. Sofort legte ich mich auf mein Bett und starrte verloren durch das Fenster. Die Äste wehten sachte durch den Wind am Abend, manchmal schlugen sie leicht gegen das Fenster sodass es sich anhörte, als würde jemand klopfen. Ich schloss die Augen und öffnete sie nach 30 Minuten wieder, als das klopfende Geräusch erneut auftauchte. Doch dieses Mal kam das Klopfen nicht von den Ästen, die gegen mein Fenster schlugen. Langsam und quietschend öffnete sich die Tür und mit gesenktem Kopf und geröteten Wangen stand Catherine mitten in meinem Schlafzimmer. Zum ersten Mal konnte ich sehen, wie nervös und schüchtern sie war. Catherine war nicht mehr die selbstbewusste und dominante Person im Moment. Sie war verletzlich und sensibel, so sah sie zumindest aus. Langsam setzte ich mich auf und sah sie erwartend und doch überraschend an. Doch sie sprach nicht, war still und doch versuchte sie, einen passenden Grund zu finden, um ihr derzeitiges Erscheinen rechtzufertigen. Langsam kam sie einige Schritte auf mich zu und sah mir in die Augen. Ihre waren nun nicht mehr kristallklar, sondern glasig und leicht gerötet - sie hatte geweint. Ich versuchte ihren Blick fern zu bleiben, doch als sie sich auf das Bett begab und zu mir krabbelte, sah ich sie an. Auf allen vieren war sie nun über meinen Körper, beugte sich leicht und presste sanft ihre Lippen auf meine - erst dann legte sie sich genau neben mir und sah mir tief in die Augen während sie meine Haare aus dem Gesicht streichelte. Ich zitterte, nein, ich bebte förmlich unter ihren Berührungen und trotzdem genoss ich all die kleinen Momente. Die winzigen Augenblicke, an denen sie dennoch beweist, dass zwischen ihr und mir mehr ist, als nur ein kurzes, knackiges Liebesspiel. "Mrs Hawking, eben noch dachte ich.." nuschelte ich doch sie unterbrach mich mit einem Kuss. "In diesen unzähligen Nächten sollten wir aufhören zu denken." flüsterte sie und küsste mich nochmal. Und egal wie oft sie ihre Lippen auf meinen legen würde, es wäre mir nie genug. Schnell umschlang ich ihren Nacken mit meinen Händen und zog sie hinunter, näher an mich heran. Ich öffnete meine Lippen und lies ihre Zunge Einlass, wobei sie den Kampf um die Dominanz gewann. Auch wenn mein Gefühlschaos alles andere als aufregend war, stöhnte ich in den Kuss hinein und empfand es als ein Abenteuer. Keuchend lies sie von meinen Lippen ab, als sie nun schon direkt auf mir lag und es störte sie nicht im geringsten, halbnackt zu sein. Sie war lediglich mit ihrer feinen schwarzen Unterwäsche bekleidet - so wie ich. Und am liebsten hätte ich ihre auseinandergerissen, ihren Körper mit Küssen bedeckt und erkundet. Lächelnd, als wäre all das vorhin nie passiert, sah sie mich an und strich über meine Lippen. Und als sie das tat sah ich sie an, studierte all ihre Konturen des Körpers, all die Poren in ihrem so unfassbar schönen Gesicht. Die natürlich blutroten Lippen, die glänzenden Augen und ihre naturblonden gutriechenden Haare, welche in ihr Gesicht fielen im Moment. "Was schaust du mich so an?" fragte sie grinsend. "Wer bist du wirklich? Ich meine, im einen Moment da stehst du so dominant und selbstbewusst vor mir, manchmal da bist du sogar eiskalt und so unnahbar. Und im anderen Moment, da küsst du mich, du zeigst Gefühle, auch wenn diese vielleicht nicht mir gelten, eben noch standest du vor mir, mit glasigen Augen und warst total nervös. Sag mir welche Rolle spielst du jetzt? Die Hauptrolle, oder nur eine weitere fiktive Nebenrolle deines eigentlichen Charakters? Ich weiß nicht wer du bist und das macht mich verrückt." Sie nahm jedes einzelne Wort in sich auf, saugte es regelrecht auf und das sah man ihr in diesem Moment, in welchen sie auf mich lag und ihren so warmen halbnackten Körper an meinen presste, an. "Findest du nicht, dass wir uns ähneln Evelyn? Das wir beinahe gleich sind? In einem Moment im Hotel, da schreist du mich an und sagst mir, dass du das Spiel nicht mitspielst, kündigst und verschwindest. In dem anderen Moment, da spielst du mit, bist nervös in meiner Anwesenheit hast sogar regelrecht Angst vor mir und willst mich doch für dich allein haben. Dann kommst du mit diesem Micah, küsst ihn, küsst Diego und stehst dann wieder vor mir und sagst, dass es ein Fehler war sich in mich zu verlieben. Evelyn auch ich habe Gefühle und große Angst, dass du dir mit all dem nicht sicher bist. Das du ein Spiel mit mir spielst und ich dir verfallen werde und nie wieder rauskomme. Wir wissen beide, dass ich dominanter bin, anscheinend auch unnahbarer, doch ich hoffe uns beiden ist bewusst, dass wir schon längst einander verfallen sind. Seit dem ersten Augenblick." sagte sie ruhig und küsste mich. Langsam rollte sie sich von mir ab und legte sich genau neben mir, sah mich in die Augen und wartete lächelnd auf meine Antwort. Sie hatte Recht, vollkommen Recht, denn wir ähnelten uns sehr ubd wir konnten Eisklotze sein, doch nur um uns selbst zu schützen. "Also war es doch kein Fehler, mich in dich zu verlieben?" krächzte ich etwas und sah sie erwartungsvoll an. Sie hingegen grinste, zog mich näher an sich heran und küsste mich wieder einmal, doch dieses Mal so intensiv und hingebungsvoll wie noch nie. "Es war kein Fehler Evelyn. Und ich habe gelogen, als ich sagte, dass ich dich nie lieben könnte."

Da war es wieder, das Gefühl von Geborgenheit, was ich in den letzten zwei Jahren nur von meiner kleinen Tochter kannte. Das Gefühl, welches Leben in meine Knochen und das Kribbeln in meinem Bauch brachte. Das vollkomene Gefühl in meiner Herzensgegend, obwohl es nicht vollkommen war. Denn sie fehlte mir, auch wenn sie neben mir lag und mich ansah, wenn sie mich küsste oder so winzige nichtige Dinge mir in mein Ohr flüsterte. Wenn sie sich an mich schmiegte, als sei ich ihre Burg die sie vor Feinden schützte, obwohl ich selbst Angst hatte. Heute, nur diese Nacht war sie ganz anders. Catherine war sie selbst, zumindest hoffte ich, dass Sie keine Maske trug. Erst jetzt konnte ich ihre Ecken und Kanten betrachten, ihre Macken und Fehler die sie durch ihre Maske immer verschwinden lies. Ich sah ihr kleines Schwalbentattoo auf ihrem Hüftknochen und fuhr langsam darüber, bei meiner Tat lächelte sie mich an. "Eine kleine Jugendsünde. Damals wollte ich kein Streber mehr sein, und so cool wie die anderen sein, die mich immer gemobbt hatten. Also lies ich mich tätowieren, ganz zur Missgunst meiner Mutter." Flüsterte sie lachend und ich musste willkürlich kichern. Etwas weiter tiefer, als ich ihren Körper betrachtete, sah ich eine unauffällige kleine Narbe an ihrem Knie. Kurz strich ich darüber, sah sie an und wartete auf ihre nächste Geschichte. "Ich war sehr klein, als mein Vater mir beibrachte, Fahrrad zu fahren. Das war mein erster und einziger Sturz ohne stützende Räder. Ich fiel nur ein Mal. Mein Vater kam sogleich zu mir als ich bitterlich weinte und mir mein Knie hielt. Er pustete, gab mir ein Kuss auf die leicht blutende Wunde und sagte "Du kannst so oft fallen wie du willst, doch danach stehst du auf und wirst dich daran erinnern, welchen Fehler du gemacht hast als du gestürzt bist. Diesen Fehler machst du kein zweites Mal." Und als er das sagte, waren meine Schmerzen weg und mein Mut wie neu geboren. Durch meinen Vater bin ich erfolgreich geworden. Durch seine Liebe lernte ich stark zu sein." Ich musste lächeln, als sie ihren Monolog beendet hatte und trotzdem brach es mir mein Herz, dass mein Vater im Himmel ruhte. Er hätte nie gewollt das ich eine so grauenhafte Vergangenheit habe, nach seinem Tod. Doch ich wollte nicht über ihn und meine Vergangenheit denken, und so hart es auch klingen mag, wollte ich nicht über das Dasein als Mutter und nicht über meine Tochter nachdenken. Das einzige was in diesem Moment zähle waren Catherine und Ich. Das Hier und Jetzt und die so ausgeprägte Verbindung in dieser Nacht. Ich dachte nur an Catherine und ich liebte sie...

...seit dem ersten Augenblick...

Let me be your poem [girlxgirl]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt