4. Immer mehr Tränen

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Reflexartig lief Hicks zu seiner Freundin und schmiss sich in die Hocke neben Astrid auf den Boden. Diese schaute kurz auf, merkte dann aber, dass es Hicks war, und vergrub ihren Kopf wieder in ihren Armen. Hicks brach es das Herz sie so zu sehen. So niedergeschlagen, mit diesem verweinten Gesicht. Man könnte meinen, das wäre Folter.
,,Oh Astrid...", flüsterte er und zog sie zu sich. Auch wenn sie noch immer in der vorherigen Pose war, Beine angewinkelt und mit den Armen umschlungen, legte er seine Arme um sie. Astrid lehnte ihren Kopf gegen seine Brust, worauf die Tränen seine Rüstung hinunter rannen, was Hicks allerdings nichts ausmachte. Immerhin lag da schon Drachensabber oben, dagegen waren Tränen nichts. Astrid ließ nun ihren Schmerz bei ihrem Freund aus. Sie stellte sich gebrechlich und schwach da. Doch das war ihr egal. Ihre Eltern waren tot und würden nie wieder zurückkehren. Da war es klar, dass sie völlig am Ende war. Hicks strich ihr beruhigend über das Haar und wisperte: ,,Ssshh...Ich weiß, ich weiß..." Die ganze Zeit ging es so. Astrid konnte nicht aufhören zu weinen, was Hicks auch nicht erwartet hätte. So einen Verlust konnte man nicht einfach runter schlucken und hinter sich lassen. Hicks' Vater wurde von seinem eigenen besten Freund ermordet. Das war schon Schmerz genug, aber wenigstens tat Ohnezahn das nicht mit Absicht, sondern wurde kontrolliert. Aber bei Astrid wurden ihre Mutter und ihr Vater absichtlich grausam getötet. Das musste innerlich echt wehtun.
Nach sehr langer Zeit löste sich Astrid wieder von ihrem Freund, weinte aber weiterhin. Zumindest ist es ein winzig kleines bisschen besser geworden. Hicks legte einen Arm um die Wikingerin und rutschte ganz nah zu ihr, sodass nichts mehr zwischen sie passte. Mit der anderen Hand strich er ihr gleichmäßig über den Arm. Astrid gab keinen Laut, außer natürlich Schluchzer, von sich. ,,Wir werden heute noch die letzte Ehre halten.", flüsterte Hicks. Die junge Frau gab keine Antwort. ,,Es tut mir so leid...Ich weiß, wie es ist, eine wichtige Person im Leben zu verlieren..."Hicks schaute zu Boden und drückte sich noch näher an seine Freundin. Diese vergrub ihren Kopf noch immer in ihren Armen und weinte, zumindest nicht mehr so viel. ,,Naja...Allerdings weiß ich nicht wie es ist, zwei Personen zu verlieren, die beide brutal ermordet worden sind..." Gleich darauf merkte Hicks, wie falsch es war, diesen Kommentar zu liefern, denn Astrid schluchzte damit wieder mehr. ,,Oh...tut mir leid, das-das wollte ich nicht..." Doch seine Freundin blieb wieder still. Hicks seufzte und legte seinen Kopf auf ihren.
Es ging für mehrere Minuten so. Hicks hatte seinen Kopf noch immer auf ihrem liegen und strich ihr behutsam über den Arm. ,,Sie kommen nie wieder zurück....",schluchzte Astrid leise. Kaum hatte sie das gesagt, rappelte sie sich auf und fiel Hicks weinend um den Hals. Hicks erwiderte und drückte seine Freundin noch näher an sich. Astrid vergrub ihren Kopf in seiner Schulter und ihr kamen ein paar Tränen. ,,Ssshh...", versuchte Hicks es nochmal und zog die junge Frau noch näher an ihn. Langsam lösten sie sich und dieser Anblick ließ Hicks kurz aussetzen. Astrids Gesicht war komplett mit Tränen bedeckt und nass. Ihre Augen waren schon ganz rot und angeschwollen. Schlimmer ging es kaum. Kaum sahen sie sich tief in die Augen, kamen Astrid wieder Tränen. Die Wikingerin kniff ihre Augen zusammen, um die Tränen aufzuhalten und schaute zu Boden. Hicks Blick fuhr ganz kurz zu ihrer Wange. Und dann zu ihrem Oberschenkel. Geschockt riss der junge Mann seine Augen auf. Diese Verletzungen sahen extremst scharf und schmerzend aus. Erst jetzt bemerkte der Wikinger die Axt, die ein paar Meter von ihnen im Boden steckte. Und am Rand klebte auch noch Blut. Na toll. ,,Och Astrid, du weißt doch, dass wenn der Kummer zu groß ist, du nicht Äxte werfen gehen solltest! Dann verletzt du dich nur."
Ganz recht, dies ist schon mal passiert, als ihr Onkel vor drei Jahren gestorben war. Mit solch einem riesigen Kummer konnte man sich einfach nicht richtig konzentrieren und so passierten immer Missgeschicke. Darunter eben Verletzungen.
Hicks nahm vorsichtig ihre Hände und drückte diese. Um vom Thema abzulenken, sprach Hicks: ,,Astrid...Ich weiß was für Zeiten das sind. Ich kenne mich da aus. Damals habt ihr mich alle in diesen schweren Zeiten, als mein Vater gestorben ist, unterstützt und das werden wir alle jetzt bei dir tun. Wirklich Astrid...Du brauchst jetzt unbedingt ganz viel Liebe und Unterstützung, okay?" Astrid schaute wieder auf und nickte. Hicks sprach weiter: ,,Gut. Heute schläfst du nach der letzten Ehre bei mir. Morgen schlafen wir alle gemeinsam in der Arena. Rotzbakke, die Zwillinge, Eret, Fischbein und wir zwei mit allen Drachen. Wir holen uns einfach Decken und legen uns hin, ja?" Astrid nickte wieder. ,,Ach, komm her.",flüsterte Hicks und zog Astrid wieder in eine Umarmung. Mitten in dieser fragte der junge Wikinger: ,,Bist du bereit dafür, wieder ins Dorf zu gehen?" Astrid schüttelte leicht ihren Kopf und wisperte: ,,Nein, ich will nicht,...dass die Leute mich so sehen." Hicks seufzte. ,,Astrid, du musst dich nicht schämen. Das ist doch klar, dass du weinst. Also komm schon." Sie lösten sich und Hicks stand auf. Er reichte ihr die Hand, die sie zögernd annahm und sprach: ,,Okay." Die Berkianerin rappelte sich auf und stellte sich wieder auf ihre Füße. Gemeinsam machte sich das Paar langsam auf den Weg nach Hause ins Dorf, wobei Hicks Astrid ermutigend bei der Hand hielt.

Hiccstrid ~ Schwere Zeiten ✅Where stories live. Discover now