23. Viel zu viel Beileid

912 37 11
                                    

,,Nichts", verkündete Manar, der Heiler der Verbannten. Völlig bestürzt sprang Rotzbakke nach vorne und wiederholte die Antwort des Mannes: ,,Nichts?!" ,,Nichts", äußerte der Verbannte nochmals. ,,Wirklich gar nichts?!" Der Schwarzhaarige war noch lauter und hektischer geworden. ,,Nein, gar nichts" ,,Wirklich nichts? Sind Sie sicher?!" ,,Absolut.", berichtete der Heiler, während sein Gesichtsausdruck immer genervter wurde. ,,Absolut gar ni-", wollte Rotzbakke dieses Spielchen am Laufen halten, doch er wurde von seinem Stammesoberhaupt, das seine Hände von hinten auf die Schultern des Jorgenson legte, unterbrochen: ,,Schluss jetzt, Rotzbakke. Es gibt keine Informationen. Es gab sowieso schon von Anfang an keine Hoffnung. Aber beruhige dich, es gibt noch andere Inseln, die wir besuchen können." Es entsprach nicht ganz der Wahrheit.
Die Drachenreiter hatten zwar gewusst, dass sie sich keine Hoffnung machen sollten, doch auf der Strecke zur Hütte des Heilers Manar hatte sich das Dasein der minimalen Hoffnung dennoch immer mehr vergrößert. Dies und ein plötzlicher Sturz von Astrid, den ihr Drache zum Glück gekonnt aufhalten konnte, hatten sich während dem Gehen des Weges zugetragen. Nervosität, die jeder Berkianer ausstrahlte, war währenddessen in der Luft zu fühlen gewesen. Und nun war die ganze aufgesammelte Hoffnung in den Abgrund gestürzt.
,,Danke nochmal", bedankte sich Hicks bei dem Heiler, welcher vor kurzer Zeit noch alles nach einem Zettel mit Informationen abgesucht hatte. Manar nickte nur und schloss, nachdem alle Personen den Raum verlassen hatten, die einen dumpfen Knall von sich gebende Tür. Der Braunhaarige schaute in den gefärbten Himmel. Von den gelben bis zu den rosanen verschwommen alle Farbtöne ineinander und boten ein wunderschönes Farbenspiel. Während der Blick des Wikingers die untergehende Sonne suchte, berichtete Alvin, der die ganze Zeit in der Gruppe mitgegangen war, bedauernd: ,,Es tut mir leid, dass wir nichts für euch hatten." Der Freund des womöglich einzigen Nachtschattens seufzte, wandte seinen Blick dem Anführer dieser Insel zu und versicherte: ,,Das macht nichts. Wir haben noch genügend Tage, um Informationen auf anderen Inseln zu ergattern." Nach einer kurzen Pause setzte Hicks fort: ,,Aber jetzt sollten wir erst einmal nach Hause fliegen. Es wird schon dunkel." Nun gesellten sich die bis jetzt draußen gestandenen Drachen zu ihren Reitern, die es sich anschließend in den jeweiligen Sätteln gemütlich machten. Sturmpfeil beugte sich äußerst weit runter, um das Aufsteigen für Astrid leichter zu machen. Alvin folgte ihnen, stellte sich vor die Bande und sprach: ,,Viel Glück für die Suche nach dem Gegengift. Ich hoffe sehr, dass ihr es rechtzeitig schafft." Dann landete der auf die Hofferson-Tochter gerichtete Blick auf das Oberhaupt von Berk. ,,Viel Glück auch für dein Stammesoberhauptdasein." ,,Danke. Ich hoffe, dass du und dein Volk euch weiterhin so gut entwickelt und es sich nicht so Schwierigkeiten wie bei uns in den Weg stellen." Die beiden Anführer nickten sich noch einmal zu, ehe alle Drachenreiter abhoben und jeder noch ein ,,Aufwiedersehen" oder ,,Bis bald" rief.
_________
Nach dem Flug nach Berk, der genauso wie der Flug auf die Insel der Verbannten verlief, landeten die Berkianer auf dem Grund ihrer Insel. Inzwischen war die Dunkelheit schon eingebrochen und ein paar Sterne erschienen auf dem schwarzen Himmel. Wie erwartet stürmten viele Wikinger, fast schon das ganze Volk, auf die Drachenreiter zu und berichtete schockiert, sie hätten die Sache mit Astrid gehört. Nach fast schon fünfzehn Minuten mit ständigen Aussagen über das Beileid für Astrid, welches die Leute in sich trugen, und manchen Fragen, konnten die Freunde endlich in ihre Hütten kehren und den Abend ausklingen lassen. Während Ohnezahn, Wolkenspringer und Sturmpfeil Kurs auf die Hütte der Haddocks nahmen, geisterten Astrid all die Kommentare ,,Es tut mir so leid für dich", ,,Du Arme", ,,Du schaffst das schon" oder ,,Oh Thor, wie du aussiehst!" durch ihren Kopf. Ihr gefiel diese Art von Aufmerksamkeit ganz und gar nicht. Nun hielten all die Berkianer sie vermutlich für überaus schwächlich und hilflos. Allerdings wusste die Blondine tief im Inneren, dass sich dies leider als die Wahrheit entpuppte.
Vor dem Haus angekommen verzogen sich Sturmpfeil und Wolkenspringer in ihre Ställe, wo ihr Mahl sie erwartete, Ohnezahn folgte seinem Reiter, dessen Freundin und Mutter in die Stube hinein. ,,Okay, wir sollten am besten gleich festlegen, wann wir morgen wo hinfliegen.", beschloss der junge Erwachsene, als Valka die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und nun für Abendessen sorgen wollte. ,,Beruhige dich erst einmal, Hicks. Das können wir morgen festlegen. Jetzt reden wir nicht mehr über dieses Thema, zuerst braucht ihr einmal eine kleine Stärkung. Wer will Fleischbällchen?" Auf den Kommentar schauten alle anwesenden, darunter auch ein gewisser Nachtschatten, erschrocken auf und weiteten ihre Augen. ,,Ähm...T-Tu dir keinen Zwang an. Wir können uns auch nur ein Brot nehmen.", meinte Hicks stotternd. Seine Mutter brach in schallendem Lachen aus. ,,Keine Sorge, ich weiß, dass ich nicht gut kochen kann." ,,Und ich liebe dich, auch wenn du so eine mieserable Kochkunst hast.", schmeichelte Hicks und bekam dafür ein Lächeln der Frau geschenkt. Astrid schlich sich in die Küche und half Valka dabei, Hühnchen mit Brot auf den Tisch zu stellen. Währenddessen verabreichte der einzige Mann im Raum seinem besten Freund einen Korb voll Fische, worüber sich der Alphadrache sofort hermachte. ,,Immer schön langsam, Kumpel. Sonst verschluckst du dich noch.", riet Hicks lachend, während er seinem Drachen beim Verspeisen seines Futters zusah. Dieser allerdings nahm nicht einmal diese Aussage wahr und fraß einfach weiter in diesem Tempo. Nacheinander nahmen die Berkianer auf dem Tisch Platz und gönnten sich ebenfalls etwas zu essen. Jeder nahm sich ein Hähnchen, ein Stückchen Brot und ein Getränk. Kurz blieb es still, bis die Drei all ihre Kochkünste als Gesprächsthema wählten.
Nach dem Essen verzog sich Valka in ihren Raum, welcher einmal Haudrauf gehört hatte, Astrid, Ohnezahn und Hicks in den ihren. Nachdem die beiden Berkianer ihre metallischen Sachen ausgezogen hatten legten sie sich nebeneinander ins Bett, während sich der Nachtschatten auf seiner Steinplatte niederließ. Beide schlossen kurz die Augen und atmeten tief ein und aus, Astrid deutlich lauter, als ihr Freund. Als Hicks das erste Wort übernehmen wollte, kam die Kriegerin ihm zuvor: ,,Sag mal, ist dir auch so warm?" ,,Ähm...Nein, nicht wirklich.", antwortete der junge Mann verwirrt. Er neigte seinen Kopf in dem Moment, als die Blonde wieder das Wort ergriff, zu ihr auf die Seite. ,,Mir aber schon. Und es wird immer wärmer." Am Ende ihrer mit rauer Stimme ausgesprochenen Verkündung wurde sie etwas hektischer und sprang auf. Die Stirn gerunzelt beobachtete der Braunhaarige, wie seine feste Freundin sich ihr Oberteil und ihre Hose vom Leibe striff, sodass sie nur noch die Unterwäsche vor der puren Nacktheit bewahrte. Ein Anblick, den Hicks normalerweise erfreut empfangen hätte, doch mit dieser blassen Haut wurde daraus nichts. ,,Schon besser", murmelte die junge Erwachsene und legte sich wieder neben den 20-Jährigen. ,,Na super. Das ist ja wie Folter.", beschwerte sich der Mann verzweifelt. ,,Was meinst du?", informierte sich die junge Dame. ,,Dass du krank bist und ich nichts tun kann und dass du in Unterwäsche neben mir liegst und ich nichts tun kann." Auf diesen Kommentar musste die Hofferson kurz kichern. Dann rückte sie näher zu ihm, stütze sich auf ihrem Unterarm ab und schenkte dem Wikinger einen kurzen Kuss. ,,Du versuchst sowieso schon alles, um mich vor dieser Krankheit zu befreien, also kannst du ja anscheinend sehr wohl etwas tun." Sie ging erst gar nicht auf die zweite Bemerkung ein, da man dazu sowieso nichts zu sagen brauchte. Nun schlich sich auf die Lippen des Drachenreiters ebenfalls ein Lächeln, worauf Astrid gespielt begeistert wisperte: ,,Hey, da ist ja wieder sein Lächeln. Ich dachte schon, es sei verloren gegangen." Nach einem kurzen Lachen küsste der Angesprochene die Person über sich noch einmal, bevor sie von ihm abließ. Nachdem die sich zugedeckt hatten fielen sie bald schon in einen tiefen Schlaf. Zumindest einer von ihnen.
Denn schon nach einer Stunde wachte die blonde Berkianerin aus ihrem Schlaf auf. Am ganzen Körper war Gänsehaut zu sehen und sie zitterte aus Kälte. Sie späte kurz zu Hicks hinüber, der noch immer friedlich in seinen Träumen verweilte. Dann stand sie so leise wie möglich auf und bückte sich, um ihre Kleidung vom Boden aufzuheben. Diese zog sie sich dann über, allerdings war ihr noch immer kalt. Genauso vorsichtig wie zuvor schnappte sie sich das rote Oberteil ihres Freundes, welches er immer mit 18 Jahren getragen hatte. Als sie dieses über ihren Kopf gezogen hatte, wischte sie es noch zurecht und versuchte währenddessen in ihre Schuhe zu schlüpfen. Danach fiel ihr Blick auf das Fenster im Raum. Der Mond schien auf die Erde herab und ein leichter Wind wehte in der angenehmen Abendbrise. Nun übergab sie die Lust, einen Spaziergang zu unternehmen. Draußen in der klaren Nacht durch den Wald bis zum Strand zu wandern und die Natur zu genießen. Einfach nur die Schöpfung der Götter in freien Zügen genießen. Wer weiß, wie lange sie das noch machen konnte? Entschlossen schritt sie leise zur Treppe, drehte sich um, damit sie rückwärts hinunterklettern konnte und schaute dann noch einmal vor sich. Dabei merkte sie, dass selbst Ohnezahn noch tief und fest schlummerte. Mit einem tiefen Atmenzug, wollte die Blondine den Schritt wagen und die Treppe selbstständig nach unten steigen, doch ihr schlechtes Gefühl, welches sich aufgebaut hatte, behielt recht damit, dass sie dies nicht schaffen würde. Plötzlich verlor die Drachenreiterin das Gleichgewicht und kippte nach hinten. Durch ihren Schrei wachten Hicks und Ohnezahn auf. Die beiden bemerkten nur noch, wie die Wikingerin rückwärts vom ersten Stock fiel - Den Kopf in Richtung Boden.
,,Astrid!"

Hiccstrid ~ Schwere Zeiten ✅Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum