41. Übertreiber und Untertreiber

691 33 6
                                    

,,Was soll ich sagen? Hallo, liebe Berkianer, bitte erschreckt euch nicht, dass ich vor euch stehe. Wisst ihr, eigentlich bin ich gar nicht so richtig gestorben?“
Frustriert warf Astrid ihre eine Hand in die Höhe. Die Andere war fest von Hicks' umschlossen. ,,Ähm...“ Hicks wusste selbst nicht, wie Astrid am Besten vor die Einwohner treten sollte.
Das Paar war gerade auf dem Weg zurück zum Dorf und mit jeder Sekunde machte sich Astrid mehr Gedanken drum, was sie sagen sollte. ,,Vielleicht probiere ich es mit einer besonderen Tonlage?“ Astrid verstellte ihre Stimme auf eine eigenartige Art und Weise. Es kam eine Stimme heraus, die wie von einem heiseren kleinen Mädchen zu einem Yak mit Durchfall wurde. ,,Seid gegrüßt, geehrtes Volk von Berk! Obwohl, eigentlich sollte ich das gar nicht so sagen, immerhin bin ich selbst Eine von euch. Falls ihr es noch nicht bemerkt habt: Ich bin Astrid Hofferson, diese eine Tote da. Ich möchte es nur so nebenbei gesagt haben.“ Hicks war darüber erstaunt, dass Astrid so etwas mit ihrer Stimme anstellen konnte. ,,Du übertreibst.“ Es folgte eine kurze Schweigesekunde. ,,Du übertreibst sehr.“, wiederholte der Braunhaarige. ,,Du bist derjenige, der eine Party geben will. Das ganze Volk wird nur meinetwegen feiern! Da sollte ich schon einen einigermaßen angemessenen Auftritt haben!“, argumentierte Astrid. ,,Willst du mir jetzt die Schuld geben, weil ich eine Feier für deine Rückkehr geben will? Astrid, du bist gestorben. Ganz Berk und vor allem die Drachenreiter und ich mussten so viel Schmerz ertragen. Natürlich möchte ich feiern, allen mitteilen und glücklich darüber sein, dass du lebst“ ,,Übertreiber...“ ,,Untertreiber...“
In der nächsten Sekunde blieben die Beiden stehen und schauten sich genervt an. In der folgenden Sekunde blickten sie sich einfach nur in die Augen. Und in der nächsten Sekunde konnten die zwei Wikinger sich nicht mehr zurückhalten. Auf Anhieb fingen beide an, laut zu lachen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatten. Als dies der Fall war, überraschte Hicks seine Freundin mit einer Umarmung. Fast schon unbewusst platzte es aus seinem Mund heraus: ,,Es macht mich so glücklich, wieder mit dir scherzen zu können. Ich hab das so vermisst.“ Als Astrid ihm gerade wieder weismachen wollte, wie sehr er übertrieb, kam Hicks ihr zuvor: ,,Nein, sag jetzt nichts. Ich weiß, dass du nur für eine Stunde tot warst, aber ich meine auch die Tage davor, als du die Krankheit hattest. Trotzdem erscheint es mir jetzt ewig her, seit wir das letzte Mal normal miteinander reden konnten.“ Astrid entspannte sich, seufzte leise und flüsterte: ,,Da muss ich dir Recht geben.“ Schon wurde die Umarmung gelöst und die Zwei machten sich weiterhin auf den Weg ins Dorf.
,,Und was soll ich jetzt sagen?!“

Da standen sie nun. Vor ihnen lag das Dorf. Und Astrid hatte keinen Plan, was sie tun sollte. ,,Tja...Improvisiert wird es sicher am besten.“, versuchte Hicks es, auch wenn er wusste, dass die Reaktion der Berkianer auf eine lebendige Astrid einmalig sein wird. ,,Hicks, ich will nicht, dass irgendwer einen Herzinfakt bekommt.“ Eine kurze Stille herrschte. Ohne auf Astrids Aussage einzugehen, fragte Hicks: ,,Willst du es jetzt mit oder ohne verstellter Stimme machen?“ Astrid musste lachen.
Auf einmal ertönte hinter ihnen ein erstickter Schrei. Hicks und Astrid drehten sich um und sahen Ochs, einer der Einwohner von Berk. Sein entgeisteter Blick lieg auf Astrid. Stammelnd brachte er hervor: ,,A-Astrid Hoffers...Hofferson...B-Bist du Astrid H-Hofferson...?“ Mit Astrids eigenartiger Stimme antwortete sie: ,,Sei gegrüßt, Berkianer. Bitte erschrecke dich nicht. Ja, ich bin Astrid-“ Auf einmal fiel der Mann vor ihr zu Boden. ,,Diese eine Tote da...“, beendete Astrid ihre Rede. ,,Es lag nur an der Stimme.“, meinte Hicks sarkastisch. Er ging zu Ochs. ,,Herzinfakt?“, kam fragend von Astrid. ,,Nein, zum Glück nur Ohnmacht.“ Kurz sagte niemand etwas. Die zwei Drachenreiter überlegten, was sie tun sollten. Dann ergriff Astrid das Wort: ,,Lassen wir ihn liegen?“ ,,Lassen wir ihn liegen.“, kam die zustimmende Antwort. Wissend, dass der Mann sowieso bald aufwachen würde und es ihm auch gut ging, schlichen die beiden 20-Jährigen weiter.
Auf einmal blieb Astrid wieder stehen. ,,Ich kann das nicht...“ Hicks hielt ebenfalls an und drehte sich zu der Blondine um. ,,Diesmal bin wohl ich diejenige, die übertreibt. Aber ich kann einfach keinen klaren Gedanken fassen. Diese Leute denken, mich gäbe es nicht mehr. Sie denken, dass ich auf diesem Boot verbrannt bin. Und jetzt tauche ich ganz einfach hier auf.“ Hicks schloss kurz seine Augen, öffnete sie kurz darauf aber wieder und vollzog ein paar Schritte, bis er bei Astrid war. Er fasste an ihre Schulter und bemühte sich, sie zu beruhigen: ,,Astrid, für mich war es natürlich auch eine...ziemliche Überraschung. Aber ich hab's auch geschafft, das Ganze vernünftig zu realisieren.“ ,,Du hast begonnen, zu weinen.“ ,,Darauf gehen wir jetzt nicht länger ein. Du weißt, wieso ich geweint habe. Die übrigen Bewohner werden es ja wohl nicht tun.“ ,,Ich weiß. Ich stelle mich dämlich an.“ ,,Nein, tust du nicht, das weißt du. So würde es jedem ergehen. Und jetzt lass uns die Sache endlich zu Ende bringen. Du weißt, dass ich an deiner Seite stehe. Solltest du stammeln, nicht mehr weiterwissen und dich blamieren, dann helfe ich dir.“ Wie erhofft, erwischte Hicks damit einen gewissen Punkt an Astrid. Energisch sie: ,,Eine stammelnde, nicht mehr weiterwissende und sich blamierende Astrid kannst du nur in deinen Träumen begegnen. In Wahrheit bist es vermutlich du, der Angst hat. Na, los. Lass uns ins Dorf gehen und meine Existenz beweisen!“ Mit diesen Sätzen setzte Astrid ihre Beine wieder in Bewegung und machte sich auf den Weg Richtung Dorf. ,,Geht doch...“, murmelte Hicks und folgte ihr.

Hiccstrid ~ Schwere Zeiten ✅Where stories live. Discover now