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• D A N I E L •

Ich weiß nicht warum, aber es hat mich gefreut, als Ethan fragte, ob er mir zusehen dürfte.

Es hat etwas in mir ausgelöst...aber diese Gefühle kann ich nicht zuordnen.

Seine Blicke sind mir nicht entgangen, wie er meine Körperhaltung musterte, jede meiner Bewegungen verfolgte.

Bereits seit meiner Kindheit lerne ich, wie man mit einem Schwert richtig umgeht - Vater hat immer viel Wert daraufgelegt. Und siehe da, in meinen noch jungen Jahren gehöre ich zu den besten Schwertkämpfern des Landes.

Natürlich! Wie konnte mir dies nur entgehen? Es war die pure Bewunderung, möglich auch der Neid, welche ihn steuerten. Er kennt eine solche Welt nicht.

Ich habe nur einen kurzen Einblick in die Welt des Volkes bekommen und war ehrlich schockiert. So könnte ich niemals leben.

Aber nun ist Ethan hier bei uns und kann alles mit anderen Augen sehen. Ich weiß nicht, warum, aber meine Meinung über ihn hat sich geändert. Er ist ganz anders, als ich dachte...

Am Tage der Hinrichtung wirkte er von den Geschehnissen sehr aufgewühlt. Sein erschütterter Gesichtsausdruck verfolgt mich gewiss heute noch. Doch ist er nicht der zerbrechliche junge Mann. Er hat eine Stimme, von der er nur zu gerne Gebrauch macht. Und das am liebsten vor mir.

Dafür könnte ich ihn in den Kerker werfen lassen, aber es ist sogar sehr unterhaltsam.

Ich höre, wie sich jemand mit schnellen Schritten meinem Zimmer nähert. Neugierig drehe ich mich zur Tür um, die einen Moment von Ethan geöffnet wird.

Augenblicklich breitet sich ein wohliges Gefühl in mir aus. Das muss daran liegen, dass ich ihn gut leiden kann. Ich fühle mich in seiner Gegenwart wohl, weil wir womöglich gerade dabei sind, eine Art Freundschaft zu entwickeln.

Das muss es sein.

"Was möchtest du?" "Wollt Ihr vielleicht spazieren gehen? Die Wolken am Himmel haben sich verzogen. Wenn wir Glück haben, sind wir zurück, bevor es wieder zu stürmen beginnen könnte."

Ich überlege kurz, finde aber keine Aussage, die dagegenspricht. Und außerdem wäre ein Spaziergang eine gute Möglichkeit, Ethan besser kennenzulernen.

"Vielleicht tut die frische Luft gut.", stimme ich lächelnd zu und gehe auf ihn zu. Er öffnet meinen Kleiderschrank und greift nach meinem Mantel. "Ach weißt du, ich hätte mich auch wieder mit deinem Mantel zufrieden gestellt.", meine ich schmunzelnd, während er ihn mir überstreift. "Nur ist meiner nicht annähernd so warm, wie Eurer, mein Prinz."

Als ich mich zu ihm umdrehe, wird mir bewusst, wie nahe wir aneinander stehen. Keiner spricht, unsere Aufmerksamkeit gilt doch aber gewiss dem anderen. Ich muss eingestehen, er hat schöne Augen...für einen Mann. Sie haben eine interessante Farbe, die mich irgendwie in den Bann ziehen.

"Deine Augen sind mir bisher noch nie aufgefallen. Sie...sie sind wunderschön." Die Worte kommen schneller über meine Lippen, als ich sie aufhalten kann. Erst wirkt er verwirrt, was ich gerade gesagt habe, doch dann ändern sich seine Gesichtszüge. Sie spiegeln Verblüfftheit wider...und etwas anderes, was ich aber nicht deuten kann.

Mit geröteten Wangen wendet er sich ab und nimmt ein Buch von der Kommode, die neben der Tür steht. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass er eines in der Hand hielt, als er reinkam. "Danke, mein Prinz. Ich habe sie von meiner Mutter geerbt.", murmelt er und weicht dann meinen Blicken aus.

Ich kann mir mein Verhalten selber nicht erklären. Wie komme ich dazu, einem Mann ein solches Kompliment zu machen?

Ohne etwas zu erwidern gehe ich durch die von ihm geöffnete Tür. Schweigend laufen wir nebeneinander den Flur entlang zur Küche, um uns durch die Hintertür herausschleichen zu können.

Doch heute fühlt es sich verbotener an. Und mir ist auch durchaus bewusst, dass es daran liegt, dass Ethan mich begleitet. Wie wirkt das wohl auf Außenstehende, wenn zwei junge Männer sich herausschleichen...Würde mein Vater davon erfahren, dann dürfte Ethan sich mit einer anderen Seite dieses Schlosses bekannt machen.

Er würde auf ewig im Kerker verrotten müssen, während ich in meinem Zimmer eingesperrt wäre.

Meine Aufmerksamkeit liegt sofort auf ihm, als er neben mir leise seufzt. Als er meinen Blick bemerkt, färben sich seine Wangen wieder rot.

Warum errötet er?

"Sag, hast du das Buch mitgenommen, um mir wieder daraus vorzulesen?", frage ich ehrlich interessiert. "Nun, so dachte ich es mir. Wenn Euch das aber missfällt, muss ich ni-" "Nein nein, es freut mich. Ehrlich gesagt habe ich es in meiner Kindheit geliebt, wenn meine Mutter an meinem Kinderbett saß und mir vorlas.", gestehe ich.

Endlich erwidert Ethan meinen Blick und lächelt. "Euer Wunsch sei mir Befehl."

Ob er seine Worte auch ehrlich meint? Verhält er sich mir so gegenüber nur, weil es seine Pflicht ist oder liegt ihm wirklich etwas an mir?

Gewiss kann ich ihn als einen guten Freund an meiner Seite sehen. Doch gerade für jemanden wie ihn, welcher aus sehr ärmlichen Verhältnissen kommt, ist jede Tätigkeit ein Segen, für die man gut belohnt wird.

Wie armselig...

Ich wünsche mir, dass mein Diener mich gut leide kann. Wenn das mein Vater wüsste, er würde mich schon zurechtweisen. Was denke ich mir aber auch dabei?

Wir kommen aus unterschiedlichen Welten, gehören völlig unterschiedlichen Ständen an. Niemals würden wir Freunde sein können. Das würde meine Machtposition völlig untergraben.

Es sollten klare Grenzen gezogen werden.

©Aria1Spencer

Hopelessly Fall In Love [BoyxBoy] + Aria1SpencerWhere stories live. Discover now