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• D A N I E L •

Nachdem ich Ethan nicht im Stall vorfinden konnte, verlagerte ich meine Suche wieder ins Schloss.

Er sah so mitgenommen aus, nachdem mein Vater ihm den Auftrag erteilt hat, einen Reitausflug vorzubereiten. Ich hätte ihn so gerne in den Arm genommen.

Ein Dienstmädchen kommt mir entgegen, weicht meinem Blick aus und will an mir vorbeigehen, doch ich halte sie am Arm fest. Sie zuckt unter meiner Berührung zusammen. "Wie ist dein Name?" "Kerstin, mein Prinz." "Hast du meinen...Knecht gesehen, Kerstin?" "Er ist in der Küche, Eure königliche Hoheit", meint sie und presst ihre Lippen aufeinander. "Vielen Dank, du kannst gehen." Das junge Mädchen nickt und läuft dann mit schnellen Schritten an mir vorbei.

Ich schaue ihr kurz nach. Vor einiger Zeit hätte ich sie in irgendeine dunkle Kammer gezerrt und zum Stöhnen gebracht. Doch nun...habe ich für niemanden Interesse außer an Ethan.

Um keine Zeit zu verlieren, laufe ich eilig in die Küche, wo mich nicht nur mein Knecht erwartet, sondern auch eines der Küchenmädchen. Er schneidet gerade irgendetwas, während sie sich an ihn schmiegt und zusieht. Als Ethan etwas sagt, lachen beide. Mein Herz zieht sich zusammen, als ich sehe, wie nahe sie sich in diesem Moment sind.

Da sie mich scheinbar noch nicht bemerkt haben, nehme ich eine strenge Haltung an und räuspere mich. Während das Mädchen erschrocken zusammenzuckt, wirft Ethan mir lediglich einen desinteressierten Blick zu.

"E-eure königliche Hoheit...ich habe Euch gar nicht bemerkt." "Das habe ich mitbekommen. Habt ihr nichts zu tun, dass ihr hier seelenruhig herumalbern könnt?", fahre ich sie an und schaue bewusst auf den Jungen, der mir heute Nacht ganz alleine gehört hatte. Wie gern ich diesen Moment nochmal erleben würde.

"D-doch, natürlich. Entschuldigt bitte-" "Geh mir aus den Augen, Weib", knurre ich und deute auf die Tür hinter mir, während ich einen Schritt auf die beiden zugehe. Ihre Augen weiten sich vor Panik, schnell verbeugt sie sich und flüchtet dann aus der Küche.

Als wir alleine sind, spüre ich, wie sich mein ganzer Körper anspannt. Er wendet sich von mir ab und greift nach einen Apfel, um ihn zu verschneiden. "Ethan, sieh mich an." Keine Reaktion. Nicht einmal ein Zucken. "Verdammt, jetzt schaue mich an!" "Du musst mich nicht anschreien. Ich bin ein Mensch wie du. Nur weil du der zukünftige König bist, musst du dich nicht so aufführen", meint er, ohne aufzusehen.

Verblüfft starre ich ihn einfach nur an. Warum redet er auf einmal so mit mir? Ist er wegen irgendwas wütend auf mich?

"Ethan, was habe ich dir getan?" Ich gehe um den Tisch herum und lege meine Arme um ihn. "Rede bitte mir mir. Ich mag es nicht, wenn du wütend auf mich bist." Seufzend legt er das Messer aus seiner Hand und lehnt sich gegen mich. "Warum hast du so schroff mit ihr geredet? Wir haben uns nur unterhalten." "Sie ist dir aber zu nahe gekommen. Das hat mir nicht gefallen." "Ach, aber du darfst mit der Prinzessin von Norwegen einen Ausritt machen, wirst sie irgendwann mal heiraten und eure Kinder zeugen", mein Blut erfriert regelrecht, "und weißt du, was die Ironie dahinter ist? Ich bin die ganze Zeit über an deiner Seite als dein Knecht, der die Drecksarbeit erledigen darf", er deutet auf das Obst vor ihm, "zum Beispiel das hier!"

Natürlich leidet er unter dieser Situation. Wie könnte ich annehmen, dass es für ihn erträglich ist?

Er weicht von mir zurück und legt ein bereits geschnittenes Brot in einen Korb, der bereits reichlich gefüllt ist. "Das hättest du nicht tun mü-" "Doch. Dein Vater hat es mir so aufgetragen. Also habe ich ein schönes Picknick für dich und die Prinzessin vorbereitet", unterbricht er mich leise, aber bestimmend.

Als ich nach seiner Hand greifen möchte, entzieht er sie mir ruckartig und geht mit dem Korb in der Hand zur Hintertür. "Du solltest nicht so viel Zeit vergeuden. Deine Zukünftige wartet wahrscheinlich schon darauf, dass du auf einen weißen Pferd angeritten kommst und sie in den Sonnenuntergang führst." "Rede nicht so einen Schwachsinn, Ethan", ich folge ihm nach draußen, "du weißt genau", ich sehe mich kurz um, "dass du derjenige bist, dem mein Herz gehört. Nur dir." "Vielleicht weiß ich das, aber wir können nie wirklich glücklich sein. Solche Momente wie heute Nacht wird es im Verlaufe der Jahre immer weniger geben, weil wir wachsam sein müssen, dass niemand etwas bemerkt."

Wir betreten den königlichen Stall und laufen zu meinem Friese Lincoln, der bereits ausgerüstet vor sich hin wiehert. Ich war in meiner früheren Jugendzeit häufiger hier, um einen Ausritt zu machen. Lincoln war schon, so lange ich denken kann, mein Pferd - er ist ein treuer Gefährte.

"Es tut mir leid, dass du leidest", murmle ich, während ich Lincoln streichle. Ethan schnaubt auf. "Weißt du, auch wenn ich nur ein einfacher Bursche bin, bin ich doch aber nicht blöd. Mir war durchaus bewusst, worauf ich mich einlasse. In welche Situation ich mich bringe...Natürlich musste es irgendwann so kommen, dass du verheiratet wirst. Das ist nun mal so üblich."

Ich wende mich ihm zu, nehme ihm den Picknickskorb ab und stelle diesen neben uns. "Du bist kein einfacher Bursche. Ich sehe dich auch nicht als meinen Kammerdiener. Das bist du niemals gewesen", ich streiche schmunzelnd über seine für einen Mann sehr weiche Handflächen, "schon deshalb nicht, weil sich mein Knecht niemals erlaubt hätte, mir bei unserer ersten Begegnung gehörig die Meinung zu geigen." Bei der Erinnernung muss auch er ein wenig lächeln. "Du bist etwas besonderes, Ethan. Und ganz egal, was geschehen mag, ich werde immer nur dich lieben. Selbst, wenn du irgendwann einmal die Entscheidung triffst, mich zu verlassen." "Daniel, ich-" "Ich hoffe doch, dass ich nicht gerade störe?"

Ethan und ich treten erschrocken einen Schritt auseinander und erblicken Merle. Sie schaut zwischen uns beiden hin und her, mir entgeht nicht, dass ihr Augenmerk etwas länger auf Ethan ruht.

"Prinzessin, ich habe Euch gar nicht hören kommen", meine ich, während ich auf sie zugehe und einen Kuss auf ihren Handrücken hauche. "Das habe ich bemerkt", erwidert sie und mustert den Burschen hinter uns noch immer. "Ähm, es ist alles für Euren Ausflug vorbereitet, Eure königliche Hoheit. Darf ich Euch mit etwas dienen?", fragt dieser mich. Mir entgeht nicht, wie er sich angespannt hat. "Es ist alles in bester Ordnung, Ethan. Du kannst gehen." Er nickt, verbeugt sich noch einmal vor uns und wendet sich dem Gehen zu.

"Einen Moment noch!" Die Prinzessin streicht sich eine lose Haarsträhne hinter ihr Ohr, während sie sich an ihn wendet. "Wir werden nicht vor heute Abend zurückkehren, Bursche. Ich erwarte nach einem so langen Ritt an einem noch kühleren Tag, eine warme Mahlzeit in meinem Gemach." "Sehr wohl." "Und ich möchte heute Abend ein Bad nehmen. Bereite es bis dahin vor." "Natürlich, Eure königliche Hoheit", erwidert Ethan und presst dann seine Lippen aufeinander.

Ich sehe es ihm an, dass dies eine große Überwindung für ihn ist.

Dieses Mal gewährt Merle es ihm, sich zu entfernen. Ein letzter Blick in meine Richtung, bevor er zurück geht. "Du hast eine Magd, die diese Dinge für dich erledigt", meine ich dann, als wir alleine sind. Sie zuckt mit den Achseln und wirft ihr Haar zurück. "Er ist ein Untertan. So haben wir ihn also entsprechend zu behandeln", sie wendet sich mir zu, "oder möchtest du mir auf irgendeine Art und Weise widersprechen?", fragt sie mit einer zarten Stimme, ihr Lächeln ist kalt. Ich antworte nicht, drehe mich von ihr weg und nehme den Korb, den Ethan vorbereitet hat. "Du bist hier noch lange keine Königin. Also führe dich entsprechend auch nicht anders auf", weise ich sie zurecht und schnürre Lincoln noch einmal fest.

Ich steige auf mein Pferd, ohne auf sie zu achten. "Steig auf. Wenn du weiterhin so langsam bist, werden wir erst zur Mittagsstunde losreiten." Merle schnaubt entsetzt darüber, wie ich mit ihr rede, auf, erwidert aber nichts und befolgt meine Anweisung. Als sie auf ihr Pferd steigt, setze ich mich mit Lincoln in Bewegung.

©Aria1Spencer

Hopelessly Fall In Love [BoyxBoy] + Aria1SpencerWhere stories live. Discover now