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• D A N I E L •

So wie in diesem Moment habe ich mich noch nie in meinem ganzen Leben gefühlt. Es ist merkwürdig - ich bin glücklich und traurig zugleich. Glücklich, wenn Ethan bei mir ist, und traurig, wenn er es eben nicht ist. Er fehlt mir dann.

Er hat sich in den wenigen Wochen vollkommen in mein Herz geschlichen.

Für ein Mädchen hätte ich mir nicht die Blöße gegeben, ihr ein Bad einzulassen und alles so herzurichten. Aber für ihn würde ich es immer wieder tun.

Ethan ist mein Prinz...

Auf meinen Lippen legt sich ein warmes Lächeln, als die Tür zum Badezimmer aufgeht, und er mein Zimmer betritt. Mein Seidenmantel steht ihm ausgezeichnet. "Du siehst besser aus." Er hebt fragend eine Augenbraue. "Ä-ähm, also das heißt nicht, dass du sonst hässlich bist. Ich meine, ähm, du..." Ich schlucke den Kloß in meinen Hals herunter.

Jetzt reiße dich zusammen, Daniel, und mach ihm ein Kompliment, welches ihm auch würdig ist!

"Du bist bezaubernd."

Bezaubernd? Heilige Mutter Gottes, daran muss ich noch arbeiten. Ich bin es nun einfach nicht gewohnt, jemanden Komplimente zu machen.

Ethan errötet leicht und wendet schmunzelnd den Blick ab. "D-dankeschön. Auch für das Bad. Es war sehr beruhigend, ich konnte mich gut entspannen."

Das hätte mir aber auch einfallen können...

Da ich nicht weiter weiß, mache ich es mir auf meinem Bett bequem. Mein Blick fällt wieder auf ihn, der unbeholfen mitten im Zimmer steht. Ich halte ihm meine Hand hin. "Komm her." Mit unversicherten Schritten folgt er meiner Anweisung und setzt sich, jedoch so weit, wie es mein Bett erlaubt, von mir weg. Meinem fragenden Blick weicht er aus.

Irgendwas stimmt nicht.

"Was ist mir dir?" Er antwortet nicht, schüttelt nur leicht den Kopf. Auf einmal wirkt er so zerbrechlich. Augenblicklich richte ich mich auf und schließe meine Arme um seinen Körper. Obwohl er aus ärmerlicheren Verhältnissen stammt, ist er gut gebaut. Vom Körperbau her könnte er mir beinahe überlegen sein.

"Ethan, rede bitte mit mir.", bitte ich ihn, ertrage diese Stille zwischen uns nicht. Doch noch immer sagt er nichts. Auf einmal beginnt sein Körper zu beben. Er schluchzt leise auf. Ich presse ihn beschützerisch an mich, während meine Hand beruhigend auf seinem Rücken auf und ab streicht. Ethan krallt seine Finger an meine Seiten, während sein Gesicht an meiner Halsbeuge Platz findet.

Ihn nimmt noch immer der Tod von Ian mit. Verständlicherweise. Es ist alles zu viel für ihn. Er hat erst seine große Liebe verloren, wofür er sich selbst die Schuld gibt, und dann küssen wir uns nur ein paar Tage später. In seinem Inneren muss es doch nur so vor Verwirrung toben.

Als er sich von mir löst, beißt er sich auf seine Unterlippe. Ihm scheint die ganze Situation wahnsinnig peinlich zu sein. "Pscht-", ich streiche ihm einzelne Tränen unter seinem Auge weg, lasse meine Hände dann auf seinen Wangen ruhen, "es ist nichts falsch daran, Schwäche zu zeigen. Dass du ihn vermisst, ist doch gut zu verstehen...Bitte, Ethan, ich ertrage es nicht, wenn du weinst."

Mich überkommt eine Art Kälte, als er sich innerlich so von mir distanziert. Ich sehe es in seinen Augen. Er weiß nicht, wie er mit dem Ganzen umgehen soll. Meine Augen wandern zu seinem Mund und verharren dort kurz, bis ich ihn wieder anschaue. Anhand seines Blickes gibt er mir zu verstehen, dass er unsicher ist. Und doch lässt er es zu, dass ich mich ihm nähere, und schließt die Augen.

In meinem Bauch beginnt es zu flattern, als sich unsere Lippen streifen. Es ist nur eine kleine Berührung und doch löst sie in mir ein Chaos der Gefühle aus. Es überrollt mich wie eine Welle.

Vorsichtig geht meine Hand auf Wanderschaft, streicht hauchzart über seinen Hals, malt kleine Kreise auf seinem Schlüsselbein. Der Gürtel meines Mantels löst sich von selbst, sodass ich über seine Brust zu seiner Taille streichen kann. Dort verweilt meine Hand. Nackte Haut anzufassen, war bis zu diesem Moment noch nie so aufregend für mich gewesen.

Auch er ist neugierig geworden, mein Herz pocht wie wild, als ich seine warme Hand unter meinem Shirt spüre. Sie erkundet vorsichtig meinen Oberkörper, streicht nur ein wenig mit den Fingerspitzen über meine Muskeln, als hätte Ethan Angst, ich könnte jeden Moment zerbrechen, wenn er nur eine falsche Bewegung macht.

Doch plötzlich löst er sich von mir und drückt mich weg. In seinen Augen spiegelt sich die Traurigkeit wider. "E-es tut mir leid. I-ich kann nicht.", meint er mit belegter Stimme und weicht meinem Blick aus. Ich streiche ihm ein paar Strähnen aus seinem Gesicht und lächle leicht. "Hör auf, dich zu entschuldigen. Weißt du noch? Für heute bist du ein Prinz und dieser entschuldigt sich nie für etwas." Das entlockt ihm ebenfalls ein kleines Lächeln.

"Wollen wir vielleicht spazieren gehen?", schlage ich auf einmal vor und springe regelrecht vom Bett auf. Überrascht hebt er seinen Kopf und bedenkt mich mit einem verwirrten Blick. "Frische Luft hat noch nie jemanden geschadet. Ich möchte Euch natürlich zu nichts zwingen, mein Prinz-", ich verbeuge mich und halte ihm dann lächelnd meine Hand hin, "aber Ihr werdet es sicherlich nicht bereuen."

Ethan sieht abwechselnd von meiner Hand zu mir auf, bis er schließlich, wenn auch zögerlich, nach ihr greift. "Zieht Euch etwas über, Prinz Ethan, ich warte hier auf Euch.", meine ich, worauf er nickt und im Badezimmer verschwindet, in dem ich ihm vorhin frische Klamotten bereitgelegt habe.

Mein Blick huscht zum Fenster. Es ist erst früher Nachmittag, das Mittagessen habe ich ausfallen lassen, damit ich mich um Ethan kümmern kann. Das bedeutet, wir haben den restlichen Tag noch für uns.

©Aria1Spencer

Hopelessly Fall In Love [BoyxBoy] + Aria1SpencerWhere stories live. Discover now