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• D A N I E L •

Die königliche Familie aus Norwegen ist zwar gestern eingetroffen, aber bisher habe ich keinen der Herrschaften nochmal gesehen. Ich verstecke mich so gut es geht.

Prinzessin Merle ist ein junges, zauberhaftes Mädchen, welches unter anderem Umständen eine wirklich fabelhafte Partie wäre, doch zwischen uns wird es niemals zu einer Heirat kommen.

Ich kann sie nicht heiraten, wenn mein Herz für Ethan schlägt.

Als die Tür der Bibliothek aufgeht, versenke ich mich so tief wie es geht im Polster. Das Klackern von hohen Ansätzen hallt im Saal wider. "Ich weiß, das Ihr hier seid, Daniel." Merle. "Wollt Ihr euch etwa noch länger vor mir verstecken? Spätestens beim Abendmahl wären wir uns doch über den Weg gelaufen."

Und so lange hätte ich sie auch gemieden!

Es ist kindisch, ich weiß. Aber solange ich keinen Ausweg gefunden habe, werde ich sowohl ihre Familie als auch meine so gut wie es geht meiden.

Ich schrecke auf, als ein Schatten über mir erscheint. "Habe ich Euch!" Sie lacht und lässt sich dann neben mir nieder. Ihre blauen Augen durchdringen mich. "Euch ist doch wohl bewusst, dass unsere Väter uns verheiraten werden, und da wird es ihnen gleich sein, ob dies unser Wille ist oder nicht", meint sie. Überrascht richte ich mich auf. "Ihr wollt mich ebenfalls nicht heiraten?" Sie zuckt mit den Achseln. "Mich hätte es auch schlimmer treffen können. Ihr seid ein wirklich gut aussehender junger Mann, gebildet und habt Euren eigenen Willen. Das schätze und bewundere ich sehr." "Merle, Ihr könnt doch aber nicht zulassen, dass Eure Familie über Euer Leben bestimmt!", rufe ich aus.

Mir kommt eine Idee auf. Möglicherweise hören sie erst, wenn wir beide gegen eine Vermählung wären.

Es ist nur eine minimale Chance, aber wer weiß, was wir gemeinsam erreichen könnten.

"Daniel, Ihr scheint in Eurer eigenen Welt zu leben. Es ist nun einmal die Bestimmung von Adligen, ihre Reiche miteinander zu vergrößern und ein ganzes Imperium zu erschaffen. Wir Kinder müssen uns fügen, für das Wohl unserer Eltern und das unserer Völker." Das junge Mädchen erklärt das alles, als ginge es nicht um unseren eigentlichen Untergang.

Was ist nur mit ihr los? Wir sollten stark genug sein, um etwas zu ändern! Aber sie hört darauf, was ihre Eltern sagen und hinterfragt es nicht einmal.

"Ihr solltet Euch nicht gegen Euren Vater stellen, Prinz Daniel. Ihr würdet nur verlieren. Es wird zuletzt so kommen, dass wir dem Altar entgegen treten-" "Das wird nicht geschehen!", unterbreche ich sie barsch und stehe auf, "Und wenn ich von meiner Familie verstoßen werde, ich heirate weder Euch noch sonst jemanden ohne meinen Willen!"

Merle verdreht die Augen und streicht sich eine lose Strähne zurück. "Ihr könnt es ruhig versuchen, werdet mit so einem Verhalten aber wenig erreichen. Euer Vater ist ein einflussreicher, stolzer Mann, von ihm könntet Ihr vieles lernen. Aber ihn als Gegner hätte man nicht gern-" "Es ist mir sonderlich egal, was Ihr davon haltet, Prinzessin Merle. Lasst mich einfach in Frieden", meine ich und wende mich dann von ihr ab.

Mit schnellen Schritten verlasse ich die Bibliothek und lasse sie alleine. Die Bediensteten, die ich auf den Weg zu Ethan begegne, ignoriere ich gekonnt und werfe einzelnen, wenn nötig, einen vernichtenden Blick zu.

Hoffentlich ist er bereits von seiner Familie zurückgekehrt. Ansonsten warte ich auf ihn.

Ich muss jetzt einfach mit ihm sprechen. Ihn in meinen Armen halten.

An seiner Tür angekommen, klopfe ich leise und doch bestimmend. "Ja bitte?", höre ich ihn sagen. Er ist also da. Ich öffne tief einatmend die Tür und fühle mich augenblicklich wohl, als ich ihn auf seinem Bett lesen sehe.

Als er mich sieht, legt er lächelnd sein Buch zur Seite. "Was machst du denn hier?" "Ich wollte nur nach dir sehen. Wie war dein Besuch Zuhause?" Sein Lächeln verschwindet augenblicklich, traurig presst er seine Lippen aufeinander.

Ich gehe auf das Bett zu und lasse mich neben ihn nieder. Meinen Arm lege ich um ihn, während er sich an mich schmiegt. "Ist etwas geschehen? Geht es deiner Schwester schlechter oder haben sie Geldsorgen?" Er schüttelt den Kopf. "J-jude...er h-hat", er schluckt, "er hat sich wieder so schrecklich benommen. Ich wollte lediglich mit meiner Familie Zeit verbringen, doch er hat es nicht möglich gemacht. Er hat mich behandelt, als wäre ich Dreck, den man einfach nur loswerden will", schluchzt er und krallt sich in mein Hemd.

Seufzend streiche ich ihm durch seine Haare in der Hoffnung, ihn damit zu beruhigen. Am liebsten würde ich seinen Bruder dafür bestrafen, doch es würde auffallen. So würde nicht einmal ein guter Freund handeln. Und ich kann es nicht verantworten, dass irgendjemand herausfindet, dass Ethan und ich zusammen sind.

Mir würde vielleicht nichts geschehen...aber Ethan hätte keine Chance, zu überleben. Und ich will ihn nicht verlieren. Das darf ich nicht.

Wenn er sterben würde, könnte ich ebenfalls nicht weiterleben.

"Ethan, du bist etwas ganz besonderes. Vergiss deinen Bruder. Er kennt dich nicht wirklich und hat deine Tränen nicht verdient. Du solltest dir keine Gedanken darüber machen", sage ich leise, weiß aber, dass er jedes Wort versteht.

Warum musste er nur so viel durchmachen? Ich verstehe es nicht, das hat er doch nicht verdient. Er ist so ein guter Mensch.

Er schaut mich mit seinen tränenüberströmten Augen an. "Danke, dass du für mich da bist. Ich weiß nicht, wie ich ohne dich das alles überstehen könnte...Du hilfst mir so sehr durch mein schreckliches Leben und-" "Du lebst, Ethan. Und dafür solltest du auch mehr als dankbar sein. Dafür würden einige nämlich vieles geben, um einen geliebten Menschen wieder in die Arme schließen zu dürfen. Dein Verlust ist schlimm, es ist wirklich grausam, und doch musst du auch an die schönen Dinge denken. Also nicht an Ians Tod oder deinen Bruder."

Ethan mustert mich eindringlich, so wie es Merle vorhin getan hat, aber in seinem Blick liegt so viel mehr. Liebe. Und darüber bin ich so glücklich.

"Das beste in meinem Leben bist du, Daniel", haucht er dann und legt seine Hand an meine Wange. Ich schließe die Augen und schmiege mich an sie. "Wir werden zusammenbleiben, das verspreche ich dir, Etha-" Seine Lippen auf meinen hindern mich daran, den Satz zu beenden.

Aber das ist auch nicht nötig. Wir beide verstehen uns auch ohne Worte.

©Aria1Spencer

Hopelessly Fall In Love [BoyxBoy] + Aria1SpencerWhere stories live. Discover now