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• D A N I E L •

"Mr. Bingley sah gut aus und machte einen vornehmen Eindruck. Er hatte ein angenehmes Äußeres und gab sich zwanglos und natürlich. Seine Schwestern waren schöne Frauen von ausgeprägt vornehmer Lebensart. Doch sein Freund Darcy stand bald im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des ganzen Saales, was nicht nur auf seine schöne, stattliche Gestalt, sein hübsches Gesicht und seine edlen Züge zurückzuführen war, sondern auch auf die Nachricht, die innerhalb von fünf Minuten nach seinem Eintritt die Runde durch den Saal machte, dass er nämlich ein Einkommen von jährlich zehntausend Pfund habe. Die Herren stellten fest..."

Ich hebe meinen Kopf an, als Ethan sein Zimmer betritt. Als er mich erblickt, zeichnet sich Verwirrung in seinem Gesicht ab. "Mein Prinz, was tut Ihr hier?" "Ich habe auf dich gewartet-", ich klappe den Roman zu und lege ihn neben mir auf das Bett, "Wo warst du heute Nacht?"

Er entledigt sich seinem Mantel und geht zum Fenster, um es zu öffnen. Man kann Stimmen von draußen vernehmen. Doch das interessiert mich im Moment nicht. "Ethan, ich befehle dir, mir augenblicklich zu sagen, wo du gewesen bist." "Du befiehlst es mir? Ich dachte, wir wären an dem Punkt, wo wir vielleicht...befreundet sein können." "Da verschweigt man aber auch seinem Freund nichts."

Meine Augen hängen an ihm, als er zum Bett kommt. Unsicher streicht er über die Decke, weiß offenbar nicht, was er sagen oder tun soll. Ich rücke ein bisschen zur Seite, um ihm Platz zu machen.

"I-ich hab...Ich habe meine Familie besucht. Seit ich hier bin, habe ich sie nicht gesehen. Ich vermisse meine Geschwister...und meine Mutter.", sagt er schließlich und setzt sich neben mich.

In meinem Bauch beginnt es zu kribbeln, als sich unsere Knie berühren. "A-also, ähm, wie geht es ihnen?" "Das Geld scheint ihnen zu helfen.", meint er nur. Offenbar will er nicht mit mir darüber reden.

Das gefällt mir nicht ganz. In der kurzen Zeit, in der er hier ist, ist er mir...wichtig geworden. Ethan ist in meinen Augen nicht ein Diener, sondern ein Freund. Nein, das auch nicht. Ich denke, es war Schicksal, dass er gezogen wurde und nun ein Teil meines Lebens ist.

Und ich möchte, dass es ihm gut geht.

"Du kannst mit mir reden, falls du das willst, das weißt du oder?" Er nickt, seine Mundwinkel zucken kurz nach oben. Dann deutet er auf das Buch, welches ich wieder in meine Hand genommen habe. "Du hast weitergelesen?" Jetzt nicke ich. "Ahja und das ohne mich? Das beleidigt mich jetzt schon ein bisschen." "Nur ein paar Zeilen, nichts Weltbewegendes. Also mach dir nicht ins Hemd.", erwidere ich schmunzelnd. Er schaut auf sich herunter und zuckt dann grinsend mit den Achseln. "Das könnte ich mir gar nicht leisten. Ich habe nämlich nicht so viele Hemden mitgebracht."

Sein Bett ist nicht sehr gemütlich, trotzdem lasse ich mich nach hinten fallen. "Dein Bett ist nicht sehr bequem, weißt du?" "Beschwere dich bei meinem Chef. Den kannst du im Übrigen jedes Mal antreffen, wenn du in den Spiegel schaust." "Hahaha, man kann ja glatt neidisch auf deinen Humor sein."

Ich rutsche noch etwas, damit er sich auch hinlegen kann. "Naja, für eine Person ist es in Ordnung. Ich glaube, falls wir nochmal in eine solche Situation kommen, sollten wir uns in deinem Zimmer treffen."

Es ist wirklich nicht sehr gemütlich, aber ich fühl mich ganz wohl. Ethan scheint mein Ruhepol zu sein. Auch wenn die ersten Tage nicht sehr gut liefen - gut, ich habe mich wie ein Arschloch aufgeführt - ist es jetzt umso besser.

"Ich bin froh, dass du ausgewählt wurdest.", flüstere ich und drehe mich zu ihm auf die Seite. Er tut es mir nach, sodass wir zueinander liegen. Wieder berühren sich unsere Knie und sein heißer Atem trifft meine Haut. "Ich...habe es mir ehrlich gesagt schlimmer vorgestellt, dem arroganten Prinzen den Arsch abzuwischen." "Na vielen Dank auch.", erwidere ich gespielt beleidigt, muss dann aber lachen.

Mir ist bisher nie aufgefallen, dass er Lachfältchen bekommt, wenn er lacht. Es sieht wahnsinnig...süß aus.

Und wieder denke ich sowas, was stimmt nur nicht mit mir?

"Ich bin auch froh, eine andere Seite von dir kennengelernt zu haben. Dadurch habe ich-" Ein Klopfen lässt uns hochfahren. "Eure königliche Hoheit, seid Ihr da drin?" "Einen Moment!"

Schnell klettere ich über Ethan und stelle mich ans Fenster. Er setzt sich auf und schaut panisch zwischen der Tür und mir hin und her. Ich lege einen Finger auf meinen Mund, damit er nichts sagt. "Herein!"

Castiel erscheint und sieht kurz verwirrt aus, setzt dann aber eine neutrale Miene auf. "Was hast du zu sagen?" "Euer Vater verlangt nach Euch. Es ist sehr wichtig."

Ich nicke und drücke mich von der Wand ab. Kurz bevor ich aus der Tür gehe, drehe ich mich nochmal zu Ethan um. "Ich würde nachher gerne baden gehen. Lässt du mir dann ein Bad ein?" Er nickt schweigend, woraufhin ich mich abwende.

"Worum geht es?", frage ich, während wir auf den Fluren entlanglaufen. "Uns wurde heute Morgen ein Vorfall gemeldet." "Was für eine Art von Vorfall?" "Ein junger Mann hat zwei Burschen bei einer...Ihr wisst schon, Untat erwischt. Sie haben sich versteckt, er hat die beiden nur zufällig entdeckt."

Homosexuelle. Wieder zwei Menschen, die sterben müssen. Und es gibt nichts, was man dagegen tun kann...

"Ist schon bekannt, wer die beiden sind?" Castiel hält mir die Tür auf, damit ich den kleinen Saal betreten kann. Vater steht vor einem Mann, der mit dem Rücken zu mir gewandt ist. "Nur der Name eines dieser...Jungen. Aber dazu kann Euer Vater mehr Auskunft geben." "Danke, Castiel."

Er nickt mir zu, lässt mir dann den Vortritt. Als ich zu ihnen trete, wendet Vater seine Aufmerksamkeit auf mich. "Daniel, da bist du ja endlich. Das hier ist Jude Hanson, der Bruder deines Knechtes. Er hat etwas gesehen, wovon er uns berichten wollte." "Carson hat mich bereits davon unterrichtet-", ich wende mich an Ethans Bruder, "Wer sind die beiden?"

Jetzt erkenne ich ihn auch. Er stand während der Hinrichtung neben Ethan. Ihn hat die ganze Sache vollkommen kalt gelassen. Äußerlich sehen die Brüder sich ziemlich ähnlich, in ihrer Persönlichkeit sind sie aber grundverschieden.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ethan die beiden Jungen verraten hätte. Er hat ein Herz...

"Ich konnte durch die Dunkelheit nur einen der beiden erkennen, Eure königliche Hoheit. Sein Name ist Ian Miller." "Und woher kennst du ihn?", fragt Vater interessiert. "Unsere Familien sind seit langer Zeit befreundet gewesen."

Ian. Das ist doch Ethans Bekannter, den wir auf dem Markt getroffen haben. Ob er von dessen Vorzügen weiß?

"Wenn es dunkel war, wie konntest du diesen Ian dann erkennen?", hinterfrage ich skeptisch und werfe dem König einen Blick zu. Er verfolgt das Gespräch teilnahmelos. Für ihn ist die Situation klar - Ian Miller wird sterben.

©Aria1Spencer

Hopelessly Fall In Love [BoyxBoy] + Aria1SpencerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt