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Noah



Ich hatte immer geglaubt, ich sei ein guter Schauspieler, doch das war wohl ein gewaltiger Irrtum gewesen.

Cameron hatte mich durchschaut und ja, ich hatte wieder lügen wollen. Aber so wie er mich jetzt ansah, musste ich einfach die Wahrheit sagen.

„Ich kann nicht schlafen", gestand ich.

Sofort riss ich meinen Blick wieder von ihm los und sah auf seine Fußspitzen, die noch in seine Schuhe gepackt waren.

Ich hörte sein Seufzen. „Könntest du in den letzten Monaten überhaupt mal schlafen?"

Wieso interessierte ihn das? Und wieso wollte ich ihm ehrlich antworten?

Ich schüttele den Kopf. „Nachmittags.", antwortete ich, sah vorsichtig zu ihm hoch.

Er zog die Augenbrauen zusammen. „Wieso da?"

Ich biss mir auf die Unterlippe. „Weil..."

Sollte ich es ihm sagen? Er würde bestimmt nur lachen. Ich meine, ich war 17 Jahre alt, das war doch alles kindisch.

„...weil es da nicht dunkel ist"

Im Gegensatz zu meiner Erwartung, dass er mich auslachen würde, sah er mich leidend an.

So vergingen ein paar Sekunden in Stille, bis er seinen Blick losriss und an mir vorbei in sein Zimmer ging.

Ich wusste nicht wieso, aber ich war irgendwie enttäuscht und ich wollte ihn zurück. Deshalb blieb ich stehen.

Er kam zurück. Doch es hatte etwas in den Händen.

Er lief auf mein Zimmer zu, hielt an der Tür an und sah zu mir. „Kommst du?"

Zögerlich lief ich zu ihm und folgte ihm in mein Zimmer. Er schob den kleinen Schrank neben meinem Bett weg, steckte etwas in die Steckdose, schob den Schrank wieder hin und stellte dann ein dämmerndes Licht auf den Schrank.

Dann lächelte er mich an. „Ich hatte dieses Licht, bis ich 14 war. Ich wollte einfach nicht glauben, dass da unter meinem Bett keine Monster sind. Aber das beschützt dich, glaub mir"

Ich starrte ihn einfach nur an.

Wo kam denn diese Fürsorge plötzlich her? Wieso interessierte es ihn überhaupt? Wieso interessierte ich ihn? Ich dachte, er hasst mich. Wieso lacht er mich nicht aus? Ich würde mich auslachen...

„Normalerweise müsstest du dich jetzt bedanken" Er schob die Hände in die Hosentaschen, lächelte mich an.

„Danke", meinte ich leise.

Er nickte zufrieden und ging dann an mir vorbei auf die Zimmertür zu.

Als er das Licht ausschaltete, zuckte ich leicht zusammen, aber das andere Licht erhellte den Raum noch gut genug, sodass es nicht zu hell war, aber auch nicht zu dunkel.

„Ist das okay so?", wollte Cameron wissen.

Ich nickte und bestätigte nochmal mit „Ja"

Dann sah ich nochmal sein Lächeln. „Okay, dann gute Nacht, Kleiner"

Er schloss die Tür, ohne auf meine Antwort zu warten und ich sah etwas verwirrt darauf.

Also das war eines der vielen Dinge, die ich niemals erwartet hätte.

Aber vielleicht war Cameron einfach nicht so ein schlechter Mensch, wie ich das bisher angenommen hatte. Vielleicht brauchte er einfach nur die Möglichkeit zu beweisen, wie nett er sein konnte. Denn er hatte gerade bewiesen, dass er das konnte. Ohne, dass ich ihn darum gebeten hatte.

Ich legte mich in mein Bett zurück, deckte mich zu, legte mich auf die Seite, weil ich so immer am besten schlafen konnte, und sah an die Wand.

So war es gar nicht gruselig oder so. Das Licht war wie ein gefakter Sonnenuntergang. Es gab mir irgendwie Sicherheit.

Ich wagte es, die Augen zu schließen.

Sofort brach meine Müdigkeit über mich herein und ich fand nach nicht mal dem dritten Atemzug ins Reich der Träume.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt