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Noah



Eigentlich wollte ich mich der Schwärze in meinem Inneren hingeben, aber ich konnte einfach nicht.

Das Haus bebte fast wegen der lauten Musik von unten und das Schlimme war, dass es total die Frauenlieder waren. Beyoncé, Lady Gaga, die Spicegirls und so weiter.

Gerade lief doch eiskalt run the world von Beyoncé.

Ich wusste ja nicht, was mit den Jungs los war, aber ich verstand unter Männerabend etwas anderes.

Ich fand es schade, dass Dad und seine Freundin heute nicht da waren, um das Ganze zu unterbinden.

Ich wurde mit der Zeit immer neugieriger und entschied mich dann mal nachzusehen, was da unten los war. Schon als ich die Treppen runterging, hörte ich eine weibliche Stimme singen, die nicht Beyoncé war und Männer lachen.

Als ob die sich eine Stripperin bestellt hatten... und wieso dann dieses Lied?

Ich schlich ins Wohnzimmer und hielt perplex inne.

Leere Sektflaschen standen auf dem Tisch, Sandy hüpfte singend auf dem Sofa herum und steckte Alec, Max und Cameron mit ihrer Energie an, sodass sie den Refrain zusammen sangen, wobei das ziemlich... gelinge gesagt: scheiße klang.

„Oh mein Gott, ich will ein Mädchen sein!", schrie Cameron plötzlich.

„Ich auuuuuchhh!", brüllte Alec und verstellte die Stimme.

Sie lachten. Und ja, verdammt, meine Mundwinkel zuckten gefährlich nach oben.

„Ab jetzt nur noch Mädels-Abend!", meinte Cameron begeistert und trank aus einer Weinflasche.

„Oh meine Nägel sind so schön!", schwärmte er weiter.

Er war total besoffen, das sah man ihm an und er klang auch so.

„Fuck, mir ist schlecht!", presste Max plötzlich hervor.

Er stolperte vom Sofa, rannte an mir vorbei ins Bad und dann hörte ich auch schon, wie er sich übergab.

Die anderen drei sahen mich aus großen Augen an. Ich sah sie an. So vergingen wenige Sekunden, während Max im Hintergrund kotzte, solange, bis Sandy auf mich zustürmte, mich am Arm packte und zum Sofa zog.

Sie drückte mir eine Sektflasche in die Hand und nahm sich selbst eine, ehe sie daraus trank und mich auffordernd dabei ansah.

Ich zog die Augenbrauen zusammen und stellte die Flasche zurück auf den Tisch ohne daraus zu trinken. Ich wollte echt nicht so enden wie die. Ich meine, Cameron hatte doch echt lackierte Nägel in Regenbogenfarben.

Ich wusste ja schon, dass er schwul war, aber das? Das hätte ich echt niemals erwartet.

„Ich denke, ihr solltet es ein bisschen langsamer angehen", meinte ich ruhig und sah auf die 10 leeren Falschen.

Gott, kein Wunder, dass sie so dicht waren... und Wodka war auch noch dabei.

Sie gingen gar nicht auf meinen Vorschlag ein, weil Cameron plötzlich anfing zu schreien: „Oh mein Gott, das ist mein Lied!"

Sein Ernst?!

Ex's and Oh's erklang und er sang total schief und hässlich mit, doch er fühlte es und das war die Hauptsache.

Doch er hüpfte so wild auf dem Sofa herum, dass er abrutschte und mir geradewegs in die Arme fiel.

Ich krachte mit ihm auf den Boden.

Er hatte aufgehört zu singen und sah mich aus großen Augen beinahe wie ein Kleinkind an. „Mein Held"

Oh Gott, der hatte eine Fahne bis nach Mexico!

Ich schob ihn von mir runter, stellte ihn auf die Füße und stand zeitgleich selbst auf.

„Es reicht jetzt", beschloss ich und schaltete die Musik aus.

Sandy bekam ganz glasige Augen, war kurz davor zu heulen. „Aber Mädelsabend!", meinte sie traurig.

Ich seufzte.

Tat ich das jetzt echt?

„Setzt euch aufs Sofa!", befahl ich, während ich den Fernseher einschaltete.

Die drei setzten sich brav, als seien sie kleine Kinder und sahen mir neugierig dabei zu, wie ich bei Netflix einen Mädchenfilm aussuchte. Titanic taugte bestimmt. Ich machte den Film rein.

„Für einen richtigen Mädelsabend braucht man doch einen schönen Liebesfilm oder?", fragte ich Sandy.

Sie nickte schnell. „Du bist ein Schatz! Ohne dich hätten wir das voll vergessen", meinte sie dankbar.

Ich nickte nur, ging in die Küche, schnappte mir eine Tüte und räumte ihren Müll und die Flaschen weg.

Dann drückte ich jedem, der auf dem Sofa Sitzenden eine Tafel Schokolade in die Hand, deckte sie zu und sie kuschelten sich zusammen vor den Fernseher.

Süß waren sie ja schon, wenn sie so besoffen waren...

Ich schmunzelte etwas, während ich ihnen beim Fernsehen zusah, bis ich mich daran erinnerte, dass ja einer noch fehlte.

Als ich ins Bad ging, sah ich, dass Max neben er Kloschüssel lag und eiskalt pennte. Ich hielt mir die Nase zu, spüle sein Erbrochenes runter und versuchte, ihn dann wach zu bekommen. Es gelang mir, doch er war total benebelt. Trotzdem zwang ich ihn, seine Zähne zu putzen, ehe ich ihn stütze und hoch in mein Zimmer brachte und dort im Bett ablegte.

Er pennte sofort weg und schnarchte vor sich hin. Ich stellte ihm noch einen Eimer hin, ehe ich wieder runter ging und sah, dass die anderen drei vor dem Fernseher eingeschlafen waren, bevor der Film auch nur bei der Hälfte war.

Cameron lag zwischen Alec und Sandy und schnarchte leise.

Ich beschloss, ein Foto zu machen, weil er mir bestimmt niemals glauben würde, dass er so abgestürzt war.

Ich schoss ein paar Beweisfotos, bevor ich den Fernseher ausmachte und die drei da pennen ließ.

Ich selbst schnappte mir Schlafsachen und legte mich auf den Boden neben meinem Bett.

Zwar hatte ich bestimmt Platz mit Max in meinem Bett, doch ich war nicht scharf darf, vollgekotzt zu werden und ich kannte ihn auch gar nicht.

In Camerons Bett konnte ich mich auch nicht legen, weil ich sein Zimmer noch nie von innen gesehen hatte. Dann konnte ich nicht einfach in sein Bett gehen.

Tja und so endete der Mädelsabend dann.

Aber eines fiel mir auf. Ich hatte gelächelt. Und ich hatte es ernst gemeint.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt