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Alec:

Normalerweise würde mein zurückhaltendes, aber selbstsicheres Ich, das meistens die Kontrolle über mein Verhalten hatte, jetzt einfach zurück an die Theke gehen und sich keine Gedanken mehr um die Sache zwischen Dave und mir machen. Aber mein benebeltes, unsicheres Ich ergriff irgendwie die Oberhand und zerrte mich hinter Dave her.

Er war noch nicht weit gekommen, als ich ihn an der Schulter zu mir umdrehte.

Er sah traurig aus, etwas, das ich zuletzt in am Bahnhof gesehen hatte, als er am Morgen, nachdem wir uns kennengelernt hatten wieder nachhause gefahren war.

„Was hab ich falsch gemacht?"

Es war schon ein bisschen erbärmlich von mir, jetzt so offen zuzugeben, dass ich mir diese Nähe von eben zurückwünschte und das, obwohl mein Hirn das selbst noch gar nicht richtig hatte verarbeiten konnte.

„Nichts, Alec", seufzte Dave, drehte sich komplett zu mir und legte überraschenderweise sogar seine Hände an meine Wangen. „Du hast gar nichts falsch gemacht. Im Gegenteil, du bist perfekt. Es... liegt an mir. Ich will nicht derjenige sein, der diese unglaublich schöne und unschuldige Art, wie du die Welt siehst, zerstört. So hast du noch die Chance, glücklich zu werden"

„A-Aber, ich bin glücklich, wenn du da bist. Wir hatten doch Spaß zusammen die letzten Tage"

Ich kam mir so armselig vor, weil ich ihn quasi anflehe, jetzt keine Distanz zwischen uns zu schaffen, aber es war einfach als hätte mein Hirn abgeschalten und mein Herz übernommen.

Dave nickte, lächelte, aber sah dabei unglaublich traurig aus.

Er wollte mir etwas sagen, aber wir wurden unterbrochen, als jemand sein Handgelenk nahm, und somit seine Hand von meiner Wange riss.

Wir sahen den Mann überrascht an, der begann an Dave herumzuzerren. „Komm schon!"

„Alter, hast du sie noch alle?!" Dave riss seine Hand los und zog mich beschützend hinter sich.

Was ging denn jetzt ab?

„Letztes Mal hast du dich auch nicht so angestellt. Ich bezahl doch gut"

Ich stand hinter Dave, deshalb sah ich seinen Gesichtsausdruck nicht, sondern nur, wie sich beinahe jeder Muskel seines Körpers anspannte. „Das war eine einmalige Sache. Das hab ich dir aber auch gesagt"

Der Mann, etwa von 30 Jahren schnaubte belustigt, kam auf uns zu, weshalb Dave mich zurückschob. „Jemand wie du kann immer Geld gebrauchen. Bilde dir nicht ein, es wäre nicht so..."

„Jemand wie ich, mh?!" Dave ließ sich leicht reizen, hörte auf zurückzuweichen und baute sich vor den anderen Typen auf, der nur grinste.

Er setzte zu einer weiteren Provokation an, aber ich wollte es nicht ausarten lassen und schob mich deshalb dazwischen. „Lass uns gehen, Dave. Deine Gage kannst du dir morgen auch noch holen"

Ich sah ihn bittend an, weil mir dieser andere Kerl echt unheimlich war und ich außerdem nicht wollte, dass es hier zu Gewalt kam.

„Ach!", lachte der Creep los. „DU willst nicht, weil dein kleiner Freund da ist? Er sieht so anständig aus. Bestimmt weiß er nicht, dass du eine kleine Hure bist"

Diesmal konnte ich Daves Reaktion sehr gut in seiner wutgeladenen Mimik erkennen. Er wirkte sehr sauer, aber auch unglaublich traurig und... beschämt...

„Ja, lass uns gehen", sagte er bloß zu mir und wollte meine Hand nehmen.

Ehe wir uns versahen, hatte der Creep mich aber schon zu sich gezogen und zwar so, dass er sich an meinen Rücken klammerte und seinen ekelhaften Steifen, der sich in seiner Hose verbarg, an meinen Arsch rieb.

Geschockt schaute ich Dave an, gefror komplett zu Eis, als das passierte.

Ich meine, wie sollte ich denn reagieren?

Der Ekel kroch in jede Faser meines Körpers, ich wollte diese Person einfach nur noch loswerden, aber ich konnte mich keinen Zentimeter rühren.

„Mh", schnurrte der Typ dann auch noch in mein Ohr.

Bei Gott, ich war kurz davor zu heulen, als mich der Typ plötzlich loslassen musste, weil er auf dem Boden lag.

Dave hatte ihm eine runtergehauen, schubste mich grob zur Seite, um sich zu dem Typen zu knien und ihm seine Faust ins Gesicht zu ballern, als sei er nur dafür am Leben.

„Dave, hör auf!", brüllte ich geschockt, wollte ihn wegzerren, aber da waren schon andere Typen zur Stelle, wohl Freunde von dem Creep, da sie zu zwei über Dave herfielen.

Ich hatte mich noch nie, wirklich noch nie geprügelt, aber jetzt rannte ich mitten rein und musste erstmal eine Faust wegstecken, ehe ich selbst austeilen konnte.

Scheiße, wieso musste das meiner Hand so wehtun? War das normal? Aua.

Trotzdem hörte ich nicht auf.

Was sollte ich denn machen? Ich hatte nun nur noch die Wahl, weiter zu machen, mich verprügeln zu lassen oder freundlich nach einem Time out zu bitten.

Letzteres würde höchstwahrscheinlich eher auf Ablehnung stoßen, weshalb für mich und meinen Instinkt nur noch die erste Wahl blieb.

Ehe wir uns versahen, war die gesamte Bar dabei, sich zu prügeln, als gäbe es kein Morgen mehr.

Ich konnte mich nicht mehr an viel daraus erinnern, ich wusste, dass ich Schläge kassierte, aber auch austeile, dass irgendwann auch mal Gläser und Barhocker zu Bruch gingen, dass es laut wurde, bis wir alle von Polizisten voneinander getrennt und abgeführt wurden.

Ab da konnte ich nur noch daran denken, dass meine Eltern niemals davon erfahren dürften, dass ich verdammt noch mal verhaftet worden war.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt