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Cameron:



Alec meinte, dass Noah in sein Zimmer gegangen war.

Ich wartete, bis er wieder runterkam, doch das tat er nicht.

Meine Freunde beschlossen, dass sie sich zu Max verlagern wollten, doch ich blieb hier. Ich wollte nach Noah sehen, immerhin hatte er sich letzte Nacht auch um uns gekümmert.

Ich klopfte zögerlich an seine Zimmertür.

Als ein leises „Ja" ertönte, machte ich auf und schob mich in das Zimmer.

Noah saß auf dem Bett, an die Wand gelehnt und legte gerade sein Handy weg, als ich reinkam.

Sein Anblick schmerzte. Seine Augen waren glasig und leicht gerötet, sogar eine Tränenspur zeigte sich noch auf seiner Wange.

Wohl beiläufig strich er sich darüber, als er mich erkannte.

„Ehm ich wollte nur sehen, ob ..." ...alles okay ist. Naja, da hat sich erledigt.

„...du vielleicht Hunger hast. Du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen" Und das stimmte sogar. Außer er bunkerte hier im Zimmer irgendwo essen.

Er schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Hunger. Aber danke, dass du fragst"

Wow. Seit wann redete er denn freiwillig? Keine Ahnung wieso, doch ändern wollte ich es nicht.

Ich setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen und ging zu seinem Bett.

Er setzte sich weiter auf und musterte mich genau, während er sich leicht auf die Unterlippe biss. „Was machst du da?", fragte er dann unsicher.

Ich setzte mich auf seine Bettkante. „Weiß nicht", gestand ich.

Zögerlich legte ich meine Hand auf seine, die so auf der Matratze dalag.

Noah zog seine weg und legte sie auf sein angewinkeltes Knie.

Okay, das tat ja so gar nicht weh...

„Ehm..." ich sollte vielleicht was sagen. Denk nach! Ach ja, ich hab was.

„..Danke wegen gestern. Das war echt nett von dir" Ich lächelte ihn an, er erwiderte es nicht, sondern nickte nur. „Schon okay"

Komm schon Cameron, heute bringst du ihn noch einmal zum lachen! Nur einmal, das reicht für heute. Morgen kann es dann weiter gehen. Und übermorgen. Und überübermorgen.

Ich wusste nur nicht wie ich das anstellen sollte.

Ich schluckte und dachte nach, doch so wirklich gelang mir das unter seinem Blick nicht.

Wieso konnte er mir nicht ausweichen, wenn ich es mal gebrauchen konnte? Oh Mann, er sah mich an, als würde er meine Gedanken lesen...

„Das Foto, das ich dir gezeigt hab... Du hast ein bisschen seltsam darauf reagiert"

Wow. Er sprach von sich aus zu mir? Was auch immer in ihn gefahren war, ich mochte es. ich mochte es sehr.

„Ja weißt du, ich..." Ach scheiße, sei ein Mann und sag ihm einfach die Wahrheit! „Ich hab nur festgestellt, dass du echt ein schönes Lächeln hast"

Verlegen kratzte ich mir den Nacken und lächelte unsicher.

Er hob die Augenbrauen. „Flirtest du mit mir?"

Er sah mich kritisch an. Nicht so, als würde es ihn anekeln oder belustigen, sondern ziemlich neutral.

„Nein", meinte ich sofort. „Wir sind Brüder, das wäre seltsam"

Er machte einen zustimmenden Laut und nickte.

Dann riss er den Blick von mir los und sah auf seine Bettdecke. Seine Beine wechselten die Position, sodass er im Schneidersitz saß und seine Hände auf seinen Füßen lagen.

„Ich meinte nur..." Ich musste es ja irgendwie erklären, nicht dass er dachte ich war scharf auf ihn oder so... „Ich meine halt, dass du so glücklich ausgesehen hast und naja. Das war schön"

Er biss sich auf die Lippe.

Für einen Moment glaubte ich genau das Falsche gesagt zu haben, dann hob er den Blick wieder und sah mich direkt an, doch ich erkannte ein Schimmern in seinen Augen, als er mit brüchriger Stimme sagte: „Ich war glücklich"

Scheiße, tat das weh. Ich war noch nie sehr empathisch gewesen, doch bei ihm litt ich richtig mit.

Er drehte den Kopf weg und wischte sich mit einer Hand übers Gesicht. „Kannst du bitte rausgehen?", presste er hervor.

Er wollte nicht, dass ich ihn weinen sah.

Zögerlich legte ich meine Hand auf seine Schulter. „Es ist okay, Noah", sagte ich leise.

Aber für ihn war es nicht okay. Er schlug meine Hand weg, sah mir direkt ins Gesicht. „Verpiss dich!"

Ich zuckte zusammen.

Jetzt sah ich ihn weinen und das missfiehl ihm.

Seine Aggression wechselte schnell in Verzweiflung, als er den Kopf in den Armen vergrub und sich zusammen kauerte. „Bitte geh einfach"

Ich wollte ihn nicht allein lassen. Aber wir waren weder befreundet, noch richtige Brüder, also kam ich seiner Bitte nach.

Als ich aber im Türrahmen stand, drehte ich mich nochmal zu ihm um, spürte, dass ich selbst kurz vorm Heulen war. „Wenn du was brauchst. Oder einfach nicht allein sein willst..."

Er begann zu schluchzen, schüttelte den Kopf, was ich als Zeichen verstand, ihn in Ruhe zu lassen.

Wenn ich ehrlich war, hatte ich ihn schon oft durch die Tür weinen gehört, aber noch nie hatte es so weh getan, die Gewissheit zu haben, dass er gerade zusammenbrach.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt