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Noah:

„Dad" Während wir nach der Pause weiterfuhren, kam mir ein wichtiger Gedanke.

Der Angesprochene sah mich fragend durch den Rückspiegel an.

„Weißt du, ob Dave auch zuhause sein wird?"

Er nickte. „Wir haben telefoniert und er meinte, dass er da sein wird"

Sofort freute ich mich, auch wenn es ziemlich enttäuschte, dass er mit Dad telefonierte, doch bei mir nicht abnahm.

Cam bemerkte meine Freude und lächelte mich an, als freue er sich auch, nur weil ich das tat.

„Ab jetzt kann es nur noch besser werden", meinte er leise zu mir.

Ich nickte.

Ich dachte das auch. Doch ich irrte mich. Gewaltig. Doch das wusste ich da noch nicht.

Ich kuschelte mich wieder an Cam und genoss es, dass er seinen Arm um mich legte und mich somit zu sich zog.

Seit der Knutscherei mit Max hatte ich ein Problem. Ich wusste nun, wie es war, einen Typen zu küssen und ich wollte es wiederholen. Nur nicht mit Max, sondern mit Cameron.

Ich verstand ja kaum, wieso ich nun plötzlich auf Jungs stand, noch wieso es ausgerechnet mein Bruder sein musste.

Ich wusste nicht, wo die Grenze war, die mich davon bewahrte, mich zu verraten.

Aber wenn ich ehrlich war, scherte ich mich nicht darum, ob es falsch war, sie zu überschreiten.

Cam tat mir so gut wie kein anderer. Wie konnte das denn bitteschön falsch sein?

Dass ich nochmal ein gepennt war, merkte ich erst, als Cam mir ganz viele Küsse über das ganze Gesicht verteilte bis ich kichern musste und die Augen aufmachte. „Du Verrückter"

Er grinste mich an. „Du hast keine Ahnung, wie niedlich und bist, wenn du schläfst. Da kann ich mich halt einfach nicht zurückhalten"

Ich grinste zurück.

Dabei merkte ich gar nicht, wie nahe wir uns waren, bis mein Dad an die Autoscheibe klopfte, als Aufforderung für uns rauszukommen.

Wir schreckten etwas auseinander und stiegen dann aus.

Während Cameron und Dad die Koffer aus dem Auto holten, sah ich auf mein altes Haus und versank in den Erinnerungen.

Auf dieser Straße hatte ich Fahrradfahren gelernt.

In diesem Garten hatte ich mit Dave und meinem Stiefvater Fußball gespielt.

In diese Hecke hatte ich nach meinem ersten Rausch gekotzt.

Dieses Haus war voller Erinnerungen. Aber nicht nur guten.

An diesem Tor hatte ich mir die Hand aufgeschürft.

Als ich von der Schaukel an diesem Baum gefallen war, hatte ich mir den Fuß gebrochen.

Und, als ich meine Mutter hatte beschützen wollen, war meine Haut verbannt worden.

Es gab auch an meinem Haus, sowie im Leben immer gute und schlechte Seiten. Doch gerade öffnete die Beste die Tür. Dave.

Er sah raus und lächelte mich dann direkt an.

Er machte den Türstopper rein, kam dann den Weg zum Gartentor entlang und lief schließlich über die Straße zu uns.

Er wollte als erstes meinem Dad die Hand geben, aber ich stellte mich einfach zwischen die beiden und umarmte meinen Bruder.

Ich spürte ihn lachen, wie er durch meine Haare strich und meinen Kopf küsste.

Am Rande bekam ich mit, wie mein Dad meinte, mir Zeit mit Dave geben zu wollen, wie er und Cam unsere Koffer reinbrachten und mit Kate mitnahmen.

Dave und ich standen draußen und umarmen uns eine ganze Weile. Ich hatte ihn unglaublich vermisst. Dave war das einzige, was aus dem Leben, das ich 17 Jahre lang gewohnt war, übrig war. Er war mein Fels in der Brandung, ich brauchte ihn. Daher nahm ich es ihm sehr übel, dass er nie auf meine Versuche, ihn zu kontaktieren, reagiert hatte.

„Wieso bist du nie rangegangen, Dave? Ich hab mir Sorgen gemacht" Als ich mich von ihm löste, sah ich ihn vorwurfsvoll an.

Er seufzte, während er mir durch die Haare strich. „Mir gings nicht so gut. Ich wollte nicht, dass du mitbekommst, wie ich drauf bin. Aber jetzt geht's wieder."

Er lächelte, doch ich erkannte in seinem Blick, dass es gelogen war. Er war schon wieder auf Drogen. Und das würde sich auch nicht mehr ändern.

„Versprich mir einfach, dass du auf dich aufpasst." Flehend sah ich ihn an.

Er nickte. „Versprochen." Dann lächelte er wieder leicht. „Ich bin zwar manchmal ein Arschloch, aber ich würde dich niemals in dieser beschissenen Welt alleine lassen. Du und ich, Kleiner, das weißt du doch noch?"

Ich nickte schnell und erinnerte mich an diese eine Nacht, in der Dave und ich ein Lagerfeuer gemacht hatten. Es war eine Nacht gewesen, in der wir beide es zuhause einfach nicht mehr ausgehalten hatten und abgehauen waren. Wir waren zu einem leerstehenden Gebäude geflohen, hatten ein Lagerfeuer gemacht und uns geschworen, immer zusammen zuhalten und nichts zwischen uns kommen zu lasen. Dass wir immer alles füreinander tun würden. Und so war es.

Ich würde alles für Dave tun und er für mich, nur nicht für sich selbst. Deshalb fand er nicht die Kraft, mit den Drogen aufzuhören. Weil er es nicht für sich tun würde, sondern für mich. Und sobald ich dann nicht mehr da war, würde er wieder anfangen. Daher versuchte ich es gar nicht mehr.

Ich wollte einfach, dass es ihm gutging und wenn ich das schaffte, indem ich einfach wegsah, dann war das so.

Ich war so fest davon überzeugt, das Richtige zu tun...


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt