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Cameron:

„Hei, Kleiner" Als Noah und ich auf den Pausenhof traten, begrüßte Alec ihn doch tatsächlich zuerst mit einer langen Umarmung und mich bloß mit einem ablenkten Schulterklopfen.

Ja klar, jetzt, wo er wieder ein Auto hatte, war ich unwichtig geworden oder? Fies.

„Wie geht's dir?", hakte Alec besorgt nach und schaute Noah auch so an.

Er lächelte ehrlich. „Besser. Ich brauchte gestern einfach Zeit und ein klärendes Gespräch"

Noah warf mir einen kurzen Blick zu, indem ich seine Dankbarkeit dafür sah, dass wir alles besprechen konnten.

Zwar musste ich ihm noch das mit dem Erbe sagen, aber ich hatte es gestern für unangebracht gehalten, über Geld und Materielles zu sprechen in so einer Situation. Leider erinnerte Noahs Aussage mich aber daran, dass ich selbst auch noch ein klärendes Gespräch zu führen hatte. Mit Ken.

Ich fragte Alec, wo er war und Alec deutete zu Max, Sandy, Gabrielle und Ken, die schon an unserm Platz standen.

Zusammen gingen wir dorthin, begrüßten uns.

Als Ken mich viel zu lange umarmte, flüsterte ich ihm ins Ohr: „Können wir später reden?"

Er löste sich von mir und schaute mich besorgt an. „Äh klar. Alles okay?"

Ich nickte, lächelte beruhigend.

Er nickte verstehend, wusste, ich würde es erst später aussprechen, wo das Problem lag.

Ich denke, Ken ahnte bereits etwas, denn heute war er nicht halb so anhänglich wie sonst.

Es tat mir so unendlich leid für ihn. Aber das mit uns zu beenden, bevor es richtig ernst wurde, war erstens das Beste für ihn selbst und zweitens das Beste für Noah.

Er brauchte Halt und Sicherheit und ich wusste, dass es dabei mehr als kontraproduktiv war, wenn ich mit einem anderen ausging. Er sollte wissen, dass ich nur ihm gehörte, nur für ihn da war und nur ihn liebte. Selbst, wenn alle anderen das niemals wissen durften.

Nach der Schule schickte ich Noah zu Alec, der ihn nachhause fahren sollte.

Noah wusste, weshalb, da wir all das gestern ausführlich besprochen hatten, wünschte mir viel Glück und ging mit Alec.

Ken und ich führten Smalltalk, bis der Schulparkplatz komplett geräumt war und er seufzte. „Also lass uns zum Punkt kommen. Du wolltest bestimmt nicht die ganze Zeit über Brauns feuchte Aussprache mit mir reden?"

Ich schmunzelte etwas, da er so direkt war. ich mochte das. Aber nicht genug.

Ich atmete tief durch, stellte mich etwas aufrechter hin und legte meine Hände an seine Seiten.

Seine Augen wurden etwas größer und er legte seine Hände auf meine Schultern.

So und jetzt?

Ich atmete tief durch. „Hör zu, Ken...", begann ich leise, sah ihm die ganze Zeit in die Augen.

Er hatte mich so gut behandelt und hatte es nun verdient, dass ich mich wie ein Mann verhielt, der hinter seinen Worten und Taten stand.

„...Schon, als ich dich umgerannt habe, durfte ich feststellen, was für ein toller Kerl du bist. Ich finde es echt super, dass du zu mir und meinen Freunden gehörst und wir so viel Zeit zusammen verbringen. Ich mag dich sehr sehr gerne und unsere Nacht war wirklich schön..."

Ich suchte nach dem passenden Weg, ihm das schonend beizubringen, als Ken leicht zu lächeln begann, doch dabei traurig schaute. „Aber du empfindest nicht dasselbe für mich wie ich für dich"

Ich schluckte. „Tut mir leid"

Es war nur noch ein Hauchen, ehe ich wegschaute.

Wie konnte er nur trotz allem noch lächeln? Das musste ihm doch wahnsinnig wehtun oder? Mir tat es weh und das obwohl ich ja meine Gründe hatte. Ich wollte ihn einfach als Freund nicht verlieren. Er war mir wichtig geworden.

Ich spürte, wie Ken mir näherkam, als seine Brust meine berührte. Sanft drückte er mein Gesicht zu sich.

Ich spürte eine sanfte Berührung auf meinen Lippen, wusste, er küsse mich, aber stieß ihn nicht weg.

Dazu hätte ich auch gar keine Zeit gehabt, denn sofort hörte er wieder auf, um zu flüstern: „Ist okay. Ich wusste schon irgendwie die ganze Zeit, dass du an einen anderen denkst, wenn wir zusammen sind und lieber bei ihm sein willst." Ken ging einen kleinen Schritt zurück, um mir in die Augen sehen zu können.

Er lächelte immer noch. „Ich hoffe für euch, dass das mit euch gut geht, wirklich. Ihr tut einander gut, seit glücklich, solange der andere nur anwesend ist. Das ist zwar das, was ich mit dir wollte, aber ich will auch nicht das Arschloch sein, das eure ohnehin schon komplizierte Beziehung noch komplizierter macht. Andere Mütter haben immerhin auch hübsche Söhne"

Fassungslos sah ich ihn an. „Du weißt es?"

Ken lachte leicht. „Natürlich weiß ich es. Ich bin vielleicht blond, aber nicht blöd. Ich weiß es wahrscheinlich schon länger als du selbst. Nach unserem ziemlich heißen du weißt schon was, hast du beim Einschlafen seinen Namen gemurmelt, Cameron. Ich dachte zuerst, das soll ein Witz sein, aber du hast es selbst nicht mal mitbekommen. Eigentlich war mir da schon klar, dass das mit uns niemals was wird." Er zuckte mit den Schultern. „Naja, habs versucht und bin gescheitert."

Ich konnte nicht anders, als ihm um den Hals zu fallen. „Danke"

Ich bedankte mich dafür, wie er reagierte, für unsere gemeinsame Zeit und dafür, was für ein toller Mensch er war.

„Schon okay" Er strich über meinen Rücken. „Wenn ihr mal was braucht, dann könnt ihr auf mich zählen, aber bis dahin sei mir bitte nicht böse, wenn ich ein bisschen Abstand suche, okay?" Er schob mich sanft aber bestimmend von sich.

Ich nickte schnell. „Wir werden aber weiterhin Freunde sein oder?"

Ken nickte. „Klar. Es gibt keine anderen Idioten, mit denen man so einen legendären Mädlsabend machen kann. Denkst du, ich gebe das auf wegen so ein bisschen Liebeskummer?"

Er drückte meine Hand kurz und gab mir noch einen Kuss auf die Wange. „Ich melde mich bei dir, wenn ich soweit bin, okay?"

Ich brachte nur ein Nicken zustande, ehe er auch schon weg war und in seinem Bonzenwagen davondüste.

Das war besser verlaufen als erwartet.

Ken wusste es auch. Ken unterstützte es auch. Und das obwohl er eigentlich alle Gründe hatte, es nicht zu tun.

So falsch konnte mein Liebe zu Noah also gar nicht sein oder?


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt