PRÓLOGO

5.8K 402 234
                                    

xxx Silvester xxx

31.12.2020
POV ... Elaina

Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe.

Was habe ich mir nur dabei gedacht?

Verzweifelt reibe ich mir über die Stirn und versuche klar zu denken, was nicht einfach ist. Von überall ertönen Rufe, Raketengeräusche und Lachen. Das neue Jahr beginnt in wenigen Minuten, was die Menschenmasse hier im Central Park total in Aufregung versetzt. Mit zügigen Schritten entferne ich mich immer mehr von diesem Trubel, um noch vor dem neuen Jahr in meine Einzimmerwohnung zu gelangen.

Silvester habe ich noch nie gemocht.

Chaos. Lärm. Hoffnungen.

Das sind alles Sachen, die typisch für Silvester sind. Hoffnungen, dass man sich nächstes Jahr an seine neuen Vorsätze hält, die man sowieso nach wenigen Wochen vergisst. Hoffnungen, dass man das Geschehene des letzten Jahres vergisst. Doch das stimmt nicht. Das Geschehene kann man nicht vergessen, vor allem, wenn dich die Vergangenheit geprägt hat.

Kaum bin ich dem Trubel entkommen, verfalle ich in depressive Gedanken.

Paradox, da ich gerade wegwollte und jetzt wieder zurückwill.

Je länger ich in der Nähe dieser ausgelassenen Atmosphäre bleibe, desto eher wird mich dieses hässliche Gefühl der Trauer einholen. Den schwarzen Mantel schlinge ich enger um mich. Die Lichter werden immer schwächer, als ich mich weiter wegbewege. Die Kälte lässt mich kurz frösteln. Die Leere der Gasse lädt mich nahezu ein, mich gegen die Wand zu lehnen. Mit festen Schritten stampfe ich durch den Schnee und lasse mich erschöpft gegen die Mauer fallen.

Mein Blick gleitet nach oben zum Himmel. Der arme Himmel. Er wird gerade von den Menschen durch Raketen missbraucht.

„Wieso schaust du den Himmel bemitleidend an?", fragt eine tiefe Stimme.

Erschrocken drehe ich mich zu dem Mann vor mir um. Eine große Gestalt lehnt sich an die Wand gegenüber von mir. Tief ins Gesicht hat er seine Kapuze gezogen, so dass man die Hälfte seines Gesichts nicht sehen kann. In dieser Dunkelheit würde man sowieso nichts erkennen. Die breite Statur lässt sowohl die Dunkelheit, als auch der übergezogene Mantel nicht versteckt. Ich trete von dem einen Fuß auf den anderen.

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht. Jetzt zisch ab", murre ich.

„Schlechte Laune?", fragt der Unbekannte unbekümmert weiter. Verpiss dich.

„Nein, danke. Ich habe noch welche", gebe ich keck von mir. Geh weg.

Der Typ vor mir beginnt einfach zu lachen. Was gibt es da zu lachen? Seine Brust hebt und senkt sich dabei unregelmäßig, was ich zusammengezogenen Augenbrauen betrachtet. Dabei versuche ich geflissentlich die melodische, tiefe Lache zu ignorieren.

Ich hatte kurz befürchtet, dass ich es hier mit einem betrunkenen Mann zu tun habe, der nicht mehr bei vollem Bewusstsein ist. Das ist nicht Fall.

„5", ertönt es unkoordiniert.

Kopfschüttelnd schaue ich auf die Menschenmenge, die weit genug steht.

„4", schreien die Menschen weiter.

Ich lasse meinen Blick zu dem Unbekannten schweifen, der seinen Kopf noch immer in meine Richtung gedreht hat. Ob er Silvester genauso hasst?

„3", ertönt wieder das schreckliche Geschrei.

Wow, meine Laune wird ja von Silvester zu Silvester immer schlechter. Ich drehe mich weg.

„2", dringt wieder der komische Lärm in meine Ohren.

Meine Schuhabdrücke bleiben auf dem Schnee erkennbar, als ich die ersten Schritte gehe. Ich hätte schon längst zuhause sein sollen. Stattdessen stehen mir noch mehrere Meter bevor.

„1", wird so laut geschrien, dass ich fürchte, dass ich taub werde.

Abrupt werde ich von einem festen Griff gepackt und umgedreht. „Verschwinde", knurre ich wieder, als ich den Unbekannten bemerke. Mit einem Ruck werde ich an die Mauer gedrückt, was mich kurz keuchen lässt.

„Silvesterkuss", ertönt es, während gleichzeitig ein unendliches Feuerwerk entsteht. Sofort darauf drücken sich weiche Lippen gegen meine Lippen. Verdattert bleibe ich regungslos stehen.

Er hält mich nicht auf eine Weise fest, dass ich keine Möglichkeit habe wegzugehen. Ganz im Gegenteil: er gibt mir die Möglichkeit. Er küsst mich so, als würde er um Erlaubnis fragen.

Aus irgendeinem Grund kann ich ihm gerade nicht widerstehen, weswegen ich mich dem Kuss hingebe.

Keuchend kralle ich mich an seine Schulter. Seine große Hand hält meine Wange fest. Ein angenehmer Schauer zuckt durch meinen Körper, der mich kurz vergessen lässt, wo ich überhaupt bin.

Rhythmisch bewegen sich unsere Lippen im Einklang, als ich nachgebe und meine Augen schließe. Meine Knie werden weich, als er mich an der Taille packt, um mich noch näher an ihn zu ziehen. Ich stelle mich auf Zehenspitzen, um ihm einen besseren Zugriff gewähren. Mittlerweile habe ich meine Hände um seinen Nacken verschränkt. Seine großen Hände umfassen meine Taille.

Kurz lösen wir uns voneinander, um Luft zu holen. Seine Kapuze ist nach unten gerutscht, aber trotzdem erkenne ich seine Augenfarbe nicht. Das Feuerwerk im Hintergrund bekommt wieder mein Interesse.

Was mache ich gerade hier?

Als der Unbekannte sich wieder zu mir lehnt, verpasse ich ihm mit meinem Knie einen Tritt zwischen die Beine, was dafür sorgt, dass er sofort nach hinten rückt. Fluchend hält er sich die schmerzende Stille, während ich vor mich grinse.

„Verschwinde", rufe ich ihm ein letztes Mal, sobald ich selber weggehe.

Es folgt kein Nachruf von dem Idioten, was mich entspannt seufzen lässt. Langsam fasse ich mir an die Lippen, die noch immer kribbeln. Es kann sein, dass mein Herz dezent zu schnell gegen meinen Brustkorb schlägt, aber das ignoriere ich bewusst.

Ich habe einen Fremden geküsst. Nun ja, eigentlich hat er mich geküsst. Aber du hast ihn genauso innig erwidert. Ich schüttele mich.

Der Gedanke, dass ich den Unbekannten sowieso nie wieder im Leben sehen werde, lässt mich unbekümmert weiterspazieren. NYC ist eine Millionenstadt. Solltest du einen Fremden sehen, besteht eher die Wahrscheinlichkeit, dass du auf den Mond fliegen wirst höher, als dass du diesen Menschen wieder sehen wirst. Vor allem an einem Silvester, wo Menschen aller Welt hierhin gereist sind. Niemals.

Mit einem Ruck öffnet sich die Tür zu meiner Wohnung, wo ich das Licht anschalte und mich sofort das Durcheinander begrüßt. Überall liegen verschiedene Ordner, Mappen, Dokumente, lose Notizen oder sonstige Gegenstände, die alle mit einer Person in Kontakt stehen.

Agustín Reyes.

„Je mehr du gedacht, je mehr tu getan hast, desto länger hast du gelebt"

Hoppsan! Denna bild följer inte våra riktliner för innehåll. Försök att ta bort den eller ladda upp en annan bild för att fortsätta.

„Je mehr du gedacht, je mehr tu getan hast, desto länger hast du gelebt"

Immanuel Kant

Nicht vergessen auf das ⭐️ zu drücken...

</> überarbeitet.

Agustín ~ Believe me Där berättelser lever. Upptäck nu