11 ONCE

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XXX Feiertag? XXX

Der Alarm neben meinem Ohr geht wieder an. Anders als erwartet ist dort nicht der „Stumm" Knopf, sondern ein roter und ein grüner Button. Ein Anruf. Wie vom Blitz getroffen wache ich auf.

Ich brauche nicht einmal auf das Handy zu schauen, um zu wissen, wer mich gerade anruft. Nur eine Nummer ruft mich morgens an meinem freien Tag an. Um mich zu versichern, dass sie es wirklich ist, schaue ich nach. Dann stirbt auch die letzte Hoffnung.

Tante Amelia.

Mittlerweile bekomme ich keine Panik, wenn ich diesen Namen auf dem Display sehe, sondern lehne den Anruf ab. Sie ist nicht hier. Sie kann mir nichts tun. Angespannt lege ich das Handy wieder auf den Tisch, während ich seufzend aufstehe.

Unglaublich, dass ich sogar an meinem freien Tag nicht ausschlafen kann. Ich gehe ins kleine Bad und mache mich dort fertig. Meine Haut wirkt blass, was an dem mangelnden Schlaf liegt. Meine braunen Augen sehen auch so leblos aus wie der Rest, aber das interessiert mich gerade nicht.

Ich muss meine Gedanken sortieren. Wieso ruft mich diese Frau jeden Sonntag an, seitdem ich hier angefangen habe zu arbeiten? Die Jahre davor hat sie sich auch nicht gemeldet. Kein einziges Mal.

Nicht als ich sie am meisten gebraucht hätte, zumindest ihre Unterstützung. Nicht, als ich eine Unterkunft gebraucht habe. Nicht, als ich tatsächlich weggezogen bin. Nicht, als ich alleine auf den Beinen stand ohne Geld oder Hilfe. Geh weg.

Was ist, wenn sie gerade etwas braucht? Vielleicht steckt sie ja in irgendwelchen Schwierigkeiten? Kopfschüttelnd blicke ich in den kleinen Spiegel vor mir. Sie wird wohl kaum Hilfe von mir wollen, denn ich bin die Person, die sie am meisten hasst. Verschwinde.

Wie schön doch der Tag anfängt. Aufgaben kann ich jetzt auch nicht erledigen, denn dafür bin ich nicht konzentriert genug. Ich brauche ein Hobby. Wow, auch endlich bemerkt. Könntest du dir bitte ein spaßiges Hobby aussuchen?

Lesen. Das hört sich gut an. Ich könnte lesen und in eine komplett andere Welt eintauchen, die friedlicher als meine ist. Während meine innere Stimme enttäuscht den Kopf schüttelt, laufe ich freudig in das Zimmer. Dort halte ich auch sofort inne. Ich habe gar keine Bücher.

Meine innere Stimme lacht mich gerade in meinem eigenen Kopf aus.

Genervt reibe ich mir an die Schläfe. Wie kann es sein, dass ich gar kein Buch hier habe? Vielleicht liegt es daran, dass du alle Bücher verkauft hast, die du hattest? Stimmt. Irgendwie musste ich diese überteuerte Einzimmerwohnung bezahlen.

Na super, jetzt weiß ich schon wieder nicht, was ich machen soll. Ich gehe in die Küche und öffne den Kühlschrank. Seufzend schaue ich in das kleine, kühle Ding, als mir klar wird, dass ich mal wieder einkaufen sollte. Dadurch, dass ich mich die letzten Wochen überwiegend von Fastfood ernährt habe, habe ich nicht viel hier gegessen.

Ich schage die Tür wieder zu und mache mir einen Kaffee. Während der Wasserkocher Geräusche von sich gibt, packe ich eine Packung Butterkekse aus dem Schrank und mache mich dann mit der Tasse bitterem Kaffee wieder auf dem Weg ins Wohnzimmer.

Den Fernseher schalte ich ein, damit es nicht so ruhig in der Wohnung ist. Diese Stille, die herrscht, wenn man alleine in der Wohnung ist, ist einfach nur schrecklich. Die Nachrichten laufen gerade und erzählen von irgendeinem Autounfall, der sich auf der Autobahn ergeben hat. Wer zum Henker rast den auch schon um 5 Uhr morgens durch die Straßen?

Ich kann zwar kein echtes Buch lesen, aber vielleicht ein digitales Buch. Wieder von meiner Idee erfreut, greife ich nach meinem Handy, das schon seit einer langen Weile nicht mehr klingelt.

Agustín ~ Believe me Kde žijí příběhy. Začni objevovat