19 - Identitäten

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"Raus mit der Sprache! Habt ihr was mit dem Wolf zu tun?!", schrie Joey die beiden Artemier an und hätte am liebsten vor Wut auf seinen Schreibtisch geschlagen.
"Wir wollen nur Rache. Halt dich aus unseren Angelegenheiten raus!", schrie Eleysa zurück. Wie immer zügelte der Mann vor ihnen ungebändigte Wut in sich. "Und warum tarnst du dich überhaupt als Lehrer?"
"Ist doch scheiß egal!", schrie er zurück und griff wütend nach den Gummihandschuhen, um sie wütend wieder auf den Tisch schmeißen zu können, wodurch es laut klatschte. "Ich brauche das verdammte Geld. Ich brauche diese verdammten Zeichnungen! Ich geb' dir die Möglichkeit, nicht auf der Straße leben zu müssen und mit deinem Leben klarzukommen! Ist dir das eigentlich bewusst? Ohne mich würden du und Kei elendig verhungern! Räche dich an ihnen, ist mir scheißegal! Aber wenn ihr hier aufkreuzt und das Risiko steigert, dass die Polizei aufkreuzt... Dann wird das auch zu meinem Problem!"

"Du versuchst mir zu helfen?", innerlich begann das Artemier-Mädchen zu kochen. Wie gerne sie ihm etwas angetan hätte. Wie sehr sie sich wünschte, dass der Wolf auch ihn attackieren würde... "Du hast mich in einer kleinen Kammer weggesperrt! Hast mich verletzt, nur weil ich mich einsam fühlte! Sag's mir endlich, wieso hast du mich überhaupt aus dem Feuer gerettet?! Wieso hast du ausgerechnet mich aufgenommen?!"
"Eleysa...", sachte griff Kei nach ihrer Hand und sah ihr tief in die Augen. Ihre Wut schlug gewaltige Flammen, die ein Haus hätten zerstören können. Beinahe hätte es ihn auch überwältigt, doch er blieb ruhig. "Beruhige dich!"
"Weil...", Joey stockte und sah beklemmt zu Boden. Stimmt... Warum hatte er sie überhaupt aufgenommen? Hatte er Mitleid mit ihr? Wusste er vielleicht mehr über sie? Es wirkte ein wenig so als wüsste er ganz genau, weshalb er es tat, wollte es jedoch nie aussprechen. Weil er ein Kind wollte...

"Weil was?", ungeduldig schloss Eleysa ihre Augen. Sie wollte jetzt weder Joey noch Kei sehen. Die Augen des Jungen hatte sowieso schon einen besonderen Effekt auf sie...
"Verschwindet einfach...", murmelte Joey und musste sich eine Träne verdrücken. Der Schmerz von Raymonds Tod saß noch immer zu tief. Zu wissen, dass er nicht da sein konnte als er hinfort ging, machte es noch schlimmer. Bevor Joey ins Gefängnis musste, hatte Raymond ihm davon erzählt, wie gerne er ein oder zwei Kinder haben wollte. Natürlich kam da eh nur Adoption in Frage, trotzdem wollte Joey ihm den Wunsch erfüllen. Und als er Eleysa sah... Irgendetwas hatte einfach klick gemacht. Wie schön es doch gewesen wäre, ihn wiederzubeleben und ihm dann eine Tochter vorzustellen. Daraus würde vermutlich niemals etwas werden dank Lagrima...
"Schwächling...", fuhr das Mädchen ihn noch an, bevor sie sich auf den Weg zur Tür machte.
Wie bitte?, wie wagte es dieses kleine Gör, ihn als Schwächling zu bezeichnen? 
Wie ein Dolch in sein Herz, erzürnte ihn der Schmerz, der durch seinen Körper floss. Ließ ihn die Selbstbeherrschung verlieren. Und schon wollte er nach ihrem Arm greifen.

"Eleysa!", bevor Joey das Mädchen auch nur berühren konnte, bemerkte er schon, dass er etwas vorhatte. Sofort sprang er vor und trat dem Mann in die Magengrube, um ihn von ihr zu entfernen.
Schockiert sah sie zu ihm, zitternd wegen dem, was ihr gedroht hätte. Nicht schon wieder...
Joey prallte mit dem Rücken gegen seinen Pult und riss ihn mit sich nach hinten.
"Oh, ähm...", irgendwie fühlte sich der lila Junge so komisch... Er handelte aus Reflex, es ging einfach mit ihm durch! Und dass er solch eine Wucht besaß, war ihm ebenfalls völlig neu...
"Okay", fauchte Joey und rieb sich den Magen. "Das, mein Freund, war ein gewaltiger Fehler."
"I-Ich weiß...", bibberte Kei und ging mit seiner Freundin weiter nach hinten, leider entfernten sie sich dabei von der Tür. Sie mussten irgendwie an ihm vorbei...
Mit einem Wutschrei schwang Joey nun seine rechte Faust auf den Jungen zu, der erneut aus Reflex handeln konnte. Bevor ihn die Faust erreichen konnte, umgriff er sie und rammte ihm den Ellbogen in die Rippen, wodurch er erneut aufstöhnte. 
"Lauf!", rief Kei seiner Freundin zu und schubste Joey dabei nach rechts, wodurch für Eleysa freie Bahn war.

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