7- Werwolf

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"War ja klar, dass uns sowas passieren musste", fluchte Bomby und stieß einen Seufzer aus, den nur Kyu hörte, so wie alles andere, was er sagte.
Es war klar für ihn, dass sie ein Werwolf attackieren würde? Kyu hatte mit allem anderen gerechnet!
"Hör zu, Steven", wisperte Kyu kurz und neigte seinen Kopf leicht zu Steven, ohne das behaarte Monster aus den Augen zu verlieren. "Erstens ist das hier deine Schuld... Und zweitens sollten wir jetzt ganz entspannt bleiben und uns am besten nicht zu hastig bewegen... Sonst greift uns das Ding vielleicht noch an..."
"Nope", Steven schüttelte den Kopf und entschied sich lieber dafür sein eigenes Ding zu machen. Er mochte es nicht, Dinge zu tun, die andere von ihm wollten. Bisher brachte es niemanden in Gefahr, außer ihn selbst. Dieses Mal machte er jedoch einen großen Fehler für alle beteiligten als er einen kleinen Sprung in das Lehrerzimmer machte. Bevor Kyu ihm überhaupt in den Raum folgen konnte, knallte Steven die Tür hinter sich zu und stellte sich davor, sodass für Kyu, geschweige denn für den Werwolf, keine Gelegenheit mehr bestand, ihm auch nur in die Quere zu kommen.
"LASS MICH REIN, DU IDIOT!", panisch hämmerte Kyu mit aller Kraft gegen die Türe zwischen sich und seinem Bruder, doch vergaß dabei, dass er noch immer einem waschechten Werwolf, einem Monster eher gesagt, gegenüberstand, dessen aggressives Knurren furchtbar laut wurde. Die Messerscharfen Reißzähne troffen vor Blut und Speichel, und Kyu sah sich bereits selbst zermalmt, seine Fetzen verteilt in den Zwischenräumen seines Gebisses.
Egal, wie feste Kyu gegen die Tür schlug sich selbst dagegen warf, Steven öffnete sie nicht.

Bomby und Kyu waren auf sich allein gestellt. Langsam entfernte er sich von der Tür und ging den Gang rückwärts hinunter, seinen Blick auf den Werwolf gerichtet, der ihm folgte. Langsam nahm das Biest an Geschwindigkeit an.
Wie ein Mensch setzte der Werwolf einen Fuß vor den anderen. Und dann wurde sein langsamer Gang zu einem Rennen. 
Die langen Krallen an seinen Füßen bohrten sich dabei in den Linoleumboden.
"Oh oh...", sofort machte Kyu eine Drehung und 180 Grad und begann nun ebenfalls zu rennen. Doch die Bestie war schneller und griff mit seinen Klauen nach Kyus Schultern. Auch wenn sich die spitzen seiner Krallen einen Weg durch seine Kleidung bahnten, scheiterten sie Gott sei Dank an der Rüstung, die Kyu dank der kleinen Bombe hatte. Dafür war sein Gesicht weiterhin den Gefahren der scharfen Zähne und dem üblen Mundgeruch nach toten Tieren und anderem übelkeitserregenden Zeugs ausgesetzt.

"Bomby, Hilfe!!", kreischte Kyu und schüttelte seine linke Schulter frei. Dann holte er aus und verpasste der Bestie einen schnellen Schlag gegen die Schnauze. Mit einem lauten Scheppern krachte die Bestie gegen einen Spind, doch dann sprang sie sofort wieder auf den Jungen zu und riss ihn zu Boden.
Der Schlag bewirkte wohl, dass er nur noch aggressiver wurde. Der dickflüssige Speichel, welcher mit alten Blutresten vermischt war, tropfte auf Kyus weißes Mundtuch hinab, und nun war er wirklich froh, dieses getragen zu haben. Auch wenn es sich damit vollsaugte und er die Nässe spürte. Am liebsten hätte er ihm im Strahl ins Gesicht gekotzt.
"Keine Sorge, der kommt nicht durch die Rüstung, wie es aussieht... Aber mehr kann ich leider nicht für dich machen...", Bomby klang selbst ängstlich und als habe er selbst Schmerzen, was Kyu nicht so recht wahrnahm. Nur die Angst seines Freundes konnte er in seinen eigenen Knochen spüren. In dieser Situation musste er aber erst einmal versuchen, seine eigenen Gefühle zu kontrollieren. Doch wenn ein mindestens einhundert Kilo schwerer, haariger Werwolf auf einem hockte, war dies leichter gesagt als getan...
Mit seinen Händen versuchte er, das schnappende Biest aufzuhalten, bevor es ihm noch das Gesicht abbiss...

***

Hier sollte ich sicher sein, dachte Steven und tastete die Wand nach einem Lichtschalter ab. Als er einen fand und betätigte, blitzten die alten Leuchtstoffröhren an der Decke für eine kurze Sekunde auf. Dann wurden sie langsam heller, bis der ganze Raum vom Licht überflutet wurde. Sofort schnappte er sich einen Stuhl und klemmte mit diesem die Türklinge zu. Das sollte ihn aufhalten...
Langsam tat ihm Kyu leid. Vielleicht hätte ich ihn da nicht allein lassen sollen? Das sollte ich vielleicht wieder gut machen..
Sein Blick wanderte ein letztes Mal zu der Tür. Hätte er vielleicht wieder raus zu dem Kampf draußen gehen sollen? So wie die beiden da herumpolterten ließ er es doch lieber sein... Stattdessen entschied er sich einen Spaziergang durch das Lehrerzimmer zu unternehmen, welches tatsächlich größer war als er vermutete.

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