46 - Monster

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Nachdem sich die Augen von Kyu wieder geöffnet hatten und seine Sinne sich erholt hatten, fand er sich in purer Dunkelheit wieder, auf dem Rücken liegend mit Schmerzen in jedem Muskel seines Körpers. Seine Atemwege und Lungen waren gereizt von dem Staub, den sein zusammengebrochenes Heim hinterlassen hatte und ließ ihn keuchen. Zum Glück schien Bombys Rüstung die Luft ein wenig zu Filtern, sonst wäre er womöglich schon längst an dem Dreck erstickt. So war es jedoch noch immer eine Frage der Zeit. All der Schutt lag direkt auf ihm. Jede einzelne Gliedmaße war eingeklemmt worden, die Beine und sein linker Arm waren nicht mehr beweglich. Den rechten Arm konnte er immerhin noch ein wenig bewegen und somit ein Stück der Dachplatte ertasten, welche mit vollem Gewicht auf seiner Brust lag.

"Oh mein Gott...", japste er und versuchte sich zu Ordnen. Ein Schwall der Übelkeit hatte sich in ihm breit gemacht und machte alles ein wenig schwerer. Er durfte jetzt nicht brechen. Aber bei den Bildern in seinem Kopf, bei den verschwommenen Gedanken an Mack, wie er vor ihm stand, umhüllt von Flammen, war es fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. "Ruhig bleiben... Ruhig bleiben..."
Seine Lage war definitiv brenzlig. Er musste sich doch irgendwie befreien können! Aber wie..?
Okay, auf drei... Etwas anderes als das ganze Gerümpel von sich herunterzuschieben, stand gar nicht zur Auswahl. Mehrfach schnappte er noch einmal nach Luft, versuchte seine Atmung und Übelkeit zu kontrollieren, sowie seine Verfassung. Er war kurz davor eine Panikattacke zu erleiden, zudem fühlte er sich ziemlich klaustrophobisch. Steven zu rufen war ebenfalls nicht möglich...
Nachdem er bis drei gezählt hatte, versuchte er mit aller Kraft das Gerümpel von seinem Körper herunterzuschieben. Doch es gelang nicht. Nicht einen Zentimeter bewegten sich die Dachplatten. Noch einmal versuchte er es, dieses mal konnte er die Trümmer ein paar wenige Millimeter verschieben. Jedoch reichte es nicht aus.

So durfte es doch nicht enden! Begraben unter dem eigenen Haus vom ehemaligen besten Freund, der es irgendwie geschafft hatte, zu überleben... Wie hatte er es überhaupt angestellt? Warum sah er so... Verändert aus? Und warum reagierte er so? Das war überhaupt nicht Macks Art... 
Der Mack, den er kannte, hätte das Problem mit Worten aus der Welt geschafft und nicht versucht ihn umzubringen. War es wirklich der Einfluss von Joey, der ihn so verändert hatte? 
"Mack ist tot. Ich bin, was von ihm geblieben ist", hatte er gesagt. Stimmte das vielleicht? War Mack wirklich nur noch eine Hülle seiner selbst? Das vermochte Kyu nicht zu glauben. Irgendwo tief in ihm musste noch immer der alte Mack stecken! Selbst wenn man dafür bis in seinen Kern graben müsste. Er bräuchte nur Hilfe sich von den Fesseln zu befreien, das war alles! 

Die Übelkeit gewann wieder die Überhand und Kyu musste sich anstrengen nicht zu würgen. Tief durchatmen... Du kommst hier schon raus...
Seine Augen schlossen sich wieder, die Gedanken kreisten wild umher.
"Bomby, hörst du mich?", stöhnte er. Das Sprechen fiel ihm eindeutig schwer. 
"Kyu...", wisperte die angenehm sanfte Stimme der Bombe in seinem Kopf. "Was ist passiert..?"
"Das Haus ist eingebrochen", erklärte er und musste kurz unterbrechen, da er sonst gewürgt hätte. "Wir sind darunter begraben."
"Spitze. Und nun?"
"Ich weiß es nicht. Ich kann mich kaum bewegen. An die Uhr komme ich auch nicht..."
"Das heißt, wir werden hier sterben?"
"Wenn uns nicht bald was einfällt..."

Und so gerieten die beiden wieder ins Schweigen. Tauschten ihre Gedanken untereinander aus, planten jegliche Versuche, zu entkommen und zeigten sich gegenseitig, was die Sorgen des anderen waren. 
Wie die Lage mit Mack und Eleysa aussah. Wie es den anderen wohl ginge und so vieles mehr. 
Auch musste Bomby mehrfach an Eclaire denken. Er hatte noch immer keine richtige Möglichkeit gefunden, sie kennenzulernen. Und doch fühlte er sich verbunden mit ihr, als kenne er sie bereits seit Jahrzehnten. Wenn das alles vorbei war, müsste er es dringend nachholen. Doch bis dahin blieb ihnen nichts anderes übrig als zu beten, dass alles gut wird...

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