20 - Hundetraining

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Planlos schwieg Kyu vor sich hin. Wie konnte er nicht gemerkt haben, dass Amika ihm gefolgt war? War ja wieder klar, dass es nicht wie geplant verläuft...
"Okay, hör zu Amika-", mitten im Satz verpasste sie ihm eine ordentliche Backpfeife, die ihn zur Seite riss. 
"Wie lange wolltest du das eigentlich vor mir verheimlichen?!", fragte sie ihn mit erhobener Stimme. Ihre Augen wurden leicht nass, während Kyu sich einfach in einem Schockzustand befand.
"Ich wollte ja, aber-"
"Aber was?!", schrie das Mädchen ihm direkt ins Gesicht. Schon seit sie sich kannten, vertrauten sie sich untereinander alles an. Warum schwieg er also diesmal? "Etwa meinem Vater? Denkst du, ich würde dich verpetzen oder was?!"
"Nein... Nicht deshalb", Kyu kratzte sich am Nacken. Doch, ihr Vater war einer der Gründe. Der Mann hatte oft genug bewiesen, dass er Steven und Kyu in den Uniformen verabscheute. Auch wenn Kyu und er sich persönlich super verstanden, er wollte sich ihm nicht unbedingt in dieser Form präsentieren...

Schuldgefühle schlichen sich in ihm an. So gesehen hatte er nicht einmal einen guten Punkt dafür, es ihr nicht zu erzählen.
"Dann sag weshalb, verdammt nochmal!", die Hände des Mädchens ballten sich zu Fäusten.
"Langsam wird sie aggressiv, Kyu...", meldete sich Bomby leicht ängstlich zu Wort, dessen Stimme wie immer aus Kyus Kopf dröhnte. Was du nicht sagst, Bomby...
Innerlich war Kyu gerade viel zu aufgebracht, um irgendwas zu sagen. So gern er es auch hätte...
Sein Bruder könnte da drin vielleicht gerade in Schwierigkeiten stecken. Er hatte auch keine Zeit dafür, sie aufzuklären. Bomby, Drahk... Einfach alles, es war einfach zu viel.
Ihm blieb keine andere Wahl als sie jetzt zu versetzen...
"... Ich hab keine Zeit für dich", flüsterte er mit dem Wissen, was er da gerade angerichtet hatte und stürmte in das evakuierte Schulgebäude und Drahk ging auf Position.

Voller Entsetzen sah Amika ihm hinterher. Ihre Brust hatte sich bereits zusammengezogen als sie ihn sah. Aber 'Ich habe keine Zeit für dich'... Das gab ihr den Rest. 
Welcher Mensch lässt seinen besten Freund denn auf solch eine Art hängen?!
Nun, vielleicht brauchte Kyu ja ein wenig Hilfe - die ihres Vaters. Das würde ihm mit Sicherheit eine Lehre sein, wenn er anschließend die Uniform an den Nagel hängen muss...

Hämisch grinsend griff sie nach ihrem Handy und schluckte die aufgekommene Wut herunter. Mit ihrem leicht zitternden Daumen suchte sie die Nummer ihres Vaters auf ihrem Handy heraus und rief ihn an.
Es klingelte zweimal, bis jemand auf der anderen Seite der Leitung abnahm.
"Amika, alles in Ordnung?"

***

"Wo bist du?!", rief Kyu durch den Gang, in welchem Steven jetzt eigentlich Unterricht haben sollte, und musste dabei über die Umgekippten Spinde klettern. Hoffentlich wurde keiner von ihnen begraben...
Niemand war mehr dort, bis auf Herrn Altsee, der vor der Kantinentür lag. Neben ihm hockte ein Mädchen und gab auf ihn Acht.
"Ach du heilige, was ist denn hier passiert?!", schockiert betrachtete der Teenager das Meer aus Verwüstung. Überall lagen Fachbücher herum, Rucksäcke und Leere Flaschen standen im Weg, umgekippte Spinde lagen quer auf dem Boden. Es war schlimmer als Stevens Zimmer... 
Sein Blick wanderte von Tür zu Tür, während er zu dem bewusstlosen Lehrer herüberlief (zumindest hoffte er, dass er bewusstlos war) und nach dem Klassenzimmer suchte, in dem sich sein Bruder befinden sollte. 
"Entschuldigung?", sprach Kyu das Mädchen an als er Herrn Altsee erreichte und kniete sich zu ihm nieder. Bis auf einen kleinen Kratzer war der Mann unversehrt. Und seine Atmung war soweit in Ordnung. Fast schon so als wäre er noch wach. "Weißt du, was mit ihm passiert ist?"

Die Augen des Mädchens wurden plötzlich groß. 
"Woah, Bruder!", schoss plötzlich aus ihrem Mund. "Du bist doch der, der im Park vom Klettergerüst begraben wurde!"
"Äh, was?", ist ja ein toller Ruf...
"Ich bin Soraya!", stellte sie sich vor und ergriff Kyus Hand um sie zu schütteln. Irgendwie war der Junge ein wenig überrumpelt worden...
"Äh, freut mich...", er entriss ihr sprachlos seine Hand und versuchte sich wieder mehr auf die Aufgabe zu konzentrieren. Das Mädel war ein wenig aufgedreht... Irgendwie amüsant! "Sag mal... Weißt du zufällig, wo der Lehrer hier normalerweise Unterricht hätte?"
Soraya nickte und deutete dann auf die Tür hinter ihm. "Direkt dort. Dein Freund ist da auch schon drin und kämpft gegen das Viech!"
"Okay, danke. Bring du dich in Sicherheit, ich übernehme jetzt."
"Viel Glück, Alter!", dann stand das Mädchen auf und kletterte über die ganzen Spinde. Kyu wartete noch eben, bis sie auch weg war. 
"Ich mag Soraya", meinte Bomby kichernd. "Sie ist nett."
"Ja, das stimmt", nett war sie, ja. Und es war mutig, dass sie bei dem Lehrer geblieben war. "Dann wollen wir mal..."

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