35 - Baronit

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*Einige Tage vor den ganzen Ereignissen...*

Die Uhr schlug gerade vier. Für Gideon damit endlich Zeit seine Sachen zu packen, dieses langweilige vom Sommer überhitzte Büro zu verlassen und nach Hause zu gehen. Es war nicht unbedingt spannender Zuhause, dort hatte er zumindest seine Ruhe und konnte sich voll und ganz auf seine Hobbies konzentrieren. Selbst wenn ihm dafür nicht allzu viel Zeit bleiben würde.
Es war bereits Mittwoch und seine Nichte Kira würde über das Wochenende vorbeikommen, da sie gern auf ein Konzert in der Stadt gehen würde. Seit sie weggezogen war, hatte er sie kaum noch gesehen. Eigentlich gar nicht mehr.
Ihr Besuch musste einfach perfekt werden, und ihm blieb nicht mehr allzu viel Zeit, um das Haus aufzuräumen und das Gästezimmer auf Vordermann zu bringen. Leider waren seine vier Wände ein pures Chaos, selbst für einen Schrottsammler. Daher hatte er sich Urlaub genommen für die nächsten zwei Tage, damit er zumindest einen kleinen Teil hinkriegen konnte.

Er verließ sein Büro, schloss hinter sich die Tür ab und atmete erleichtert durch. Endlich war der Tag vorbei. Endlich konnte er mal wieder so richtig ausschlafen! Was für ein schönes Gefühl es doch sein konnte, eine Tür zu verschließen, dahinter all die harte Arbeit.
Er konnte es kaum erwarten, einfach in sein Auto zu steigen und nach Hause zu fahren. Bereits während er durch den Gang lief, kramte er die Autoschlüssel aus seiner Tasche. Doch dann folgte ein "Hey, warte kurz!" seines Bosses. Es reichte, um seine Laune zu zerschmettern...
Wie eingefroren blieb er mit den Füßen auf dem gräulichen Boden stehen. Als staute sich seine Wut zurück, drehte er sich in dem schmalen Gang um und sah einem Mann mit Gehstock ins Gesicht, graue Haare, grauer Bart. Eigentlich ein netter Mann. Kam nur immer im falschen Moment.
"Mr. Torres", spie Gideon mit zusammengepressten Zähnen aus und drehte sich um, wie immer seine stolze Miene auf dem Gesicht tragend, natürlich aufgezwungen. "Wie kann ich Ihnen helfen?"
Elmar Torres war der Leiter des Unternehmens, der Avido Corps, einem Weltweit bekanntem Unternehmen, Standsitz genau hier, in Metraville. Und natürlich befand sich das gigantische Gelände genau im Herzen der Stadt.
"Hey, Gideon", Torres rümpfte sich die Nase und hinkte zu ihm. Anstatt seinem Mitarbeiter in die Augen zu schauen, sah er zu einer großen Stahltür. "Tut mir leid, wenn ich dich jetzt noch aufhalte, aber es ist wichtig."
"Oh, wirklich?", das sagte er immer, wenn er was wollte... Das kannte Gideon mittlerweile viel zu gut.

"Erinnerst du dich noch an das Projekt mit diesem neuen Metall, welches wir einmal gefunden haben?"
"Sie meinen das Baronit?", versicherte sich Gideon, bevor sie von zwei verschiedenen Dingen sprachen. Es war wirklich eine Sensation als man dieses schwarze Eisen vor ein paar Monaten zum ersten Mal fand. So gut wie niemand wusste, was es war. Doch man merkte schnell, dass es robuster war als alle anderen Metalle, die man bisher kannte. Besonders auffallend waren die gelben pulsierenden Adern, die sich durch das Metall fraßen. Wie die Tunnel eines Ameisenhügels unter der Erde. Bis man es etwas mehr erforscht hatte, wollte man dessen Existenz vor der Welt vertuschen. Und dies war noch heute der Stand. "Ich habe tatsächlich heute morgen die neuesten Berichte gelesen, die man bereitgestellt hatte. Wie geht es Charlie?"

Als Gideon den Namen erwähnte, legte Torres eine sehr besorgte und niedergeschlagene Miene auf.
"Nun, was Charlie betrifft...", sofort kam der Mann ins Stocken. Charlie ist doch nicht etwa tot? Das hätte er nicht verdient. Charlie war Gideons Lieblingskollege, sowohl auf der Arbeit als auch Privat. Wenn ihm etwas zustoßen würde... "Wir haben da eine Entdeckung gemacht... Ich denke, du solltest es dir selbst anschauen..."
"Die Adern in dem Baronit besitzen eine äußerst hohe Menge an Energie, wenn ich richtig verstanden habe", zitierte Gideon einen der letzten und neuesten Berichte und schluckte. Und zwar aus Furcht. "Angeblich sei es dazu in der Lage, Veränderungen am Körper durchzuführen, sollte es in ihn geraten."
"Nicht nur das...", nervös knibbelte Torres an dem Kopf seines Gehstocks herum, während er Gideon zu der großen Tür führte. Die Anspannung im Gesicht seines Chefs, diese Nervosität... Das hatte er noch nie bei ihm gesehen! Nicht in all den Jahren. "Nur ein bisschen des Baronits reicht bereits aus, jemandem übermenschliche Fähigkeiten zu verleihen."
"Übermenschliche Fähigkeiten?", Gideon musste lachen. "Sie machen Witze..."
"So gerne ich das sagen würde, dies ist kein Scherz... Aber das ist nicht alles. Das Baronit wirkt wie eine Droge. Wer auch nur einen Teelöffel konsumiert, der ist abhängig, und hierbei gibt es keine Möglichkeit, den Körper zu reinigen. Er wird immer mehr brauchen! Und diese Macht, die die Person dabei erhält, das ist..."
"... wie aus einem Heldencomic vorgelesen?", Gideon verdrehte die Augen. Das war doch nur reine Zeitverschwendung! Mit schüttelndem Kopf drehte er sich wieder um, machte sich wieder dazu bereit, abzuhauen. "Hören sie, meine Nichte kommt dieses Wochenende nach Metraville. Ich habe noch einiges zu erledigen."

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