36 - Deathbite

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"Hallo?", Mack lauschte der rauschenden Stille um ihm herum, dem absoluten Nichts. Es war dunkel, kalt und feucht an diesem Ort, nur eine spärlich brennende Öllampe neben seinem Bett schenkte ihm etwas Licht. Leider ging von ihr nicht der geringste Funken an Wärme ab. Zumindest spürte er keine.
Sein Blick wanderte durch den vermoderten Raum. Bäume schlugen ihre Wurzeln durch eine mit Eisenstangen verschlossene Öffnung in der Wand. Nicht einmal der geringste Lichtstrahl kam hindurch.
Dieses gigantische, royale Bett auf dem er lag. Eine kleine, schäbige Holzkommode mit einem kleinen, zerbrochenen Spiegel. Direkt neben der Kommode eine zwei Meter hohe Pendeluhr, welche sekündlich Tickte. Das vergoldete Pendel schwang hin und her, im Takt des Sekundenzeigers.
Das war alles. Mehr besaß der Raum nicht.

Wo bin ich? Wieso bin ich hier?!
Ohne jegliche Kraft im Körper hievte er sich vom Bett und versuchte sich hinzustellen. Seine Beine fühlten sich an als könnten sie sein eigenes Körpergewicht nicht tragen können. Sein Kopf war vollkommen leer und schmerzte, denken war nicht.
Seine Augen brannten wie Feuer, die Zähne schmerzten fürchterlich und seine Hände waren unerträglich kalt, selbst für ihn selbst. Auch klar zu denken war schwierig, sein Kopf fühlte sich so leer an. Es war als hätte er schon immer Stimmen gehört, als hätte die Natur versucht zu ihm zu sprechen. Und plötzlich schwieg sie ihn an.
War das nur ein Fiebertraum? So wie die Bilder von diesem Vampir, den er zuletzt gesehen hatte, bevor er wieder eingeschlafen war. War es nur ein Hirngespinst?
Zumindest fühlte er sich als habe er Fieber. Er fühlte sich einfach nur krank. Ausgelaugt...

Angestrengt schlurfte er seinen Körper zu der Kommode und stützte sich dort ab. Klopfte sein Herz überhaupt noch? Denn so fühlte es sich nicht mehr an... Eher als befände sich ein Fremdkörper in ihm. Eine lodernde Flamme oder sowas.
Das ist nicht echt, Mack... Das ist nicht echt!
Als würde es ihm schwer fallen, warf er einen kurzen Blick in den Spiegel. Wieso schmerzte das Gucken bereits?!
"Was zum-", in dem Moment verdrehte sich sein Magen. Er gab sein Bestes, nicht loswürgen zu müssen, doch verhindern ließ es sich nicht.
Macks Haut war eingefallen und kreidebleich als habe seine Durchblutung angehalten. Zwei Spitze Fangzähne, wie die einer Schlange, wuchsen aus seinem Zahnfleisch, und die Augen waren glasig, blutunterlaufen. Die Stellen, wo Joeys Schüsse ihn trafen, waren noch immer offen und sahen entzündet aus, bluteten jedoch nicht mehr. Fühlte er sich deshalb so leer? War er vielleicht schon längst ausgeblutet? Nein, dann könnte er doch gar nicht leben...

Plötzlich zog ein furchtbares Stechen durch seine Adern bis in sein Herz. Schmerzen machten sich in ihm breit, die gerade so zusammengebrachte Kraft in seinen Beinen verließ ihn und brachte ihn so zum stürzen. Auf dem schmutzigen, schimmligen Teppichboden, krümmte er sich. Es war als würden sein Blut kochen. Als würde er innerlich brennen und jemand steche ihm mit einem Messer direkt ins Herz. Tränen liefen vor Angst über seine Wangen, sein Atem stockte vor Schmerzen.
"Was passiert hier?!", winselte er verzweifelt und zitterte, während die Schmerzen schlimmer wurden. Mit einer Hand wischte er sich die Tränen vom Gesicht. Sie waren so warm und so dick...
Als er auf seine Hand sah, bemerkte er etwas eigenartiges... Sie war rot. Nass und beinahe... Blut? Und es war frisch? Weinte er etwa Blut?!
Er fand keine Worte dafür, was gerade geschah. Er wollte einfach nur nach Hause und sein Leben genießen. Stattdessen fühlte er sich wie ein gefangener. Ein eingesperrter Zombie mit Schlangenzähnen und fehlender Thermorezeption, welcher gerade an einem Herzinfarkt erlitt. Ein Gefühl der Panik machte sich in ihm breit, und er stieß einen unkontrollierten Schrei aus. 

"Mack!", es war Joeys Stimme, die durch den Raum hallte. Zumindest dachte er, dass es so war. Schade, dass es dem Jungen keine Sicherheit verspüren zu gab.
Unmittelbar hinter ihm wurde eine knarzende Tür aufgerissen. Doch es interessierte ihn nicht. Nicht mehr... Er war ein Gefangener in seiner Schockstarre. Und so wie er sich gerade fühlte, war es ihm egal, ob man ihn umbringen würde oder nicht. "Mack, ist alles okay?!"
Tu nicht so als interessiert es dich, du mieser Verräter...
"Es ist wohl soweit", eine weitere Stimme erklang. Kratzig, männlich... Die Person wirkte so ruhig... Entspannt und doch furchteinflößend. So seelenlos wie Mack sich fühlte.
Der Junge spürte, wie sein Körper innerhalb weniger Sekunden den Boden verließ, obwohl ihn nichts berührte. Nahm er die Berührungen einfach nur nicht mehr war? Jedenfalls trug ihn etwas zurück ins Bett, wie eine stolze Mutter, die ihr frischgeborenes Kind in das Babybett brachte, damit es sein Nickerchen halten konnte.
Etwas drehte ihn auf die andere Seite, sodass er Joeys Gesicht sehen konnte. Und den Vampir von damals. Es war also kein Fiebertraum... Es war also alles die Realität, die ihn soeben folterte. Was hatte er nur verbrochen, um so gequält zu werden? Warum konnte er nicht einfach in Frieden ruhen? Ich will doch nur nach Hause...

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