25 - Das Schwimmbad

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"Was war denn da draußen los, Kei?!", fragte Dennis, der in derselben Schicht wie Kei als Koch arbeitete.
Kei war erst seit wenigen Tagen der Kellner. Eigentlich hatte er keine große Lust auf diesen Beruf, doch er benötigte das Geld dringend. Wie sich herausstellte, was das Leben auf der Straße alles andere als einfach. Man hatte nichts richtiges zu Essen, nichts zu Trinken, und jetzt wo es in den Nächten etwas abkühlte, mussten sie auch zusehen, wie sie sich wärmen konnten. Mittlerweile wohnten sie in einer selbstgebauten, kleinen Hütte in den Tiefen eines Waldes, wo niemand sie finden konnte (hoffentlich). Aber dank Keis Job hatten sie wenigstens genug Geld zusammenkratzen können, um sich was richtiges zu Essen leisten zu können.
In der Zeit, wo er arbeiten war, erkundete Eleysa die Stadt und sorgte für die Einkäufe. So hatten sie eine gute Balance für ein gesundes gemeinsames Leben gefunden, bis auch sie einen Job gefunden hatte.
"Da waren so drei Idioten, die mich schikanieren wollten", sagte er und ging zum Erste-Hilfe-Kasten, welcher sich neben einem Notausgang befand. Seine Wunden brannten höllisch. Und er wollte nicht noch mehr Sandspuren hinter sich herziehen als er bereits tat.
"Scheiße Mann, alles gut?", fragte Dennis und schlug sein Messer durch eine Zwiebel. Dabei verfolgt sein Blick aber den verwundeten Artemier.

„Ja, ich blute nur", in Keis Stimme schwang eine große Menge Sarkasmus mit. "Mal im Ernst, wenn du das alles gehört hast, warum bist du mir nicht helfen gekommen? Oder zumindest mal nachschauen ob alles okay ist?"
"Was, wenn die Bratkartoffeln anbrennen?", scherzte Dennis und zeigte mit dem Finger zum Herd, wo eine Gusseisenpfanne stand, in der frische Bratkartoffeln brutzelten. "Sorry, ich hätte wirklich helfen sollen..."
"Was soll's?", behutsam legte der Kellner ein Verband an und fixierte es. "Im Endeffekt hat mir so ein Mädel geholfen, das scheinbar dicke ist mit der Chefin."
"Amika?", fragte Dennis. Kei staunte. 
"Du kennst sie also?"
"Ja, die beste Freundin von Kyu, also Mrs. Greys Tochter", erklärte er. "Du kannst mir erzählen, was du willst, der Kerl ist in sie verschossen."
Kyu ist also Anjas Tochter?! Wow, was für ein Zufall! Kei und Eleysa waren auf der Suche nach Kyu und Amika. Und jetzt fand er heraus, dass er für Kyus Mutter arbeitete?! Na wenn das nicht mal Schicksal war...

Aber etwas war ihm nicht ganz klar. Es hieß, Amika und Kyu seien furchtbare Menschen. Sie würden sich nicht um andere kümmern und nur an sich selbst denken, so meinte es jedenfalls Eleysa.
Amikas Hilfeaktion überzeugte ihn eher vom Gegenteil. Sie schlug sich mit einem Idioten rum, nur weil er  attackiert wurde. Sie hätte sich genauso gut wie die anderen raushalten können... Täuschte sich Eleysa vielleicht in ihr?

Nein! Nein, Eleysa täuschte sich bestimmt nicht in ihr! Wahrscheinlich war Amika einfach nur so gewesen, weil noch andere Menschen um sie herum waren. Deshalb wollte sie vielleicht die Heldin spielen, um gut anzukommen.
Mit einer gewissen Unsicherheit betrachtete er sich im beschlagenen Spiegel, der über einem Waschbecken hing. Keiner sonst half ihm in dem Restaurant. Vermutlich gaukelte sie ihm ja wirklich nur etwas vor! Menschen sind fürchterlich!

***

"Wo bringst du mich hin?", fragte Amika als Mack sie durch ein verlassenes Schwimmbad führte.
"Ist ein Geheimnis", behauptete er stolz und führte sie weiter durch das Gebäude. "Aber es ist verdammt cool!"
Amika überkam das Gefühl von Ekel. An den Wänden hatte sich Schimmel gebildet, ranken und Moos verteilten überall, wo es möglich war. Gras spross zwischen den alten, verkalkten Fliesen hervor und in der Luft lag ein ekelhafter, feuchter Gestank, der nach einer Mischung von Wald und Chlor roch. 
Als die beiden an den alten Schwimmbecken entlang liefen, konnte Amika Graffitispuren sehen, die von anderen Besuchern gemacht worden sind. Vor ihren Augen konnte sie es noch immer sehen. Die Familien, die mit ihren Kindern gemeinsam Schwimmen gegangen waren, um ihnen das Schwimmen beizubringen. Die Sportler, die einfach ihrer Routine folgten. Auf einem Plakat an der alten Theke hatte sie einen Flyer gesehen, auf dem Stand '50% RABATT bis zum 14.09.2004, BEVOR WIR UNSERE TÜREN SCHLIEßEN!'
Scheinbar war dies der letzte Tag, an welchem das Schwimmbad geöffnet hatte. Vor etwa 14 Jahren... Wow. Und noch immer spürte sie das Leben, welches hier einst existierte, obwohl sie nie hier war.

Bereits vor wenigen Tagen zeigte Joey dem Jungen sein Versteck. Aber irgendwas war faul. Warum sollte Joey ihm direkt sein Versteck zeigen?! Vertrauen zu Mack konnte es nicht sein. Auch wenn er sich ein wenig um ihn zu kümmern schien... Andersherum konnte allerdings kein Vertrauen aufgebaut werden.
Ehrlich gesagt hatte er ein ziemlich schlechtes Gewissen dabei sie herzubringen. Joey war Gott sei Dank nicht da – Jedenfalls schien es so. Und er meinte, dass er Tagsüber arbeitete. Wo auch immer er arbeitete, man musste ihn doch erkennen! Das Gesicht erkannte doch jeder. Und man musste schon hinter dem Mond leben, wenn man seinen Namen in Metraville nicht kannte. Joey war mittlerweile so etwas wie Freddy Krüger. Ein Serienmörder, den jeder kannte. Nur war er nicht fiktiv.

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