6 - Schuleinbruch

245 50 132
                                    

Und da standen die beiden Brüder vor den verschlossenen Türen der Schule in ihrer Kleidung, die sie sich zuhause auf die Schnelle zusammensuchten. Die nächtliche Sommerluft wehte an ihnen vorbei und trug den Klang von Polizeisirenen mit sich. Seit der Explosion waren ständig Polizeiautos auf den Straßen unterwegs. Weshalb genau wussten sie jedoch nicht.
Kyu hatte bei der ganzen Sache ein sehr ungutes Gefühl, während Steven es vor Aufregung kaum erwarten konnte. Was, wenn einer der Streifenwagen nun an ihnen vorbeifahren würde? In diesen Fetzen würde man die beiden sofort unter Verdacht stellen.
Nun, genau genommen wollten sie ja auch ins Gebäude einbrechen. Doch würde das rauskommen, würden die beiden von der Schule fliegen!

"Bro, das wird sowas von in die Hose gehen!", wies Kyu ihn noch einmal darauf hin, in der Hoffnung, dass Steven vielleicht noch seine Meinung änderte. Diese Hoffnung starb jedoch als Steven seinen Rubin aus der Hosentasche zog und ihn mit einem diabolischen Lachen vor seine Brust hielt.
"Das wird schon gut gehen... Denk dran, ich habe schließlich auch das hier!", stolz hielt der Junge den rotschimmernden Edelstein vor Kyu, der nur einen genervten Seufzer ausstieß. Kyu hatte nicht mit ansehen können, wie sich dieser Rubin zu einem Schwert verwandelte, so wie Steven und Bomby behaupteten. Und es klang in seinen Ohren nach absolutem Schwachsinn.
"Lass es gut sein, Steven", er glaubte einfach nicht, was Steven da erzählte. Wie sollte so ein kleiner Kristall zu einem Schwert aus Feuer werden?! Das ergab überhaupt keinen Sinn!

"Warte ab...", forderte sein Bruder ihn auf und schloss die Augen. Er versuchte das gleiche zu tun, was er bereits am Tag machte. Wie hatte er diesen Trigger bloß ausgelöst..? Er war sich nicht sicher, aber diese angenehme Wärme, die der Kristall auslöste, sie fühlte sich so... Besonders an. Als würde sie seinen Körper durchfließen wie Blut durch seine Adern strömte. Zwischen seinen Fingern glimmerte ein rotes Licht. Verwundert kniff Kyu seine Augen zusammen und betrachtete Stevens Hand. 
"Da kommt es, Kyu, da kommt es!", quiekte Bomby in seinem Kopf wie die Stimme eines kleinen, nervtötenden Mädchens, das sich über ihr Weihnachtsgeschenk freute.
Und da passierte es. Die lange, breite Feuerschwade schoss zwischen Stevens Zeigefinger und dem Daumen heraus sowie ein schwarzer Griff seine Handfläche füllte und die Faust auf zwanghafte Weise aufdrückte. 
"Warte, das-", voller erstaunen kam aus Kyus Mund kein Wort mehr heraus. Nur noch die verzweifelten, quiekenden Töne, da ihm der Atem stockte.

Wie kann das sein?!
"Na, Bro? Erstaunt über mein tolles Schwert?", gab Steven mit seinem typischen Grinsen an und trat näher an das Schloss heran.
Kyu antwortete nur mit einem leisen "Tz". Auch wenn er tatsächlich erstaunt war - und ein wenig neidisch - er wollte es nur nicht zugeben. Natürlich, so ein Schwert hätte doch jeder gerne! Er jedenfalls schon... Aber wie war das möglich?!
"Denkst du, du kannst das Schloss mit deinem Schwert schmelzen?", fragte Kyu seinen jüngeren Bruder als er sich etwas beruhigte und stellte sich etwas abseits von Steven, der das Schloss wie ein Profi inspizierte. Steven legte eine Hand auf die schwere Tür aus Aluminium und gab ihr einen leichten Schubser. Erstaunlicherweise öffnete sie sich sogar mit dem Schleifgeräusch, welches die Tür immer machte.
Damals als sie neu auf der Schule waren, hatte Mack immer Angst vor dem quietschen der Türe. Es war schockierend, wenn man bedachte, dass es nach fünf Jahren nicht behoben wurde.

Aber warum war die Tür nicht abgeschlossen? So konnte wirklich jeder das Gebäude betreten, und das wann immer man wollte. Hatte ein Lehrer vergessen, die Tür abzuschließen? Irgendwie bezweifelte Kyu das ziemlich stark. Doch solange sie niemandem begegneten, war das doch nur ein Vorteil für das Trio. So mussten sie nicht die geringsten Spuren hinterlassen!
"Rein da!", kommandierte Steven sofort und spazierte sorglos in das Schulgebäude hinein.
Wieso war sich Kyu nur so unsicher bei der Sache? Warum war die Tür einfach offen? Was, wenn tatsächlich noch ein Lehrer oder ein Hausmeister dort war? Die beiden hätten sich sofort eine neue Schule suchen können, wenn die beiden erwischt wurden... Und ihre Eltern hatten nach der Sache mit Jessy und Rodrick sowieso schon keine Nerven mehr für so etwas. Daher stellte Kyu sich bereits auf lebenslangen Hausarrest ein, denn für mehr Ärger hatte auch er nicht mehr die Nerven. Dieses Wochenende war einfach zu viel, und er war heilfroh, wenn es endlich vorbei war. Wahrscheinlich war er der einzige Schüler auf diesem Planeten, der das dachte. Doch das war ihm egal.

World of Living ArtWhere stories live. Discover now