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Amara

"Lass mich runter, bitte.", keuche ich atemlos.
Er drückt absichtlich noch fester zu, sodass ich mich genötigt sehe, sein Handgelenk noch fester zu umgreifen. Wieder bahnen sich die Tränen ihren Weg aus meinen Augenwinkeln über meine Wangen, aber diesmal bin ich mir sicher, dass meine Augen feucht werden, weil mir die Luft ausgeht.

"Bitte!", weine ich atemlos.
Meine Stimme ist extrem hoch, weil mir die Luft fehlt.

Abrupt lässt er mich fallen und schaut zu, wie ich erbärmlich und nach Luft schnappend vor seinen Füßen auf der feuchten Erde lande.

"Steh auf!", herrscht er mich unfreundlich an.
Er kommt einen Schritt näher und streckt seinen Arm nach mir aus, weshalb ich hektisch zurück rutsche, bis mein Rücken gegen den Baumstamm knallt.

"Nicht!", rufe ich verzweifelt.
Er zögert kurz und zieht dann doch seine Hand wieder zurück.
Zuerst hocke ich mich auf meine Knie, während ich immer noch husten muss, weil mein Hals trocken ist und meine Kehle brennt. 

Jeder Atemzug tut weh.

Langsam stelle ich mich auf meine Füße und drücke mich mit einer Hand am Baum hinter mir hoch.
Der Unbekannte sagt nichts, sondern beobachtet mich nur mit Adleraugen. 
Währenddessen hat er seine Hände lässig in seiner weichen Anzughose vergraben und sieht von oben auf mich herab.
Den Spott in seinem Blick, den Genuss, den er verspürt, wenn ich so hilflos vor ihm im Dreck liege und nach Luft schnappe, kann er nicht verstecken. 

"Komm jetzt, ich will hier schließlich nicht übernachten müssen.", fordert er mich auf endlich loszulaufen.
Langsam trotte ich hinter ihm her - noch immer geht mein Atem schwer.

Auf dem Weg zu seinem Auto wird mir schwindelig.
So schwindelig, dass ich nur noch helle Punkte vor mir sehe.
Fast blind versuche ich mich am Auto festzuhalten, doch als die hellen Punkte von schwarzen, größeren Punkten überschattet werden, die schließlich alles ausfüllen, sinke ich vor dem Auto auf den Boden.

Ich sehe nichts mehr. 

Mein Rücken berührt den aufgeheizten Lack des Autos und ich schließe hustend meine Augen in der Hoffnung das es aufhört. 

Doch das tut es nicht.

Ein unfassbar lautes Piepen ertönt in meinen Augen, weshalb ich meine Ohren vor Schmerzen zuhalte und förmlich hyperventiliere. Hilflos kneife ich die Augen zusammen und bete, dass es aufhört. 

Wie kann ein Mensch nur so grausam sein?!

Nur gedämpft höre ich seine langsamen Schritte näher kommen und sofort reagiert mein Körper mit einem Zittern, dass sich von meinen Händen über meinen ganze Körper ausbreitet.

"Was hast du?", höre ich ihn fragen, nachdem er vor mir zum stehen gekommen ist.

"Geht gleich wieder.", versuche ich ihn abzuwimmeln, obwohl ich das Gefühl habe, meinen Verstand zu verlieren. 

Gerade als ich langsam wieder etwas sehen kann, erkenne ich seine Hände, die mich hochheben wollen, sodass ich mich gerade noch rechtzeitig von ihm wegschieben kann.
"Fass mich nicht an!", rufe ich ängstlich und hebe meine Hand schützend vor meinen Körper.

 Mein Kopf schmerzt höllisch und von meiner Schulter will ich gar nicht erst anfangen.

"Bitte.", flüstere ich jetzt etwas ruhiger, weil ich mich an seine Worte erinnere. 

Ich soll aufpassen, wie ich mit ihm rede.

"Dann steh auf und setzt dich ins Auto.", wird er ungeduldig.
Ich höre, wie er die Autotür öffnet und anschließend, entgegen meiner Bitte,  ins Auto hebt.  Wieder kreische ich panisch auf und versuche seine Hände von meiner Haut abzustreifen, weil sie sich ekelig anfühlen. 

AmaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt