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Miguel

"Miguel, lass mich runter!", kichert sie leise, da ich sie noch immer trage.
Ich habe einfach keine Lust auf Sand in meinem Auto, daher trage ich sie lieber.

Nur deshalb.

Ich öffne die Autotür und setze sie ins Auto. "Anschnallen kannst du dich selber, oder?", witzel ich und schlage die Tür zu.

"Witzig.", brummt sie, als ich mich auch ins Auto setze.
"Wirklich", ärgere ich sie.

Dann fahren wir weiter in Richtung Culiacán. Da wir noch gut 6 Stunden vor uns haben, trete ich das Gaspedal etwas fester.
Langsam geht mir diese Fahrerei auf die Eier.

"Ich kann auch fahren, wenn du dich ausruhen willst", bietet Amara mir an.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.

"Du weißt doch gar nicht wo wir hin müssen.", skeptisch schaue ich zu ihr rüber.

Sie zuckt mit den Schultern.
"Culiacán werde ich ja wohl noch finden. Ich kann dir ja kurz vorher Bescheid geben, den Rest kannst du dann fahren.", schlägt sie vor.

"Aber nur, wenn du meinen Wagen nicht kaputt fährst!", stimme ich ihrem Vorschlag zu.
Sie schmunzelt zwar, richtig antworten tut sie jedoch nicht.

Am nächsten Rastplatz halte ich an und wir tauschen die Plätze.

"Du darfst maximal 100 auf der Autobahn fahren, klar? Ich will keinen Strafzettel kriegen.", warne ich sie, dass sie besser aufpasst.

"Erzähl mir nicht, dass du hier überhaupt was bezahlen musst! Wenn doch, dann machst du etwas gewaltig falsch.", lacht sie mich aus.

"Fahr jetzt los.", gehe ich nicht auf ihre Provokation ein.
Tatsächlich fährt sie relativ gut.
Nicht, dass ich dachte, dass sie kein Auto fahren kann, sondern, weil das Auto für sie komplett neu ist. Zudem ist es nicht gerade klein, dennoch meistert sie es.

Nach einer Weile mache ich die Augen zu, auch, wenn ich ihr noch immer nicht ganz vertraue. Sie könnte bei der nächsten Ausfahrt einfach drehen und zurück nach Amerika fahren oder mich einfach irgendwo hinfahren, ohne dass ich es merke.

"Du weißt, keine Spiele!", flüstere ich ihr entgegen und lege die Waffe auf meinen Schoß.

Sie hebt kurz beide Hände.
"Keine Spielchen", versichert sie mir. Mir entgeht nicht, dass sie unsicher ist, weil die Waffe auf meinem Schoß liegt und meine hat das schwarze Teil fest umschließt.
"Fahr einfach und tu was ich dir sage, dann passiert dir nichts."

"Du vertraust mir nicht.", antwortet sie enttäuscht.

Ich schnaube belustigt.
"Sicher nicht. Was hast du erwartet?"
Belustigt schaue ich sie an.

"Wenn ich abhauen wollte, dann hätte ich das in San Diego tun können. Ich hätte dich sogar erschießen können, wenn ich gewollt hätte.", meckert sie.

Ich grinse.
"Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass du dich das nie getraut hättest."

"Schwachsinn, wenn ich es gewollt hätte, dann hätte ich es getan.", leugnet sie meine Aussage.

"Halt jetzt den Rand und fahr einfach dieses Auto nach Culiacán.", beende ich das Ganze.

13.12 Uhr

Irgendwie muss ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwache, steht der Wagen vor einer leeren Tankstelle.
Amara sitzt nicht mehr auf dem Fahrersitz.

"Verfluchte Scheiße!", fluche ich und steige aus. Die Waffe liegt in meiner rechten Hand.

Ich hab es gewusst. Bestimmt ist sie bei irgendeinem Typ ins Auto gestiegen und dann abgehauen.

Ich gehe um die Tankstelle und sehe ein Mädchen mit blonden Haaren auf einer Bank in der Sonne sitzen.

Amara.

Ich greife von hinten um ihre Taille und ziehe sie an mich ran. Die Waffe drücke ich an ihre Schläfe.

Sie kreischt.

"Ich hab verdammt nochmal gesagt keine Spielchen!", brülle ich ihr wütend ins Ohr.

"Ich sitze doch hier einfach nur!", verteidigt sie sich.

"Du wolltest abhauen, du kleine Göre!", unterstelle ich ihr.

"Verdammt lass mich los, ich warte auf unser Essen!", wild zappelt sie in meinen Armen.

Essen?

Ich lasse sie los, nur um sie danach an die weiße Wand der Tankstelle zu drücken.

"Lüg mich nicht an!"
Ich fasse nach ihrem Kinn.
Schmerzverzehrt kneift sie die Augen zusammen.
Ihr Atem geht schwer und Tränen laufen ihr aus den Augenwinkeln und bahnen sich den Weg über ihre weichen Wangen.

"Miguel, es ist 13 Uhr, ich hab uns essen geholt, wirklich. Dein Kaffee dauert nur etwas länger, deshalb habe ich hier draußen gewartet!", erklärt sie sich, doch ich glaube ihr kein Wort.

Als dann auch noch die Bullen auf den Rastplatz fahren, kann ich mich nicht mehr kontrollieren. Ich schleife sie zum Auto und drücke sie auf den Sitz. Schmerzhaft schreit sie auf, als ich ihr mit der Waffe feste gegen die Schläfe schlage. Als sie dann langsam ohnmächtig wird, schnalle ich sie an und fessel sie mit den Kabelbindern an die Autotür.

Dann zünde ich mir eine Kippe an.

"Señor? Haben sie das junge Mädchen von vorhin gesehen? Sie wollte draußen warten, doch jetzt ist sie nicht mehr da. Ich hab ihre Bestellung.", hält mir ein Mitarbeiter der Tankstelle eine braune Papiertüte vor die Nase. In der anderen Hand hält er einen Kaffeebecher.

"Señor?", spricht er mich erneut an, weil ich nicht geantwortet habe.

"Ja, das ist meine Freundin, sie war müde, deshalb habe ich sie ins Auto gebracht. Danke.", lüge ich ihn an und nehme ihm die Sachen ab.

Skeptisch nickt er und verabschiedet sich dann. Ich stelle die Sachen auf dem glühenden Autodach ab und stütze mich dann mit den Armen gegen das Auto.
"Scheiße!", fluche ich und werfe die Zigarette auf den Boden. Einen Moment schaue ich der glühenden Asche zu, wie sie langsam verdampft.

"Señor Jimenez! Sie sind wieder in Lande!", begrüßt mich jemand.
Ich drehe mich um.
Ein Polizist.

"Sieht so aus.", erwidere ich unfreundlich und mustere ihn und seinen Kollegen.
"Diesmal in Begleitung, wie ich sehe.", schaut er kurz ins Auto.

"Nehmen sie ihre Augen von meiner Frau!", fauche ich ihn an und stelle mich vor das Fenster. Was glaubt er, wer er ist, dass er so einfach in mein Auto schauen kann und dann auch noch seine dreckigen Augen auf Amara legen darf?

"Ich wusste nicht, dass sie geheiratet haben, Glückwunsch.", lächelt mich jetzt der andere an.

"Danke.", brumme ich.
"Ich muss jetzt los, hab noch 'nen Termin. Bis dann.", mache ich den Polizisten klar, dass sie mich jetzt in Ruhe lassen sollen.

"¡Adios, Señor!", verabschieden sie sich und gehen dann in die Tankstelle.
Es ist immer das Gleiche.
Die Bullen hier sind stolz darauf, wenn sie korrupt sind, dabei ist es für die Bevölkerung und die Justiz eine Schande.

Als sie in der Tankstelle verschwinden, nehme ich das Essen und den Kaffee vom Dach und gehe ums Auto herum.

AmaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt