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Miguel

Ich bin zufrieden, als ich sehe, dass sie den Burrito endlich aufgegessen hat.

"Willst du noch was trinken?", biete ich ihr mein Wasser an.
Sie nimmt es mir aus der Hand und öffnet den Deckel.
In der Zeit starte ich den Wagen und reihe mich wieder in den Verkehr ein.

"Wir sind in knapp 2 Stunden da.", informiere ich sie.

"Dann hole ich dir einen Arzt, einverstanden?", versuche ich etwas aus ihr raus zu kriegen.
Sie soll etwas was sagen, sie soll mit mir reden. Irgendwas soll sie machen, nur nicht schweigen.

"Warum hast du das getan?", haucht sie.
Anara schaut aus dem Seitenfenster auf die trockenen Felder und ich erkenne die Tränen in ihren Augen.

Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.
Ich weiß es ja selber nicht mal.

Sie schnauft leise, als ich ihr keine Antwort geben kann.
Es ist das erste Mal, dass ich sprachlos bin und nicht weiß, was ich sagen soll.

"Ich hab angefangen dir zu vertrauen. Obwohl du so bist und du diesen Beruf hast, habe ich nicht gedacht, dass du mich schlagen würdest. Doch du hast es getan. Sogar mit deiner Waffe.", beginnt sie mit zittriger Stimme.

Es tut weh, als sie das ausspricht.

"Alle sagten mir, dass du noch niemanden so freundlich behandelt hast, wie mich und ich habe angefangen das zu glauben. Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst, aber damit bin ich klar gekommen. Das habe ich in Kauf genommen. Und ich weiß auch, dass ich von dir nichts erwarten kann. Aber damit hab ich trotzdem nicht gerechnet.", teilt sie mir ihre Gedanken mit.

Ich weiß immer noch nicht, was ich sagen soll.
Zwar öffne ich den Mund, schließe ihn jedoch kurz darauf wieder.

"Vielleicht ist es wirklich besser, wenn du jetzt einfach nichts sagst."
Sie rutscht enttäuscht tiefer in den Sitz und zieht etwas schwarzes aus ihrer Hosentasche.
"Hier, hab es gebraucht um Essen zu kaufen."
Ich erkenne mein Portemonnaie.

"Ich zahl dir das Geld zurück, wenn wir wieder in Amerika sind.", fügt sie noch hinzu.
Ich umfasse das Lenkrad fester, sodass meine Fingerknöchel weiß werden.
Ich kann es nicht haben, wenn sie so distanziert mit mir spricht. Sie soll mich anschauen, lachen, Dinge erzählen.
Mir das Gefühl geben, dass sie mich mag.

"Du brauchst mir das Geld nicht zurück zahlen", ist das einzige was ich sagen kann, doch sie antwortet mir nicht mehr.

17.43 Uhr

Als wir über einen Schotterweg fahren und sich mein Anwesen hinten den hohen Bäumen zeigt, wird sie neugierig. Sie richtet sich auf und fährt sich müde durch die blonden Haare.
Mit ihren Augen verfolgt sie alles ganz genau.
Wie das große schwarze Tor geöffnet wird, wie die Männer mit großen Waffen vor dem Haus stehen.

"Bleib kurz sitzen.", teile ich ihr mit und steige aus dem Wagen aus.
Paulo kommt grinsend auf mich zu.

"Endlich!", schlägt er mit mir ein.
Ich ziehe ihn in eine brüderliche Umarmung und klopfe ihm auf den Rücken.
Paulo ist mein Cousin und arbeitet mit mir und meinem Bruder zusammen. Er passt auf das Haus auf, während ich in Amerika bin.

"Man erzählt du kommst in Begleitung einer schönen Frau?", zieht er auffordernd die Augenbrauen hoch.
Ich muss mir ein Lächeln verkneifen.

"Das erzählt man also?", ärgere ich ihn. Er rollt mit den Augen.
"Ist sie dadrin?", deutet er auf den Jaguar und geht auf diesen zu.
"Paulo!", zische ich und will ihn aufhalten, doch er hat die Tür bereits geöffnet.

Amara

Ein großer Kerl kommt auf das Auto zu und reißt schwungvoll die Tür auf.
"Paulo, wehe du packst sie mit deinen dreckigen Fingern an!", mault Miguel während er eilig hinter dem Fremden her geht

"¡Hola mi hermosa! Me llamo Paulo!", reicht er mir die Hand und zieht mich aus dem Wagen.
Sachte küsst er meinen Handrücken.

"Amara", stelle ich mich vor.
"Amara... das ist kein typisch amerikanischer Name", runzelt er die Stirn.

"Ich komme-"

"Das reicht!", unterbricht uns Miguel, bevor ich deinem Bekannten erklären kann, dass ich aus Mexiko stamme.
"Amara komm mit. Und Paulo, tu was nützliches und bring die Tasche ins Haus.", weist Miguel ihn zurecht und schiebt mich dann am Rücken ins Haus. Ich schaue mir die Leute in den schwarzen Anzügen genauer an.
Sie haben einen kleinen Knopf im Ohr und tragen Sonnenbrillen.

Niemand schaut mich an.

Die Eingangshalle ist groß, wie ich erwartet hatte. Auch hier glänzt alles, wie in Amerika.

"Hier ist dein Zimmer. Das Bad ist da durch die Tür durch. Geh ruhig duschen. Wir essen, wenn ich wieder da bin. Vorher verlässt du das Zimmer bitte nicht.", teilt er mir mit und verschwindet dann sofort wieder.

Wenn ich wieder da bin? 
Was soll das heißen?
Und hat er gerade zum ersten Mal bitte gesagt?

Außerdem wollte er mir einen Arzt holen.

Ich sehe mich ein wenig um.
Das Zimmer ist groß, die Wände sind in einem hellen grau gestrichen.
Das große Bett steht links von mir. Eine große Glaswand trennt den Balkon vom Zimmer und rechts neben mir ist eine kleine Tür, die anscheinend zum Bad führt.

Ich öffne einen der Wandschränke.
Miguel hat fast nur Anzüge.
Vorsichtig streiche ich über das teure, seidige Material. Seine Jacketts hängen etwas weiter links. Er zieht sie selten an, dass ist mir bereits aufgefallen. Meistens trägt er nur eine Anzughose und ein weißes oder schwarzes Hemd.
Nicht zu vergessen, seine dicke Uhr am Handgelenk. Dann seinen Ring und ein kleines silbernes Armband.

Es klopft an der Tür.

Schnell schließe ich den Wandschrank und stelle mich wie angewurzelt hin.

"Ja?", frage ich vorsichtig.
"Mi hermosa, wie geht es dir?", tritt Paulo ins Zimmer.
Er lächelt leicht und ehrlich.
Normalerweise hätte ich Angst, wenn solche Kerle alleine in mein Zimmer kommen, aber bei Paulo ist das anders.

"Soll ich dir das Haus zeigen?" fragt er mich liebevoll.
"Also eigentlich darf ich gar nicht hier raus, meinte Miguel." lehne ich sein Angebot ab.

Ich habe wirklich keine Lust auf Ärger.

"Das kriegt er gar nicht mit. Los, komm!"
Er greift nach meiner Schulter und schiebt mich an sich vorbei in den breiten, kühlen Flur.

AmaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt