Kapitel 38

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Ich spürte, obwohl ich auf der Rückbank lag die ungeheure Druckwelle und die Hitze, die mit dem Einschlag der Bombe ein hergingen. Wie durch ein Wunder überschlug sich unser Auto nicht, sondern blieb stehen. Vorsichtig wagte ich einen Blick über die Vordersitze. Der ganze Hof war von schreienden brennenden Menschen übersäht. Sie rannten durcheinander, panisch, sterbend. Fassungslos starrte ich sie an. Meine Augen suchten unwillkürlich nach Simon. Lebte er noch? Lautlos begann ich zu flüstern. Ich war nie besonders gläubig gewesen, doch nun begann ich zu beten. Ich betete, dass mir das Schicksal und die Menschen, die mein Schicksal beeinflussten, mir nicht noch einen Freund wegnehmen würden. Meine letzte Verbindung zu Marc wegnehmen würden. Ich hörte Jason fluchen. Dann sagte er zu mir: "Mila, ich kann nicht mehr länger warten! Wir müssen hier weg!" Ich schluchzte einmal auf. "Nein, bitte...", jammerte ich, "Bitte, nur noch ein bisschen!" Obwohl ich wusste, dass ich mich nur an vermutlich vergebliche Hoffnungen klammerte, konnte ich nicht einfach aufgeben. Weiterhin streiften meine Augen über die brennenden Männer, auf der Suche nach Simon. Würde es mir helfen, ihn sterben zu sehen? "Ok, jetzt reicht es, Mila, wir müssen wirklich los!", schrie Jason mich an. Er drehte den Schlüssel und startete den Motor. Er legte gerade den Gang ein, als ich los schrie: "Stop! Jason, stop! Warte!" Durch den Rauch und die Flammen hinkte eine Person auf uns zu. Als er näher kam erkannte ich Simon. Erleichtert entfuhr mich schon wieder ein Schluchzen. Jason wollte gerade losfahren, stieg direkt vom Gas auf die Bremse und würgte den Wagen ab. Er fluchte. Ich stieß die Tür auf und half Simon auf den Rücksitz. Dann beugte ich mich über ihn und packte den Türgriff. In dem Moment, in dem ich die Tür zu zog, gab Jason Gas und das Auto machte einen Satz nach vorn. Erschöpft ließ ich mich gegen die Lehne sinken, während das Auto aus dem Tor schoss, wofür es die Schranke in der Mitte durch fuhr. Ich gestattete mir nur einen Moment Pause, dann wandte ich mich Simon zu. Aus meiner Sicht hatte es ihn schlimm erwischt, obwohl er zu manchen anderen Männern auf dem Hof wohl noch gut dran war. Sein Oberteil war komplett zerfetzt und seine Hose hing ihm in Streifen um die Beine. Sein Gesicht schien nicht sehr viel abbekommen zu haben, doch ich meinte, unter den Fetzen seines T-Shirts rote, verbrannte Haut zu sehen. Seinen Kopf hatte er erschöpft zur Seite sinken lassen. Behutsam zupfte ich einige Stofffetzen von seinem Oberkörper und zog scharf die Luft ein. Über den gesamten linken Oberkörper zogen sich rote Brandblasen. "Scheiße!", murmelte ich. "Jason", rief ich nach vorn, "wir müssen in einen Supermarkt! Schnell!" Jason rief irgendetwas zurück. Ich achtete nicht auf ihn, sondern versuchte, Simon zu beruhigen. Er war inzwischen bewusstlos geworden und ich versuchte, ihn an zuschnallen. Bei Jasons Tempo war das gar nicht so einfach. Ich wurde mehrmals auf Simon geschleudert, was ihn jedes mal aufstöhnen ließ. Schließlich schaffte ich es und das Klicken ertönte. Dann schnallte ich mich selber an und achtete zum ersten Mal auf den Weg. Wir fuhren gerade aus dem stillgelegten Industriegebiet in das neue Industriegebiet. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, was man gegen Verbrennungen tun konnte. Das einzige, was mir einfiel war kühlen. Verdammt, hätte ich doch in diesem blöden Erste Hilfe Kurs von der Schule besser aufgepasst. Jason fuhr auf einen Supermarktparkplatz und hielt an. Ich sprang aus dem Wagen. Dabei fiel mir ein, dass ich kein Geld hatte. "Jason, hast du Geld dabei?" Wenig später eilte ich durch den Aldi und suchte panisch nach den Notfallhilfekästen, die es immer gibt. Zum Glück fand ich schnell einen. Ich packte gleich zwei und lief zu den Regalen mit Getränken. Ich packte mir drei eisgekühlte Flaschen Wasser unter den Arm und lief zur Kasse. Schnell bezahlte ich und ignorierte die verwirrten Blicke der Kassiererin. Dann war ich wieder im Auto und Jason fuhr wieder los. Wir hielten schließlich kurz später auf irgendeinem verlassenen Parkplatz. Besorgt beugt ich mich über Simon, der immer noch bewusstlos war. Ich klappte den einen Kasten auf und holte ein paar Mullbinden heraus, die ich mit dem eiskalten Wasser tränkte. Dabei tropfte auch nicht gerade wenig auf die Rücksitze. Dann befreite ich Simons Oberkörper vollständig von seinem T-Shirt und wickelte die Mullbinden darum. Ich konnte nur hoffen, dass sie vielleicht etwas helfen würden. Ich kletterte auf den Beifahrersitz und beriet mich kurz mit Jason, wohin wir jetzt fahren sollten. Ich war für ein Krankenhaus, damit Simon ordentlich versorgt werden konnte. Jason war der Meinung, dass wir uns irgend woher Hilfe holen sollten. Vielleicht sogar von der Polizei. Schließlich fiel mir noch eine andere Möglichkeit ein. "Warum fahren wir nicht ins Ocean's?"

Danger (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now