Kapitel 14 ~ überarbeitet

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"Ja!", flüsterte ich. Dann fing ich an zu heulen wie ein kleines Mädchen. Wie sehr hatte ich mir diesen Moment herbeigewüscht und jetzt wo er da war, konnte ich es kaum glauben. Ich dachte immer noch, dass Marc jeden Moment sagen würde, dass das alles nur ein Scherz gewesen sei und er mich nicht liebe, doch er lächelte erleichtert und küsste mir die Tränen von den Wangen. Seine Lippen kamen denmeinen immer näher...

Als unsere Lippen aufeinander trafen war es, als würde mein Körper endlich die Droge bekommen, die er brauchte. Ich fühlte mich nicht mehr so allein, nicht mehr so schuldig, weil ich meine Mutter verlassen würde, nicht mehr so verunsichert, weil sich mein Leben innerhalb von zwei Tagen komplett geändert hatte. Ich war einfach glücklich...

Genau zwei Stunden, nachdem Marc und ich losgegangen waren, kamen wir wieder am alten Fabrikgelände an. Wir waren beide in euphorischer Stimmung, als könne uns nicht auf der Welt etwas anhaben. Zum Glück fanden wir schnell meinen Bruder. Ich hätte Mum so gern von ihm erzählt, dass es ihm gutging, dass er sie vermisste, dass er uns nicht verlassen wollte, doch ich wusste, dass ich damit mein Todesurteil unterschrieben hätte. Jason zeigte mir mein neues Zimmer. Es war das, in dem ich gestern nach meinem Schlag auf den Schädel aufgewacht war. Marc und Jason ließen mich allein, mit der Begründung, dass ich "bestimmt etwas Zeit für mich selbst wolle", was auch immer sie damit meinten. Bis auf das Bett war es immer noch komplett kahl und düster. Nicht mal ein Fenster hatte es. Unzufrieden sah ich mich um. Ich versuchte, es ein bisschen gemütlicher zu machen in dem ich erstmal alle meine Klamotten im Zimmer und auf dem Bett verteilte. Dann schmiss ich meine Schulsachen neben mein Bett und legte mein Lieblingsbuch auf den entstandenen Turm. Dann setzte ich mich auf mein neues Bett und sah mich um. Die dunkelgraue Wandfarbe zog mich verdammt runter. Ich beschloss, gleich morgen Marc zu überreden, mit mir Farbe kaufen zu gehen. Da ich es nicht mehr in dem düsteren Zimmer aushielt, ging ich raus, um Ryan zu suchen. Jetzt wo ich hier wohnte, wollte ich auch mehr über die Gesellschaft wissen, in der ich ab jetzt wohnen würde.

Ich fand Ryan an einem ziemlich abgelegenen Lieferanteneingang des Fabrikgeländes, wo er die Ankunft eines Lastwagens beaufsichtigte. Ich tippte ihm leicht auf die Schulter. Bevor ich mich versehen konnte, war er herumgewirbelt und hatte meine Hände in seinem stahlharten Griff. Ich verzog schmerzerfüllt das Gesicht.

"Mann, Ryan, mach dich locker, ich bin es doch nur", meinte ich gespielt lässig. Er musterte mich kurz und ließ dann schnell meine Hände los.

"Entschuldigung", meinte er kurz angebunden, "ich hatte dich nicht erwartet." Ich brummte nur, offensichtlich hatte er das nicht.

"Kann ich kurz mit dir reden?", fragte ich schüchtern. Er warf einen Blick über die Schulter auf den Lastwagen. Nachdem er wohl zu dem Schluss gekommen war, dass die auch ganz gut ohne ihn klarkommen würden, lief er schweigend an mir vorbei und ich folgte ihm. Er eilte in eine kleine Gasse zwischen zwei Hallen und drehte sich um.

"Was gibt's?", fragte er ziemlich desinteressiert. Ich holte tief Luft.

"Also, ich wollte fragen, jetzt wo ich hier notgedrungen wohne, muss ich da irgenwelche Aufgaben erledigen oder sowas? Und ich hätte gerne irgendsoeine App oder so auf meinem Handy, die sich mit diesen beschissenen Gebäuden auskennt, damit ich mich nicht immer verirre, wenn ich irgendwohin will. Ach ja und ich wüsste auch ganz gern mal, wo ich hier eigentlich eingestiegen bin und für was wir trainieren..." Ryan blickte mich unbeeindruckt an.

"Hmm, ich würde mal sagen, dass wir dich der Küche zuteilen und nicht dem Warten den Trainingsräume oder dem Ausladen der Lastwagen..."

"Warum?", fragte ich. Ich wollte nicht in die Küche, nur weil ich ein Mädchen war.

"Weil die beiden anderen Sachen jeweils mit ziemlich viel Kraftaufwand verbunden sind und bei allem Respekt, so viel Kraft hast du nicht!", erwiderte er ohne mit der Wimper zu zucken und zog mir erstmal den Stecker.

"Zweitens so eine App gibt es nicht. Du wirst dich aber mit der Zeit immer besser zurechtfinden. Und was drittens angeht, kann ich dir das leider noch nicht sagen, weil die Gefahr, dass du dich irgendwie verplapperst immer noch zu groß ist..." Frustriert stöhnte ich auf. Ein Mundwinkel von ihm zuckte für einen winzigen Moment nach oben, obwohl er es sofort überspielte und wieder eine grimmige Miene aufsetzte. Sein Blick richtete sich auf etwas in meinem Rücken. Ich folgte seinem Blick und sah meinen Bruder auf uns zukommen.

"Ah Jason, da bist du ja", begrüßte Ryan ihn. Dann wandte er sich wieder an mich: "Jason wird dich herumführen und dir unsere Struktur erklären." Mit diesen Worten machte Ryan sich aus dem Staub. Jason lächelte mich an, nahm mich bei der Hand, als wäre ich ein kleines Kind, und begann mit seiner Führung. Er zeigt mir die Lagerhallen, in denen nur Kartons mit mir unbekanntem Inhalt herumstanden, und wie man sie von den bewohnten Gebäuden unterscheiden konnte. Er erklährte mir, dass ich in "Haus 3" untergebracht sei und sein Zimmer auf demselben Flur läge. Er meinte, dass jedes Haus seine eigene Küche, seine eigenen Waschräume und seinen eigenen Gemeinschaftsraum hätte. Insgesamt gab es 5 Häuser und dann noch ein sechstes Haus, das nur fürs Training verwendet wurde, die "Trainingshalle". Ich verdrehte kurz die Augen angesichts solcher Kreativität.

Jedenfalls zeigte er mir den Gemeinschaftsraum von unserem Haus, in dem jedoch ziemlich viele Typen saßen, die mich seltsam anstarrten, sodass ich mich nicht wirklich auf den Raum konzentrierte, die Waschräume, vor denen ich jetzt schon Angst hatte, sie zu besuchen (immerhin konnte man die Duschen abschließen!), und schließlich die Küche, in der ein Schrank von Mann, der besser in jedes Fitnesscenter gepasst hätte, als in diese Küche, mich in einen Plan eintrug und mir mitteilte, ich hätte von nun an jeden Tag von 5 bis 7 Uhr oder von 9 bis 11 Uhr Küchendienst.

Schließlich traten mein Bruder und ich wieder ans Sonnenlicht, wo ich bockig stehen blieb. Erstaunt drehte er sich zu mir um.

"Sagst du mir wenigstens, in was ich hier eigentlich eingestiegen bin und warum wir trainieren?", fragte ich ihn. Er druckste verlegen herum.

"Dass darf ich dir nicht sagen, Mila", meinte er hilflos. Ich sah ihn flehend an.

"Bitte, ich sage es auch niemandem, ich verspreche es! Du weißt, dass ich schweigen kann wie ein Grab...", bettelte ich. Ich spürte, wie er langsam weich wurde. Schließlich gab er nach.

"Also gut, ich werde es dir verraten..."

Danger (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now