Kapitel 33

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Als er sich die Kapuze vom Kopf zog konnte ich es zuerst nicht fassen. Wie hatte er mich gefunden? Wie war er hierher gekommen? Und vor allem warum? Er zog ein Messer aus seinem Pulli und schnitt den Kabelbinder an meinen Händen durch. "Simon!", brachte ich endlich heraus. Er hielt mir seine Hand hin und half mir auf. Ich stand noch etwas wackelig auf den Beinen und mein Hals pochte noch von dem Sauerstoffmangel. "Alles in Ordnung?", fragte Simon besorgt. Ich nickte nur. "Tut mir leid, dass ich nicht früher kommen konnte, ich habe euch nicht sofort gefunden..." Er schaute mich betreten an und deutete dann auf seinen Hals. "Tut das sehr weh? Ich habe Schmerzmittel dabei" Ich schüttelte den Kopf, wollte etwas sagen, doch ich brachte nur ein Krächtzen heraus. Verdammt, warum ließ meine Stimme mich so im Stich? Ich wollte es nochmal versuchen, doch plötzlich fielen mir wieder die Leute ein, die mich holen wollten. "Hmmm!", versuchte ich was zu sagen, doch Simon sah mich nur verwirrt an. "Mila, was ist los?" Ich versuchte mit aller Kraft meine verfluchten Stimmbänder zum Schwingen zu bringen und endlich brach es aus mir raus. "Mein Vater hat Leute angerufen, die mich holen wollen. Sie müssen gleich hier sein!" Erleichtert schwieg ich wieder. Meinem Hals hatten diese vielen Wörter nicht sehr gut getan. Simon hatte die Informationen in einer Millisekunde aufgenommen. In der Millisekunde danach traf er eine Entscheidung. "Schnell wir müssen rauf aufs Dach!" Mit diesen Worten zog er mich ein paar Schritte nach links in Richtung der Häuser, die mir vor gefühlten Stunden den Weg versperrt hatten. Mit einigen Griffen kletterte er die Mauer hoch und stand oben um mir hochzuhelfen. Ächtzend hievte ich mich die Mauer hoch an der zum Glück einige Steine herausragten. Oben jagte Simon die Mauer entlang und sprang auf ein niedriges Flachdach. Ich versuchte zu folgen so gut ich konnte. Wo zur Hölle war meine Kondition geblieben, die ich mir so mühsam an trainiert hatte? Simon blieb auf dem Flachdach stehen und wartete auf mich. Als ich bei ihm angekommen war, meinte er zu mir: "Jetzt musst du viel Anlauf nehmen, die Häuserlücke ist ein bisschen breit..." Kaum hatte er ausgesprochen, begann er auch schon zu rennen. Direkt an der Häuserkante sprang er ab und segelte durch das Fenster eines Rohbaus. Ich schluckte. Hoffentlich bekam ich das hin. Ich hatte nur einen Versuch. Entschlossen kniff ich meine Augen zusammen und rannte los. Zehn Meter noch, fünf Meter noch, drei, zwei, eins, null. "Spring!", brüllte Simon und ich stieß mich mit aller Kraft ab. Schneller als ich gedacht hatte schoss das Fenster auf mich zu. Ich zog meinen Kopf ein und machte mich so klein wie möglich. Dann flog ich auch schon durchs Fenster und knallte auf dem Boden auf. Etwas ungeschickt rollte ich mich ab und richtete mich auf. Simon war schon an meiner Seite. Er packte mich am Arm und zog mich aus dem kahlen Zimmer in dem wir gelandet waren. "Komm, schnell, du hast es gleich geschafft!", motivierte er mich. Ich atmete einmal tief durch und folgte ihm. Er rannte durch einen kurzen Flur und am Ende eine Betontreppe runter. Unten liefen wir quer durch einen Raum und durch eine große Öffnung, die wohl mal eine Terassentür werden sollte in einen staubigen Garten. Ich folgte Simon bis zu dem etwa hüfthohen Mäuerchen, das das Grundstück eingrenzte. Er schwang sich drüber und ich folgte etwas langsamer. Auf der anderen Seite war am Straßenrand ein verrosteter alter Pick up geparkt, bei dem es unmöglich war, die frühere Farbe zu bestimmen. Simon ging ohne zu zögern zu ihm und öffntete die Beifahrertür für mich. Ich konnte es kaum fassen. "Ist das deiner, Simon?", krächzte ich, während ich mich auf den Beifahrersitz hievte. Er lief um das Auto herum und stieg ein. Erst dann antwortete er mir. "Der hat meinem Großvater gehört. Er hat mir auch das Fahren beigebracht." Mit diesen Worten startete er den Motor und ließ die Kupplung kommen. Der Pick up schoss los und ich wurde in den Sitz geworfen. Simon dachte jedoch gar nicht daran, zu bremsen, sondern schaltete und gab noch mehr Gas. "Simon, hier darf man nur 30 fahren!", brüllte ich gegen das ohrenbetäubende Geheul des Motors an. "Na und?", brüllte er zurück, "wir sind auf der Flucht, wir dürften das!" Schon raste er aus dem Wohngebiet ohne zu schauen auf eine Schnellstraße und hätte fast eine Massenkarambolage verursacht. Später fuhren wir auf die Autobahn und ich wagte endlich, zu fragen, wo wir hinfuhren. "Na, ins Hauptquartier, wohin sonst?", antwortete ich Simon und ich nickte. Natürlich, wohin sonst. 

Danger (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now