Kapitel 42

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Hoch aufgerichtet und so grausam grinsend wie noch nie stand mein Vater in der Tür. Tränen traten mir in die Augen, ich konnte nichts machen. Wie hatte ich diesen Mann jemals lieben können? Wie konnte so etwas mein Vater sein? "Was willst du hier?", fragte ich. Meine Stimme zitterte. Mein Vater setzte ein unschuldiges Gesicht auf und breitete die Arme aus. "Ich wollte doch nur meine geliebte Tochter besuchen. Willst du deinen Daddy nicht umarmen?" Angewidert musterte ich ihn und presste mich fest an Marc. Das Gesicht meines Vaters verdüsterte sich. "Steh auf!", befahl er mir. Als ich keine Anstalten machte, mich zu erheben, kam er mit festen Schritten auf mich zu und riss mich hoch. "Hör gefälligst auf deinen Vater!", zischte er mir ins Ohr. Ich konnte nur meine gefesselten Hände heben und versuchen ihn wegzuschubsen, was natürlich nicht funktionierte. Ich spürte, wie Marc sich hinter mir aufrichtete. "Lass sie in Ruhe!", sagte er mit einem Zittern in der Stimme, das er vergeblich zu unterdrücken versuchte. Mein Vater beachtete ihn gar nicht, sondern drehte sich um und schleifte mich aus dem Zimmer, obwohl ich mich so gut es ging zu wehren versuchte. Marc versuchte, uns zu folgen, doch mein Vater drehte sich um, schlug ihn in den Bauch und trat gegen sein Knie, sodass er schreiend umkippte. Mit einem letzten Ruck zog mein Vater mich aus dem kalten Kellerraum und knallte die Tür hinter mir ins Schloss. Von drinnen hörte ich Marc noch einmal verzweifelt nach mir rufen, dann zog mein Vater mich weiter. Wir kamen an vielen Männern vorbei, der erste stand direkt vor unserer Tür. Kurz überlegte ich, wie viel er von mir und Marc mitbekommen hatte, aber dann redete ich mir ein dass es letztlich auch egal wäre. Mein Vater stieg mit mir die Treppen aus dem Kellergeschoss wieder hoch. Einen kurzen Moment spürte ich so etwas wie genervt sein. Warum hatten sie mich überhaupt in den Keller verfrachtet, wenn sie mich doch nur ein paar Minuten später wieder hoch holten? Als wir die Treppe zur Eingangstür hinauf stiegen, spielte ich kurz mit dem Gedanken, einen Fluchtversuch zu wagen. Doch es standen gleich zwei Schränke vor der Tür und mein Vater, als ob er meine Gedanken gespürt hätte, packte mich noch fester am Arm. Ich tröstete mich auf der nächsten Treppe mit dem Gedanken, dass ich Marc sowieso nicht alleine hätte zurücklassen können. Wir stiegen immer weiter hinauf. An jedem Treppenabsatz stand ein Mann in schwarzen Klamotten und beobachtete uns. Trotzig starrte ich zurück. Sie sahen nicht mal verächtlich aus. Ich war verwirrt. Wir waren schon ziemlich weit oben, als mein Vater schließlich anhielt. Ich hatte nicht gezählt aber wir mussten etwa im fünften oder sechsten Stock sein. Der Mann auf dem Treppenabsatz musterte mich und meinen Vater, nickte dann stumm und öffnete die Tür. Mein Vater zwang mich durch die Tür, aber ich war kaum halb hindurch, da wurde ich von selbst schneller. Es war so anders als alles, was ich erwartet hatte. Die Wände waren weiß gestrichen und ein Dielenboden ließ die Atmosphäre angenehm warm wirken. Mein Vater führte mich weiter in eine Art Wohnzimmer, wo er mich in einem Sessel Platz nehmen ließ. Erschöpft von den vielen Ereignissen sank ich in den Sessel. Ich musste mir Mühe geben um nicht genüsslich aufzustöhnen, als der Sessel nachgab und mich in eine weiche Umarmung geleitete. Es war gefühlt so lange her gewesen, das irgendetwas so weich gewesen war. Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu gewöhnen. Dann schaute ich mich im Zimmer um. Auch hier waren die Wände weiß gestrichen und an es hingen eine paar Bilder aus dem Impressionismus an ihnen. An einer Wand stand ein großes Bücherregal mit Unmengen von Büchern. Kurz war ich versucht, aufzustehen und in den Bücher zu stöbern, doch meine gefesselten Hände und der Blick meines Vaters, der unerbittlich auf mir ruhte, hielten mich davon ab. Mein Vater saß schräg rechts von mir in einem ähnlichen Sessel wie meinem. Links von mir stand ein wunderschönes Sofa, mit bestickten Kissen darauf, die mich an meine Großmutter erinnerten. Sie hatte auch Kissen bestickt, bevor ihre Arthritis so schlimm geworden war. Hinter mir mussten große ausladende Fenster sein, denn viel Licht fiel ins Zimmer und machten es hell und gemütlich. Ich war kurz davor, mich zu entspannen, als die Tür aufging und ich zusammen zuckte. Herein kam ein Mann. Er war von ähnlicher Statur wie Ryan, schien aber etwas jünger zu sein. Er lächelte mich freundlich an und setzte sich auf das Sofa. Misstrauisch betrachtete ich ihn. Er schien vertraueneinflößend, doch ich war in letzter Zeit so oft getäuscht worden, dass ich nicht sofort auf ihn einging. Stumm wartete ich, dass er etwas sagte. Er rutschte zuerst noch ein bisschen auf dem Sofa hin und her, als versuche er, die bequemste Stellung zu finden. Schließlich hatte er sie offensichtlich gefunden und betrachtete mich nun neugierig. Ich wurde langsam nervös. Warum sagte er nichts? Plötzlich lächelte er mich an. "Du bist als das kleine Kampfmädchen, dass die Geier ausgebildet haben" meinte er immer noch lächelnd. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, also schwieg ich weiter. Wie hatte er mich genannt? Kampfmädchen? Und wer zur Hölle sollten diese Geier sein? Er legte den Kopf leicht schief, als versuche er, mein Schweigen zu verstehen. "Wie alt bist du?", fragte er neugierig. Ich zog leicht die Augenbrauen zusammen. Dies alles hier war so gegenteilig von dem, was ich erwartet hatte, dass es mich total verwirrte. "Ähm, 17", sagte ich schließlich, weil der Mann auf eine Antwort zu warten schien. Er lächelte wieder freundlich. Ich merkte plötzlich, dass ich unbewusst schon fast so weit war, ihm zu vertrauen. Erschrocken presste ich meine Lippen aufeinander. Meine Reaktion schien ihn jedoch nur noch neugieriger zu machen. Interessiert sah er mich an. Dann schien ihm etwas einzufallen. "Oh, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt! Wie unhöflich von mir" Er schüttelte den Kopf. "Ich heiße Steffan. Ich bin der jüngere Bruder von Ryan."

Danger (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now