Kapitel 25

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Der Mann stockte, als wir herein platzten.

"Wer will sie als Lockvogel nehmen?", fragte Marc aufgebracht. Ich schaute mich nur verwirrt im Raum um. Es war wieder derselbe Konferenzraum, in dem ich schon ein paar Mal gewesen war. Um einen Tisch herum saßen Ryan, Jackson und zwei Anzugträger, die aussahen, als würden sie in einem neuen Men in Black mitspielen.

"Was ist hier los?", fragte ich verunsichert. Ryan schien sich zu fassen und stand auf.

"Bitte setzt euch. Ich fürchte, wir müssen euch, und vor allem dir, Mila, einiges erklären. Immer noch verunsichert trat ich mit Jason und Marc an den Tisch und setzte mich hin. Ryan setzte sich auch wieder und fing an, zu erzählen.

"Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten die Russen eine Art Geheimdienst, um uns Amerikaner zu überwachen. Die Regierung machte genau dasselbe. Vor einigen Jahren ist die ganze Sache außer Kontrolle geraten. Die ehemaligen Geheimdienste spalteten sich von den Regierungen ab und gingen in den Untergrund. Die Rivalität der Geheimdienste hat die ganze Sache zu einer Art Clanfehde ausarten lassen. Dein Vater war ein führendes Mitglied, bis er von den anderen erschossen wurde. Wahrscheinlich sind sie deswegen so interessiert an dir. Der Clan, der dich entführt hatte, war aber nur ein kleiner Teil der anderen Organisation. Der Rest will jetzt Rache üben. Wir wissen nicht genau, ob die höchsten Führungskräfte dich nur umbringen wollen oder noch mehr mit dir vorhaben..."

Ich brauchte eine Weile, bis ich das verarbeitet hatte. "Und wofür soll ich jetzt der Lockvogel sein?", fragte ich dann. Einer der Men in Black antwortete: "Wir haben einen Plan, wie wir sie in nur einer Nacht vollkommen ausrotten können. Teilweise sind schon Männer von uns in den verschiedenen Teilgeländen eingeschleust. Die nächsten kommen in den nächsten zwei Wochen. Damit alles glatt geht und unsere Männer nicht auffliegen, brauchen wir allerdings einen Lockvogel, der die Führungskräfte ablenkt, verwirrt und die verschiedenen Führungskräfte von einander trennt. Das wirst du sein. Wir wissen nicht genau, warum sie so ein großes Interesse an dir haben, aber dass es so ist, kann man nicht verleugnen. Der Plan ist noch nicht ganz ausgereift, aber im groben wirst du in einer Fernsehshow auftreten. Wenn sie dich sehen - und sie werden dich sehen - werden sie ihre ganzen Kräfte mobilisieren wollen, um dich zu kriegen. Das ist der Moment in dem unsere Maulwürfe zuschlagen und bei jedem Clan sabotieren. Wenn die anderen dann verwirrt und auseinander getrieben sind, werden unsere Männer angreifen und sie bis auf den Letzten vernichten..." Seine Worte klangen in meinen Ohren nach. "Sie bis auf den Letzten vernichten" Immer wieder. Mein Kopf schien jeden Moment platzten zu wollen. Langsam stand ich auf. "Ich muss darüber nachdenken", murmelte ich. Langsam verließ ich den Raum. Ich erwartete, dass mich jeden Moment jemand aufhalten würde, doch sie ließen mich ungehindert ziehen. Als die schwere Tür hinter mir ins Schloss gefallen war, atmete ich erleichtert einmal durch. Dann lief ich langsam los und joggte durch die Gänge. Wie immer waren sie wie leergefegt. Es dauerte nicht lange bis mir die Gänge langsam bekannt vorkamen. Als ich zu einer Treppe kam, die nach oben führte, durchflutete mich neue Hoffnung. Vielleicht konnte ich durch diese Treppe auf das Dach kommen. Vielleicht könnte ich dort über meine Situation nachdenken und was ich jetzt tun sollte. Ich lief die Treppe hoch und kam nach einer Weile wirklich an die Luke, die auf das Dach führte. Tief zog ich die klare Luft ein und genoss die warmen Sonnenstrahlen. Ich ließ die Luke hinter mir zufallen und setzte mich auf den Rand des Daches. Nachdenklich betrachtete ich die Jungen zwischen den klotzigen Gebäuden. Sie schienen nicht besonders aufgeregt zu sein. Wussten sie, dass ihnen in einigen Tagen eine große, entscheidende Schlacht drohte. Bereiteten sie sich darauf vor. Hatten sie Angst? Waren sie nervös? Siegessicher? Was würde passieren, wenn ich nicht mitmachen würde? Mal ganz abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich sowieso gezwungen werden würde, meine Rolle zu spielen. Was würde passieren, wenn ich im letzten Moment "ausfallen" würde und es zu spät wäre, die ganze Aktion zu stoppen? Würden sie alle sterben? Oder würden sie gefangen genommen werden und später exekutiert? All diese Fragen gingen mir durch meinen Kopf, während ich die Jungen beobachtete. Mir fielen leichte Unregelmäßigkeiten auf und ich konzentrierte mich mehr. Es waren wesentlich weniger Jungen auf dem Hof als normalerweise... Und die, die draußen waren, liefen nicht komplett ungeordnet durcheinander, sondern schienen trotz dem oberflächichen Chaos einem bestimmten Muster zu gehorchen. Sie schienen sich tatsächlich auf den Kampf vorzubereiten. Ob bewusst oder nicht war ich mir noch nicht sicher, aber sie bereiteten sich von und dass hieß, dass dieser Kampf wahrscheinlich wirklich so bedeutend war, wie die Men in Black mir klarmachen wollten. Ich seufzte und blickte in die Ferne. Weit hinten unter dem Horizont konnte ich leichte Hügel sehen, voller Wald. Davor erstreckte sich die ganze Stadt. Die graue rauchende Stadt, kalt und voller Smog. Mein ganzes Leben hatte ich in dieser verrauchten, stinkenden Stadt verbracht. Voller Enttäuschung über mein bisheriges Leben nahm ich mir vor, dass wenn ich irgendwann aus dieser Sache rauskommen würde, diese Stadt verlassen würde. Ich würde irgendwo aufs Land gehen, irgendwo wo viel Natur war. Vielleicht nach Italien. Die Toskana sollte wunderschön sein und ich hatte erst einmal in meinem Leben das Meer gesehen. Daran konnte ich mich allerdings nicht mehr erinnern, weil ich noch zu klein gewesen war. Ich stellte mir gerade vor, wie ich ins Meer waten würde. Wie es sich an meinen nackten Beinen anfühlen würde, da hörte ich hinter mir die Luke aufgehen. Ruckartig wurde ich in die Realität zurückgerissen. Ich wandte den Kopf und sah Jason langsam auf mich zu schlendern. Er setzte sich neben mich auf den Rand des Daches und lange Zeit betrachteten wir einfach nur die Stadt und sagten nichts. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste es mit letzter Sicherheit wissen. "Sie werden mich zwingen, wenn ich nicht will, oder?", fragte ich mit kratziger Stimme. Mein Bruder ließ seinen Kopf in die Hände sinken und ich kannte die Antwort, bevor er es aussprach. "Ja", murmelte er rau, "werden sie."

Danger (wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt