Kapitel 29

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Das nächste, was ich hörte, war der dumpfe Laut eines Körpers, der auf den Boden aufschlägt. Vorsichtig machte ich meine Augen wieder auf. Jackson lag vor mir auf dem Boden, die Augen halb offen, der Blick gebrochen. Das Gewehr zeigte noch auf mich. Aus einem kleinen Loch in Jacksons Kopf tropfte Blut auf den Boden. Von der Gasse her näherten sich Schritte, doch ich konnte meinen Blick nicht von Jackson lösen. Warum war ich nicht tot? Warum lag Jackson mit einem Loch im Kopf auf dem Boden? Später wurde mir gesagt, dass ich einen Schock gehabt hätte, und deswegen nicht wirklich zurechnungsfähig gewesen wäre. Auf jeden Fall kann ich mich an nicht mehr wirklich viel erinnern, was dann passierte. Ich weiß noch, dass eine sanfte, dunkle Stimme meinen Namen nannte, dann wie wir durch irgendwelche Straßen rannten und irgendwie saßen wir dann in einem Zug und fuhren südwärts. Im Zug muss ich entweder eingeschlafen sein oder bewusstlos geworden sein, denn ich erinnere mich, dass ich irgendwann in einem Zugabteil aufwachte. Ich lag quer über den Sitzen, was nicht unbedingt bequem war. Vorsichtig versuchte ich, mich aufzurichten und sah mich um. Erleichtert sah ich dass Marc auf der anderen Sitzreihe lag, auch wenn er ziemlich schlecht aussah. Vor ihm kniete ein dunkelhaariger Mann auf dem Boden und hantierte an seinem Bauch herum. Ich musste irgendein Geräusch gemacht haben, denn er drehte sich um und stand auf. Seine dunklen Haare gingen ihm bis zum Kinn und sah aus wie eine Mischung aus Dave Grohl und... Moment! Ich versuchte mich zu konzentrieren und musterte den Mann genauer. Wenn man einige Jahre abziehen würde, den Bart ab rasieren würde und die Haare kürzen würde... Dann wäre es mein Vater! Ich keuchte auf. "Mila", meinte der Mann, der aussah wie mein Vater mit der Stimme meines Vaters. "Du bist aufgewacht. Wie fühlst du dich?" Er lächelte mich sanft an. "Dad?", brachte ich heraus, "Was...? Wie...? Ich dachte, du bist tot! Ich war auf deiner Beerdigung!" Er seufzte und sah sehr bekümmert aus. "Es tut mir so Leid, dass ich euch das antun musste, aber wäre ich bei euch geblieben, wärt ihr umgebracht worden. Das war nur zu eurem Schutz, wirklich..." Obwohl ich versuchte, sie zurück zu drängen, stiegen mir Tränen in die Augen. "Hat wenigstens Mum es gewusst?", flüsterte ich. Er schüttelte den Kopf. "Ich konnte es ihr nicht sagen. Aber wenn das alles hier vorbei ist, gehen wir zu ihr." Er lächelte mich aufmunternd an, doch ich starrte ihn nur entsetzt an. Warum zur Hölle blieb es immer an mir hängen, meiner Familie zu sagen, dass Mum tot war? Ich schluckte und obwohl ich mich dafür verachtete, fing ich leise an zu weinen. "Du bist zu spät!", antwortete ich bitter, "Mum ist tot! Dieser verdammte feindliche Clan hat sie umgebracht, um Jason zu erpressen!" Ich schaute auf meine Hände. Ich wollte die Trauer und die Qual in seinem Gesicht nicht sehen. Meine Hände waren ganz rau, die Fingernägel abgebrochen und schmutzig. "Ist das wahr?", fragte mich mein Vater und ich musste wohl oder übel aufsehen. "Ja", stieß ich aus. Ich schloss die Augen und wandte sein Gesicht zum Himmel, als wollte er Gott fragen, wie er so etwas hatte zulassen können. Dann stand er auf. "Ich hole etwas zu essen". Und verschwand aus dem Abteil. Ich schwang meine Beine von den Sitzen und kauerte mich neben Marcs Kopf auf den Boden. Langsam streichelte ich seine Wange, während ich darauf wartete, dass meine Tränen versiegten. Dabei fiel mir auf, dass ein Druckverband um seinen Bauch gewickelt war. Also hatte er sich tatsächlich vor mich geworfen, damit Jackson mich nicht traf. Vor lauter Liebe heulte ich noch mehr. Eine Träne tropfte auf Marcs Gesicht und er wachte auf. Er hustete erst einmal kräftig und stöhnte dann. Seine Hand zuckte zu seinem Bauch und er öffnete seine Augen halb. "Bin ich tot?", murmelte er. Ich musste trotz der Tränen leise kichern und küsste ihn. "Nein, du bist nicht tot. Gott sei dank nicht!", antwortete ich ihm. Er machte seine Augen ganz auf und strahlte mich an. "Mila! Also konnte ich dich retten!" Ich musste schon wieder lachen. Er ließ seine Augen kreisen und hob den Kopf etwas. "Wo sind wir hier? Ist das ein Zug? Mila, du hast mich nicht wirklich in einen Zug getragen oder?", fragte er mich. Ich schüttelte meinen Kopf. "Mein Vater ist hier!", meinte ich mit einem seltsamen Unterton. "Was?", fragte er geschockt und setzte sich ganz auf, doch sofort zuckte er zusammen und sank wieder auf die Sitze. "Scheiße, das ist übler, als ich auf den ersten Blick dachte... Was hast du da gerade gesagt? Dein Vater ist hier? Ich dachte, dein Vater ist tot!" Dann schien er mein tränenüberströmtes Gesicht zu sehen und ihm schien klar zu werden, wie taktlos er gerade gewesen war. "Tut mir Leid! Tut mir Leid, wirklich, ich wollte nicht...", murmelte er etwas hilflos. Ich küsste ihn nochmal. "Das macht nichts", flüsterte ich, "irgendwie kann ich es selbst noch nicht glauben." Er zog mein Gesicht ganz nah vor Seins. "Ich bin für dich da, ja? Egal was es ist, komm zu mir und wir finden eine Lösung! Du kannst mir alles erzählen!" Er küsste mich, während mir schon wieder die Tränen runter liefen. Würde das denn nie aufhören heute? Das Quietschen der Tür ließ und auseinander fahren. Mein Vater kam herein und stieß die Tür hinter sich zu. Er kam auf mich zu und packte mich am Arm. Grob zog er mich hoch. "Hey", hörte ich von Marc. "Sie sind hier. Sie suchen euch. Wir müssen hier weg!"

Danger (wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt