Kapitel 43

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Geschockt zog ich scharf die Luft durch den Mund ein. Ich betrachtete Steffan noch mal genauer. Jetzt,wo ich es wusste, mit wem er verwandt war, erschien es mir auch sehr offensichtlich. Warum war ich nicht früher darauf gekommen? Steffan seufzte laut. "Aber ich sollte dir wahrscheinlich erst mal einiges erklären." Ich nickte zustimmend. Nach einem kurzen Seitenblick auf meinen Vater begann Steffan: "Ryan und ich kommen aus einer Familie, die bis in den Wilden Westen zurück reicht. Unserem Vater gehörte ein großes Stück Land, das Nevada, Utah und den Norden von Arizona durchzog. Als mein Vater starb, brach ein Streit aus, der sich durch die ganze Familie zog. Ryan war der Anführer der einen Seite. Er wollte auf dem Land nach Öl bohren lassen. Ich habe keine Ahnung, wie er auf die verrückte Idee kam, dass es dort Öl geben sollte. Ich hatte jedoch erfahren, dass unser Land in einem der vielen Indianerkriege von unseren Vorfahren beschlagnahmt und nie wieder zurückgegeben worden war. Wir waren auf gestohlenem Land groß geworden und waren nie auf die Idee gekommen, es könnte gar nicht unseres sein. Ich wollte das Land den Nachfahren der Indianer zurückgeben. Der Streit in meiner Familie wurde immer heftiger. Ryan begann nach den Waffen zu greifen. Ich konnte einfach nicht kapitulieren und zulassen, dass er auf Land, das nicht mal uns gehörte, nach Öl bohren ließ. Irgendwann eskalierte der Streit und wurde zu einem innerfamiliären Krieg ausgeweitet. Und in genau diesen Krieg bist du gestolpert. Ryan hat Jungen aus der Stadt rekrutiert, um genug Kämpfer zu haben. So auch deinen Freund Marc oder deinen Bruder Jason..." Steffans Stimme versiegte. Ich fühlte mich wie überfahren. "Wie passt mein Vater da hinein? Was hat er getan?" Steffan drehte verlegen den Kopf zur Seite. "Mein Vater und ich sind schon seit langer Zeit Freunde. Seit dem College, um genau zu sein. Er war genau wie ich der Meinung, dass das Land den Indianern zurückgegeben werden sollte. Er hat mir im Kampf geholfen. Doch vor einigen Jahren haben Ryan und sein Clan ihn gefangen." Steffan sah meinen Vater an. Der schaute verbissen auf den Boden. "Aber vielleicht möchte er dir das lieber selber erzählen...", fuhr er fort. Ich war immer noch vollkommen verwirrt. War ich die ganze Zeit auf der falschen Seite gewesen? Gab es überhaupt noch so etwas wie richtig oder falsch in dieser verqueren Familienfehde? Und meine Mutter? Was hatte sie mit der ganzen Sache zu tun gehabt? "Warum habt ihr meine Mutter getötet?", fragte ich. Meine Stimme zitterte, obwohl ich es zu unterdrücken versuchte. "Sie hat euch nichts getan!" Steffan schüttelte betrübt den Kopf. "Ich weiß nicht, was in diesen Tagen passiert ist. Fakt ist, dass wir weder dich noch deine Mutter entführt haben. Entweder es waren Söldner oder Ryan." Unglücklich senkte ich meinen Kopf. Ich konnte das ganze Gespräch hier nicht einordnen. Wann hatte ich das letzte Mal so ein langes Gespräch geführt? Die ganze letzte Zeit war ich fast nur herumkommandiert worden. Immer war alles wichtig und eilig gewesen. Bis auf die wenigen Momente mit Marc. Marc! Er saß noch im kalten Keller und hatte keine Ahnung, was mit mir passierte. "Darf ich dich um etwas bitten?" Steffan sah mich aufmerksam an. "Könntet ihr bitte Marc aus dem Keller holen und hier hochbringen? Ich möchte nicht, dass er sich Sorgen macht." Steffan nickte beruhigend. Er sah meinen Vater an. "Könntest du das bitte erledigen?" Mein Vater stand wortlos auf und verließ den Raum. Etwas unbehaglich sah ich mich um. So ganz konnte ich Steffan immer noch nicht trauen. Er lächelte jedoch ungebrochen und strahlte mich regelrecht an. "Wie wäre es mit Tee?", fragte er und ich hatte kaum genickt, da war er auch schon aus dem Zimmer verschwunden. Leicht nervös sah ich mich im Zimmer um. Was sollte das ganze hier bloß? Langsam stand ich auf und ging zu dem Bücherregal. Neugierig betrachtete ich die Buchrücken. Manche Bücher sahen so aus, als seien sie aus den letzten zwei Jahrhunderten, doch ich entdeckte auch neue Bücher. Bestseller, wie Die Tribute von Panem. Schlagartig wurde ich aus meiner kurzlebigen heilen Welt gerissen, als draußen ein Schuß fiel. Entsetzt zuckte ich zusammen und starrte auf die Fenster. Weitere Schüsse folgten. Ich musste einen kleinen Aufschrei unterdrücken als ich zu Fenster stürzte. Was zur Hölle war da draußen los? Endlich erreichte ich das Fenster und versuchte, die Situation zu erfassen. Mehrere Männer, vermutlich von Steffan, hockten hinter Autos oder in Hauseingängen und zielten mit ihren MPs die Straße hinunter. Ich folgte mit meinen Augen der Richtung in die sie deuteten. Erschrocken keuchte ich auf. Ein einzelner Mann hockte hinter einem Auto. Nein, halt. Neben ihm saß noch eine heruntergekommene Gestalt auf dem Asphalt und sah aus als würde sie gleich umkippen. So schnell ich konnte, riss ich die Fenster auf. Ich musste irgendetwas tun. "Jason, Simon. Nicht schießen, ich bin hier oben!"

Danger (wird überarbeitet)Where stories live. Discover now