37. Thinking out Loud.

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Ihr Blick war eisern und Starr. Sie sah mich einfach an, analysierte mich. Sie sagte nichts. Sie lies mich reden. Die Haare braun, kurz. Ein schönes Gesicht, wirklich.

"Reden wir." sagte sie.
"Unterschreiben sie." sagte ich.
"Rede." - das war ein Befehl.

Kurz zupfte ich meinen schwarzen Mantel gerade, nahm ihn mir von den Schultern und hing ihn über den Stuhl. Es tat weh, jedes mal.
Kurz ging ich in mich, atmete durch. Ich dachte an sie, an ihr Gesicht, an ihr lachen und ihre wundervollen Augen. Ich dachte an die Momente in denen sie mich sprachlos gemacht hatte, weil sie einfach so schön war. Ich dachte an jeden Moment, an dem wir uns in der Schule gesehen hatten. Wir wir aus dem nichts nach LA geflogen sind. Wegen eines Traumes, der sogar real wurde. Amoklauf. Schule.
"Was wollen sie hören...?" fragte ich.

"Das, was sie gerade denken, Amelia."
Und ich dachte weiter nach, war gefangen in mir und meinen Gedanken. Es sind 4 Monate, jetzt. 4 Monate ohne sie. 4 Monate in denen ich nichts weiter gemacht habe, als vor mich hin wegetiert. Ich bin dünn. Ich sehe krank aus. Ich sehe fertig aus. Ich wusste, warum sie mich so ansah. Und dann öffneten sich meine Lippen, wie von selbst.

"Als ich sie kennen lernte, wollte ich nichts anderes als ihre Nähe. Ich wollte bei ihr sein, sie spüren... ich wollte jede Sekunde in ihren Armen verbringen, jeden Moment bei ihr sein. Ich wollte nie mehr, als sie einfach zu... kennen. Ich wollte sie kennen, als Menschen. Als Person. Wissen, was sie denkt, wie sie denkt, warum sie so denkt. Ich wollte alles wissen, einfach alles, und keine ihrer Gesten blieb vor mir versteckt. Sie kam in mein Leben, und sie fesselte mich. Ihre Bewegungen. Ihre Art, mit Menschen umzugehen." kurz setzte ich ab, holte ein paar mal tief Luft und lies meine Gedanken weiter laufen...

"Wie oft erinnere ich mich an die Momente mit ihr zurück. Wie sie mit mir lachte, wie sie weinte. Doch die schönen Erinnerungen sind die, die überwiegen. Jetzt, nach 4 Monaten.
Anfangs war es mehr nur das grausame. Ihr Tod.... " - meine Stimme brach.
Ich zitterte in jedem Leibeszentimeter. Mein Kopf raste, ich dachte nicht nach. Wenn man nun glauben würde das Ich, Amelia, so wahr ich hier sitze, weine... dann würde man falsch glauben.

Es ist nicht anzunehmen, das ich nicht trauere. Nein. Ich trauere. Ich bin dabei, zu trauern. Doch die letzten 4 Monate haben mir bewiesen, das es das alles nicht brachte. Es brachte es nicht, zu weinen, denn davon kam sie nicht wieder. Es war egal, wie sehr es weh tat. Es war egal, wie sehr es Schmerzte. Irgendwann, daran glaubte ich fest, würde es leichter werden. Irgendwann.

"Werden sie sich das Leben nehmen?" - das war ihre Frage.
Der Blick so liebevoll, sanft, doch gleichzeitig ernst. Es war doch ihr Job. Sie machte sich Gedanken. Sie war dafür da, sich Gedanken zu machen.
Wertlos.
"Wissen sie, M'am... Ja, ich habe darüber Nachgedacht, aber nein das werde ich nicht." gab ich ihr zu verstehen. Ihr Blick war fragend. Ja, sie wollte eine klare Aussage.
"Nein. Nein, ich werde mir mein Leben nicht nehmen. Ich werde Leben. - ich lächelte, sie nicht. Sie war so starr. Das alles hier ging ihr so nahe, wo sie doch eigentlich objektiv sein sollte.
" Wer ist denn da, der ihr ganzes Geschenk von Anwesenheit weiter trägt? Wer ist da, der nach 10 Jahren noch über sie redet, außer ich?" fragte ich sie, doch war es rein rhetorisch. Ich wusste, das nur Sam und Ich es sein würden. Wir würden diejenigen sein, die hier sind, nach ihrem Ableben. Ich würde es mir nie verzeihen, aufgegeben zu haben. Sie würde es mir nie verzeihen.

"Ich weiß nicht viel, aber ich weiß sicher, das sie es nie wollen würde, das ich mir das Leben nehme. Sie würde wollen, das ich weiter mache. Sie würde wollen, das ich ihren Mann finde und ihn für all das Verklage, was er ihr und ihrer Tochter angetan hat." - ich atmete ein paar mal ein. Ich stand auf, Gestikulierte.
" Ich weiß, das sie wollen würde, das ich glücklich werde. Sie weiß, das es für mich nicht mehr möglich ist. Ich liebe sie. Bis man den Tod eines so arg geliebten Menschen verkraftet hat, dauert es ewig. Und ich werde sie niemals vergessen, und niemals verkraften, sie verloren zu haben.
Und nun lassen Sie, M'am, mich doch endlich in Ruhe. Lassen sich mich aus dieser Zwangstherapie, lassen sie mich zurück nach Spanien, lassen sie mich wieder Leben. Es ist zu viel für mich, hier in dieser Gegend zu sein. Es ist zu viel für mich, LA wieder sehen zu müssen, es ist zu viel für mich zurück an meine Schule zu gehen um jedes mal bei ihnen auf dem Stuhl zu sitzen und über sie zu reden. Es sind jetzt 4 Monate. Ich habe gelernt. Ich bin erwachsen. Lassen sie mich doch endlich wieder frei und unterschreiben sie diesen Zettel."

Und dann nahm sie den Zettel in die Hand, und unterschrieb. Und kaum sah ich, was dort geschah, nahm ich mir auch alle meine Sachen zusammen und ging aus der Tür.
"Ich sehe sie in 2 Wochen noch einmal. Versprechen sie es mir." - sie sah mich an, sie machte sich sorgen. Ich nickte.
"In 2 Wochen bin ich bei ihnen. Bis dahin.... Spanien." ich lachte leise.
Und dann hatte ich die Praxis auch schon verlassen. Raus, Atmen. Ich zog all die Gerüche ein. Benzin, Natura. Liebe.
Das war mein Leben. Das war es wirklich, wahrhaftig. Ich schaffte alles. Irgendwie. Auch alleine. Mit Sam? Mit meiner besten Freundin?

und nun sitze ich hier. Auf einem Pfahl. Die Sonne strahlt, geht unter, macht den Tag zur Nacht. Langsam aber sicher. Nicht alleine, doch einsam. Die Welt ist grausam und unfair. Ich bin lange nicht allein, lange nicht der einzige Mensch auf dieser Welt. Es sind so viele Menschen da. Ich bin hier. Ich Lebe.

Fakt: - Ohne Shay.


[ Hallo meine lieben Leser da draußen! Ich hoffe sehr, ihr gebt euch mit diesem Kurzen Kapitel zufrieden. Bald neigt sich mein kleines 'Buch' dem Ende zu. Alles wird nochmal überarbeitet. Aber ich habe noch eine Überraschung für euch. Es bleibt hier spannend.

Ich Liebe euch! Danke, das ihr mich in allem so sehr unterstützt.

Liz♥ ]


Forever? ∞ [GirlxGirl] - Wattys 2016Where stories live. Discover now