11. Weird.

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Ich zuckte ein paar mal kaum merklich zusammen. Meine Muskeln spannten sich an, und ich wusste kaum mehr wohin mit mir. Und auf einmal sah ich dieses Wesen. Ein Mann. Groß. Muskeln, überall wo man hinsieht. Meine Augen wurden groß.
Langsam, ohne es wirklich selbst mitzubekommen, ging ich Rückwärts, bis ich in der Mitte deer Straße stand.
Er lachte. Ich zuckte zusammen. Ein ganz widerliches Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Ich wusste nicht, was ich als erstes machen sollte - laufen oder schreien, vielleicht auch einfach nur heulen. Egal wie stark ich im Laufe der Zeit in der Schule zu wirken versuchte, konfrontierte man mich mit wahrhaftig bösartigem, war ich alles andere als Stark. Ich war ein Mädchen wie jedes andere auch.

Zwischen all den Gedanken an den Schmerz in mir, war irgendwo immer ein funken Helligkeit. Und diese Helligkeit kam nur von ihr aus. Shay.
In meinen Gedanken flüsterte ich ihren Namen. Shay. Shay. Shay.  Es war so schwer, irgendwie zu handeln. Wir standen uns einfach gegenüber, er mit einem teuflischen grinsen auf den Lippen, was mir die ganze Zeit sagen musste: RENNE!  Doch ich stand einfach. Verstummt, wie eingefroren.
Nervosität machte sich in mir breit. Nicht wieder. Nicht ein weiteres mal. Bitte!
" Oh. Kleines Mädchen. Ganz allein in dunkler Nacht" lachte er. Ich machte meine Augen ganz schmal. Ich wusste nichts zu sagen. Eigentlich verstummte man mich nicht so einfach, und eigentlich war ich immer die erste, die das Maul aufriss, wenn irgendwas dergleichen kam. Aber ich war allein. Auf unbekanntem Gebiet. Ich wusste nicht mal genau, wo es zurück ging an den Ort, von dem ich gekommen war. Und dann kam er dichter, immer dichter. Und ich wich Rückwärts.
Schwarz. 
Ich fiel, fiel, fiel. Und landete. Unsanft auf dem Boden. Ich stieß mir den Kopf an, krabbelte Rückwärts, ehe ich mich an der Leitplanke hoch raffte. So viel nervosität, so viel Angst machte sich in mir Breit. Ich wusste nicht, wohin, kam mit meiner selbst nicht klar.
'hilfe' flehte ich in meinem Kopf, als er immer dichter kam und nur centimeter vor mir stand.
Von ihm ging eine enorme Präsenz aus, er war so ein starker und riesiger Mann.
Vodka. Bier. Ich verzog angewiedert das Gesicht, war nicht fähig zu denken oder zu handeln. Es war, als wollte ich mich bewegen, doch meine Muskeln, meine Kompletten Beine wollten mir einfach nicht gehorchen!
Ich wollte zu Shay. Ich wollte in ihre Arme zurück und sie nie wieder gehen lassen.
Und dann überkam mich der Mut.
Ich grinste, zog das Bein so schnell ich konnte zwischen seine Mitte. Er sackte zusammen, mit solch einer enormen Wucht hatte ich zugetreten. Und dann versuchte ich, zu laufen. Ich setzte an, einen riesen schritt, noch einen. 
Klatsch!
Mein Körper landete auf der Straße, voll mit kleinen Kieselsteinen. Ich schrie, als ein stechender Schmerz mich durchzuckte. Mein Kiefer hatte so eben die Straße volle Wucht getroffen. Er hielt meinen Fuß. Wie eine irre, aus lauter Angst und vollgepumpt mit Adrenalin, schüttelte ich so lange an meinen Schuh, ehe dieser endlich von mir rutschte. Und dann lief ich, rannte ich, wie eine verfolgte - was ich auch war, nahm ich jedenfalls an - die Straße mit nur einem Schuh herunter.
Es war mir egal, wie viel Schmerz meinen Körper gerade durchzuckte. Es war egal, wie viele Angstgedanken in mir rasten - ein Gedanke hielt mich am laufen: Sie!
Ich wusste nicht, warum sie es war, doch in diesem Moment gab es für mich nichts anderes. Nach all den Jahren voller Depressionen und Schmerzen, war mir in genau diesem Moment eines klar: Ich wollte leben! Denn ich liebte das Leben, ich liebte es, zu LIeben, zu fühlen. Ich liebte es, Shay anzusehen, egal wie fern sie mir zeitweilig war. Und in diesen Minuten hier draußen - in den Minuten der größten Angst, schien all das von mir wegzurennen, und egal, wie sehr ich es versuchte, ich konnte nicht danach greifen.
Meine Beine trugen mich, fühlten sich an wie Pudding, doch sie trugen mich. Jeden weiteren schritt zwang ich mich zu laufen, aber ich wagte es nicht, anzuhalten. 
Plötzlich überkam mich ein grauenvolles Gefühl. Ich hielt, sah hinter mich, neben mich, vor mich. Ich drehte mich ein paar mal um meine eigene Achse, ehe ich das grauenvolle Gefühl nicht mehr unter Kontrolle hatte. Mein gesamter Mageninhalt brach aus meinen Körper hinaus. Ich konnte kaum atmen, nicht schlucken, nichts. Ich war nicht fähig, luft zu holen. Meine Beine drohten, unter mir zusammen zu brechen.
Es waren gefühlte Stunden, die ich dort hing, an einer Art Brücke, und einfach kotzte. Alles, einfach alles, brach heraus, bis nur noch der blanke Magensaft über war.
Ich hielt mir den Kopf, lehnte mich nach hinten.
Ich zuckte, meine Augen wurden groß. Ich wusste nicht, von wo, doch ich hörte schritte. 
Wie eine Irre zwang ich mich, weiter zu laufen. Und ich lief. Sofern man das als laufen betrachten konnte. Viel mehr war es ein torkeln, halbes laufen, die Straße herunter. Mein Magen drehte sich um, und ich war kurz davor, wieder zu kotzen, doch irgendwas hielt mich auf den Beinen und sorgte dafür, das ich weiter vorwärts kam. Es war ein schleppen.

Ich wusste nicht, wie lange ich gelaufen war. Doch endlich war es zu sehen - die Jugendherberge. Meine Sicherheit. Ich lief in das Gebäude, an die Rezeption. Ganz außer Atem, stand ich da, keine Ahnung, wie ich aussah. Doch die paar Menschen, die dort waren, sahen mich mit totaler Entgeisterung an.
" Shay Broooks..." nuschelte ich, ehe ich nach unten kippte und mitten auf dem Boden zu würgen begann. Nein. Nein. Nein.
Ich beherrschte mich. Es kam nichts. Ich schlug die Arme vor meinem Gesicht zusammen. 2. 3. 4 Menschen um mich herum versuchten mich zu berühren, doch wie in trance schrie ich einfach nur um mich. Sie versuchten alles, um mich wenigstens anfassen zu können, und versuchten, mir auch mit ihren Stimmen zu beruhigen.
" Haltet die Fresse" schrie ich. Und alles verstummte. Ich sah auf meine Hände. Und wieder wurde mir schlecht. 
Nicht schlecht im Sinne das ich kotzen müsste. Nein. Schlecht weil ich realisierte, das ich so viel Blut an mir hatte. Mir wurde ein Handtuch zugeworfen. Keiner traute sich an mich heran.
" Wo ist Shay...?" wimmerte ich. Ich saß dort einfach, irgendwo mitten im Weg, ein paar Meter vor der Rezeption, und wimmerte nach Shay. Ich wollte sie sehen...
" Sie ist auf dem Weg.." eine  Männerstimme. Ich zuckte zusammen, alles in mir, drohte zu explodieren. 
" Shay.." ich flüsterte ihren Namen. Und dann hörte ich hackenschuhe, sah einen weißen Bademantel auf mich zukommen - nur aus dem Augenwinkel, wusste ich, das sie es war.
" Fassen Sie sie lieber nicht an, sie ist wie irre!" Sanft lächelte sie und schüttelte mit dem Kopf. 

Shay kniete sich neben mich, legte sanft einen Arm auf meinen Rücken.
" Komm, Amelia. Komm wir gehen hoch.." ich versuchte, aufzustehen, und sie stütze mich. Egal wie dünn sie war, sie hielt mich.
" Wir rufen einen Krankenwagen!" sagte eine Frau.
" Nein.." flüsterte ich. Shay hielt inne.
" Lassen sie sie kurz mit mir alleine. Okay? Ich melde mich hier unten... wenn sie so weit ist.. lassen sie uns zeit." ihre stimme war so warm und freundlich. Shay war eine wahnsinnige Frau..
und langsam schleppte sie mich mit nach oben... hinein in ihr Zimmer.

Forever? ∞ [GirlxGirl] - Wattys 2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt