How Things change

Kapitel 36

Song: Because of you - Lana del Rey

Leas Sicht

Ich starre die Chipstüte in meiner Hand an. Es sind Lite-Chips. Extra wenig Fett. Es ist ewig her, dass ich sie gegessen habe doch in meiner Erinnerung schmecken sie gut. Trotzdem schaffe ich es nicht sie herunterzuwürgen.

"Hey, alles klar?", fragt mich Jackson, der neben mir auf der Couch liegt. "Klar, alles super..", entgegne ich und stecke meine Hand nun doch tief in die Chipstüte, nur um kurz darauf einen Batzen der nach Paprika schmeckenden Kalorienbomben in meinen Mund zu stopfen. "AAAALLES fantastisch.", füge ich mit vollem Mund hinzu. Mehr Chips - weniger Probleme. Manche Dinge ändern sich wohl nie.

Jackson seufzt. "Okay, reden wir jetzt endlich über dich und Nico oder muss ich mir noch länger deinen Sarkasmus, dein seufzen und stöhnen anhören und meine Couch mit deinem fettigen Zeug vollkrümeln lassen?", sagt er schließlich und macht den Ton vom Fernseher aus.

Ich setze mich auf und schaue ihn an. "Okay", seufze ich. "Dann lass uns reden."

Wir schweigen beide.

"Soll ich anfangen?", schaut mich Jackson fragend an, denn er scheint zu merken, dass ich von mir selbst nicht anfangen werde über mein gebrochenes Herz zu reden.

"Gut, also ich kenne dich jetzt schon sehr lange und kann deine Emotionen mittlerweile ganz gut interpretieren.", beginnt er und schaut auf meine Finger, bei denen ich den Nagellack abpule.

Er ergreift sie und schaut mir in die Augen. "Und ich weiß, dass es dir schwer fällt, Menschen zu vertrauen.." Ich wage es nicht ihn anzusehen. "Und ich weiß, dass Nico dein Vertrauen gebrochen hat, indem er dein größtes Geheimnis verraten hat." Ich schaue auf, unmittelbar in seine wunderschönen Augen. "Und du bist unglaublich wütend auf ihn. Auch wegen deiner Kette, die jetzt weg ist.." Er stockt kurz und wir schweigen uns für einen Moment an. "Und dann noch die Sache mit Maya und Natasha.. Lea. Glaub mir. Er war einfach nicht der richtige.", fügt er hinzu und ich beiße mir verlegen auf der Lippe herum. "Was wenn doch?", krächze ich leise.

"Würde jemand, der richtige für dich wäre, die so weh tun? Dir so etwas antun?", Jacksons Stimme wird lauter. Ich schaue weg und ziehe auch meine Hände weg, denn Jackson drückt sie immer fester. "Ich weiß du magst ihn nicht, aber kannst du vielleicht mir vielleicht bei meinem Problem helfen?", sage ich mit einem vorwurfsvollen Unterton, und will diesen Satz sofort nachdem ich ihn ausgesprochen habe, wieder zurückziehen. Jackson schaut mich traurig an; er weiß, dass ich weiß, was er für mich empfindet und da kann ich nicht so tun, als wäre er nur irgendein normaler Freund der bei diesem Gespräch neutral sein könnte.

"Es.. Es tut mir leid.", füge ich schnell hinzu, als mir mein Fehler klar wird und greife nach der Hand von ihm. "Ich weiß es ist schwer in meiner Lage objektiv zu bleiben, aber ich versuchs jetzt mal.." Er seufzt. "Also. Von Anfang an. Du kamst auf die Schule und die ersten Jahre wurdest du von ihm gedemütigt und ignoriert BIS du dich verändert hast. Dann war er hinter dir her. Trotzdem hatte er währenddessen schon seine Geheimnisse und Frauengeschichten. Dann drängt er dich dazu, ihm dein Geheimnis anzuvertrauen, nur um es sofort seinen dummen Freunden weiterzuerzählen.", ich merke wie Jackson immer mehr in Rage gäret; er ist vermutlich immer noch sauer wegen der Prügelei.

Beruhigend lege ich meine Hand auf seinen Oberschenkel. "Jack, beruhige dich, ich verstehs ja..", sage ich vorsichtig. Das stimmt nur so halb. Ja, ich verstehe seinen Standpunkt und alles was er sagt ist eigentlich auch wahr nur.. Wenn man verliebt ist, ist einem die Wahrheit total egal, selbst wenn sie verdammt scheisse ist. Oder vielleicht auch VOR ALLEM wenn sie verdammt scheisse ist. Nur darüber sollte ich wirklich mit Katina und nicht mit Jackson reden.

Er blickt auf und schaut mich ein wenig gequält an. Das hatte er wahrscheinlich schon länger mal loswerden wollen.
Ich lächle aufmunternd zurück. Er schaut mir in die Augen und ich will gerne wegschauen, doch ich kann nicht. Scheisse, hoffentlich versucht er nicht mich mal wieder zu küssen. Das würde mein Gefühlschaos noch verschlimmern. In diesem Moment klingelt mein Handy; genau zur richtigen Zeit. Wer weiß was als nächstes passiert wäre..

Katina ruft an. "Entschuldige mich kurz", sage ich schnell zu Jackson und springe dann vom Sofa auf und laufe in die Küche.

Hastig drücke ich auf den grünen Knopf und zische ein leises "K, bist du das?" in mein Handy.

Ich höre zuerst nur ein knacken und dann ziemlich laute Musik im Hintergrund, doch dann auch meine beste Freundin. "Lea! Oh Gott", kreischt sie beinahe ins Handy. "Katina, was ist los?", flüstere ich besorgt. "Lea.. Du musst jetzt stark sein..", kommt aus meinem Telefon und mein Herz rutscht in die Hose. Sie ist auf der Party von Nico, das kann nichts Gutes bedeuten..

"Okay", presse ich heraus und warte gespannt auf die Antwort von Katina. "Nico.. Er..", die Verbindung bröckelt und ich kann sie kaum verstehen. Etwas lauter sage ich, beinahe verzweifelt: "K? Was ist mit Nico?"

Scheisse. Fuck. Mist. #!$£]!]$. Verbindung weg. "Verdammt!", fluche ich; ein wenig zu laut, denn Jackson kommt in die Küche. Stirnrunzelnd fragt er: "Alles okay?"

Erschrocken schaue ich ihn an. Ich will nicht, dass er sieht wie sehr ich an Nico hänge. Das wäre einfach.. So gemein. "Nichts nichts", entgegne ich schnell und stecke mein Handy in meine Hosentasche.

Da klingelt es erneut. Ich zögere kurz und überlege, nicht dran zu gehen, aber das geht nicht. Ich muss wissen was mit Nico ist. Vielleicht hat er Katina etwas über mich gefragt? Oder soll eine Nachricht übermitteln. Es ist schwer ihm aus dem Weg zu gehen und in der Schule einen auf kalte Schulter zu machen, doch ich bin natürlich nach wie vor angepisst.. Die ganze Vergewaltigungssache ist noch nicht vom Tisch. Noch lange nicht.

"Katina?", melde ich mich. Dieses Mal ist die Verbindung deutlich besser. "Sorry, die ganzen Menschen haben den Empfang blockiert", erwidert meine beste Freundin. "Also was gibt's?", frage ich locker, doch innerlich bin ich gespannt wie ein Flitzebogen.

"Lea.. Ich bin grad mit Zack nach draußen gegangen und da haben wir gesehen wie Nico.. mit Maya rumgemacht hat..", erzählt sie. Ich stütze mich an der Küchentheke ab und verziehe keine Miene. "Okay.", presse ich heraus. "Sonst noch was?", ich versuche meine Verletzlichkeit zu überspielen, was mir nicht besonders gut gelingt. Jackson durchschaut mich direkt und Karina erkennt schon an meiner Stimme das etwas nicht stimmt. "Lea, es tut mir leid", sagt meine beste Freundin traurig und ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen. "Schon gut. Viel Spaß noch", flüstere ich förmlich in mein Handy, denn mehr kann ich nicht herausbringen. Dann lege ich auf.

Jackson hat sich an den Türrahmen gelehnt und schaut mich mit verschränkten Armen erwartungsvoll an. Vermutlich erwartet er, dass ich heulend in seine Arme gerannt komme oder sonst was.

Ich will ihn nicht anschauen.. Er hatte Recht mit Nico. Erst zerstört er mein Leben und dann tut er so, als hätte es mich nie gegeben und macht sich sofort wieder an Maya ran.

Ich starre auf meine pinken Socken und kann Jackson immer noch nicht in die Augen schauen. Vor allem, weil sich meine gerade mit Tränen füllen.

"Ach Lea..", seufzt Jackson und setzt sich in Bewegung. Er kommt auf mich zu und stellt sich direkt vor mich. Trotzdem schaffe ich es nicht, ihn anzuschauen. "Schau mich an.", befielt er sanft und ich hebe meinen Kopf um in seine blauen Augen zu schauen.

Er beugt sich zu mir runter und eigentlich will ich seinem Kuss ausweichen, doch irgendwie tue ich es nicht. Stattdessen lasse ich mich von ihm näher an sich heran ziehen und danach auf die Küchentheke heben.

Ungewollt küssen wir uns heftiger; das ist eigentlich das komplette Gegenteil von dem was ich will. Doch er ist hier und so ist mein Kopf wenigstens kurz frei von Nico.. Und Maya. Und was die beiden gerade tun..

Ich ziehe an Jacksons T-Shirt Kragen um seinen Körper noch mehr an mich zu pressen und die Gedanken an meinen Ex endgültig aus meinem Kopf zu drängen.

"Gehen wir nach oben?", keucht er und ohne groß nachzudenken nicke ich.