9.:"Nick, du Schwein!"

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Nick hat mich vorgewarnt, dass er Jare von der Schule abholen würde. Ich will ihn sehen. Ein Teil meines Körpers sehnt sich danach, doch mein Verstand nimmt glücklicherweise die Zügel in die Hand. Es würde nicht gut enden, wenn wir uns sehen würden. Und so warte ich vor meinem Spint, bis ich sein ok bekomme.

Ich bin weg.
Mehr kommt nicht. Auch sein Gesicht kann ich nicht ausmachen. Es scheint, als würde er noch den Hass spüren. Ich antworte ihm nicht, sondern löse die Verbindung sofort wieder, da ich ihn nicht unnötig an mich erinnern will, wenn er sich grade beruhigen muss.
Ich schnappe mir meinen Helm und mache mich auf den Weg zu meiner Maschine. Ich kann sie jedoch nicht sehen, da viele Schüler tuschelnd dort stehen, wo sie eigentlich stehen sollte. Ich bahne mir meinen Weg durch die Menge und sehe zuerst Brian, mit blutiger Nase auf dem Boden liegen, daneben mein Motorrad.

Ich bin unentschlossen, nach wem ich zuerst sehen sollte. Jede Faser meines Körpers wollte nach meiner geliebten Maschine sehen, jedoch empfinde ich das als etwas unangebracht und mache einen Schritt auf Brian zu. Der lächelt mich jedoch gequält an und nickt zu meinem Motorrad, auf welches ich mich sofort Stürze, um den Schaden in Augenschein zu nehmen. Es hat einige Kratzer vom Sturz, jedoch nichts Schlimmes. Dennoch werde ich verdammt wütend, denn auf das Motorrad habe ich seit ich Klein war gespart und ich liebe es über alles. Ich stelle es auf und wende mich Brian zu, der mittlerweile neben mir steht und sich ein Taschentuch unter die Nase hält. Ich will unbedingt sofort eine Erklärung haben.

Mein Ex-Freund versteht meinen wütenden und zugleich fragenden Blick sofort und erklärt es mir: "Er ist aus seinem Auto ausgestiegen, um seinen Bruder abzuholen und sein Blick ist an deinem Motorrad hängen geblieben. Plötzlich schien er wütend zu werden und ist mit schnellen Schritten auf das Motorrad zu geeilt und hat es umgetreten. Ich war in der Nähe und habe versucht, ihn davon abzuhalten, den Schaden größer zu machen. Da hat er mich geschlagen. Er hätte sicherlich nicht so schnell aufgehört. Er war wirklich verdammt wütend. Was hast du ihm bitte angetan? Naja, dann kam der kleine Bruder und die zwei sind abgedampft. Echt creepy."

Nick, du verdammtes Arsch!! Wie konntest du meinem Baby weh tun??

Schnauze ich ihn in Gedanken an und gebe ihm keine Chance, mir zu antworten. Auch Brian antworte ich nicht. Ich drehe mich um und mache mich auf die Suche nach Clyde. Ich brauche dringend eine Info. Gott, ich bin so wütend wie noch nie und kann keine klaren Gedanken mehr fassen.
Ich entdecke Clyde vor mir und steuere auf ihn zu "wo wohnt der Dreckskerl?", frage ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen. "Was hast du vor?", fragt er verwirrt. "Das geht dich einen Scheißdreck an und jetzt sag mir, wo er wohnt!" "An der Strandpromenade das beige Haus. Das, wo die Coopers früher gewohnt haben."

Ich weiß welches Haus er meint. Die Coopers sind vor ein paar Monaten weggezogen. Ihr Sohn, Ben, war in meiner Stufe und wir hatten mal, total besoffen, auf einer Party rumgeknutscht. Er war ein netter Kerl, aber für mehr hatte es irgendwie nie gereicht. Dann ist er ja auch weggezogen und ich bin mit Brian zusammengekommen.

Mittlerweile bin ich wieder bei meiner Maschine angekommen und fahr, ohne einen Gedanken an meinen Helm oder die vorgeschriebene Geschwindigkeit zu verschwenden, zum Haus der mysteriösen Brüder.

"Nick, du Schwein!" Brülle ich, sobald ich zum stehen komme. "Komm raus!" Doch die Person, die die Tür öffnet ist Mike, der mich verwirrt anschaut. "Was ist los?" Fragt er, doch ich antworte nicht, sondern drängel mich an ihm vorbei ins Haus. In meinem Tunnelblick bekomme ich nicht viel mit. Ich schaue in jeden Raum, ob ich ihn sehe, doch im Erdgeschoss ist er nicht, also renne ich die Treppe hoch.

Erste Türe rechts- nada, erste Türe links- Treffer! Ich knalle die Tür hinter mir zu und baue mich vor ihm auf. Er dreht sich verwirrt um und schaut mich mit großen Augen an, die sofort vor Hass nur triefen.

"Sieh mal einer an, die kleine Rebecca hat doch nicht so viel Selbstbeherrschung. Hat sich dein Ex also bei dir ausgeheult? Oder seid ihr jetzt wieder zusammengekommen, weil ich ihm, deinem Baby, wehgetan habe?" Ich bin völlig perplex, denn mir geht es nicht um Brian, sondern um mein Motorrad.
Dank der kurzen Verwirrung habe ich die Chance, meine Umgebung wahrzunehmen. Es ist verdammt heiß und es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit, so als wäre grade jemand aus der Dusche gestiegen, worauf ich feststelle, dass ich mich wirklich in einem Badezimmer befinde.

Langsam dämmert mir die Situation und zögernd blicke ich zu Nick. Ich bin zwar immer noch extrem sauer und würde ihm am liebsten den Kopf abreißen, dennoch spielen meine Hormone total verrückt, als ich erkenne, dass er tatsächlich grade erst aus der Dusche gestiegen ist. Seine Haut ist noch nass. Ich blicke langsam an ihm runter und kann, zu meiner Erleichterung, feststellen, dass er sich wenigstens schon eine Boxershorts angezogen hat.

Er sieht mich genervt an, wartet wohl immer noch auf eine Antwort. Warte... worum gings nochmal? Achja, mein Motorrad. Sofort kommt die Wut und der Hass wieder hoch.
"Du kleiner Mistkerl! Wenn du noch einmal Hand an meine Maschine legst, mach ich dich ohne zu zögern kalt. Da hilft dir dein Sixpack auch nicht weiter! Ich falle auf dein gutes Aussehen und deine Spielchen nicht rein! Du bist so ein Arsch und ich hasse dich mehr als je zuvor!! Meinem Baby hätte sonst was passieren können, wäre Brian der Idiot nicht dazwischen gegangen. Er weiß wenigstens, dass mir meine Maschine alles bedeutet!", fahre ich ihn an und merke gar nicht, wie ich mich ihm immer weiter genähert hatte. Er weicht zurück, bis er ans Waschbecken stößt, lässt sich jedoch nicht einschüchtern: "Das ist doch nur ein Haufen Blech! Jetzt heul nicht rum, sondern verschwinde sofort aus meinem Haus, bevor ich mich vergesse!"

Ich schnaube und will gehen, doch besinne ich mich etwas besserem und trete ihm einmal in seinen Bauch. Er krümmt sich und ich zische ihm zu: "Das nächste Mal landet der Tritt tiefer!", bevor ich mich umdrehe und einen tollen Abgang machen will, jedoch habe ich nicht damit gerechnet, das irgendein Vollidiot die Türe von Außen verschlossen hat. Ich tobe vor Wut und hämmere gegen die Türe. Mir ist bewusst, dass Nick sich jeden Moment für meine Tritt rächen wird und so ist es auch. Er dreht mich ruckartig an der Schulter um und schlägt mir mit der Faust ins Gesicht. Mit kommen die Tränen. Er hatte mich schon einmal geschlagen, doch das war anders.

Ich fühle mich elend, doch lass es nicht auf mir sitzen und wehre mich gekonnt. Es wurde mal wieder eine astreine Schlägerei daraus. Doch da es in dem Bad recht klein ist, stehen wir irgendwann in der Dusche. Er schubst mich gegen die Wand und ich stöhne vor Schmerzen auf, denn ich bin mit dem Rücken gegen den Wasserhahn geknallt, der nun angegangen ist, und uns beide mit kaltem Wasser nass macht.

Ich rutsche an der Wand runter und kauer mich in der Ecke zusammen. Die Kälte lässt meine Muskeln sich zusammenziehen und bringt mich zum zittern. Ich kapituliere und warte auf weitere Schläge. Doch es kommt nichts. Das Wasser rieselt weiter auf mich nieder und ich wage einen Blick zu Nick.

Er steht mit geschlossenen Augen über mir, unschlüssig, was er tun soll. Auch ich schließe wieder meine Augen, seinen Anblick kann ich immer noch nicht ertragen. "Was soll ich tun, Becca? Ich will dich jetzt und hier töten, das alles beenden, mein altes Leben weiterleben und keine Probleme mehr haben." Tu es, denke ich mir, kann ihn aber immer noch nicht ansehen. "Verdammt, Becca! Sieh mich an! Ignorier mich nicht!" Schreit er mich an. Der Hass lässt nach und seine Stimme scheint mich zu beruhigen, auch wenn er mich anschreit. "Nick? Hast du deine Augen offen?" Frage ich leise? "Ja, verdammt! Und jetzt sieh mich an, du Miststück!" Antwortet er mir, völlig in Rage und ich spüre, wie er meine Haare packt, um mich hochzuziehen. Ich stehe von selbst auf, um dem Schmerz auszuweichen. "Nick. Schließ deine Augen." Sage ich ruhig. "Was?" Er ist verwirrt. "Bitte!" Flehe ich. Ich höre, wie er tief durchatmet, seine Hände immer noch in meinen Haaren. "Hast du deine Augen zu?" "Ja" flüstert er. "Gut. Nick, hör mir zu. Wir können das schaffen, wir kommen hier wieder lebend raus" sage ich sanft und merke, wie er sich entspannt und der Druck an meiner Kopfhaut nachlässt. Langsam öffne ich die Augen. Das Risiko, den Hass wieder zu spüren, ist groß, doch ich gehe es ein. "Alles ist gut" sage ich, als ich seine Tränen sehe, die sich langsam den Weg durch seine geschlossenen Augenlider bahnen.

Ich löse sanft seine Hand aus meinen Haaren und umschlinge seine Hand mit meiner. Mit der anderen Hand schließe ich den Wasserhahn. Ich lass mich auf den Boden der Dusche gleiten und zieh ihn sanft mit mir runter. Er lässt seine Augen geschlossen, setzt sich neben mich und bettet seinen Kopf auf meinem Schoss. "Ich kann das nicht mehr" sagt er verzweifelt "ich weiß" antworte ich leise und streiche ihm durch seine nassen Haare.

Hass auf den ersten Blick?Where stories live. Discover now