56.: "Verdammt Nick, hör auf damit"

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Unten angekommen finde ich Nick in der Küche, wie er gerade unsere Spülmaschine ausräumt. Lachend beobachte ich ihn. "Was tust du da?" mit einem leicht gehetzten Gesichtsausdruck dreht er sich kurz zu mir, räumt aber weiterhin auf. "Ich räume auf." Mit diesen Worten verstaut er  das letzte Teil und schließt den Geschirrspüler. Ich halte ihm auffordernd meine Hand hin, denn er verwirrt mich grade etwas, doch er ignoriert sie einfach, sieht sich hektisch um und beginnt, unsere Ablagen zu polieren. "Verdammt Nick, hör auf damit.", lache ich beunruhigt und fasse ihn leicht an seiner Schulter an, die er jedoch wegzuckt. Ein leichter Schmerz der Enttäuschung durchzuckt mich bei seiner Zurückweisung, doch ich lasse nicht locker. Irgendetwas stimmt hier überhaupt nicht. "Nick! Leg jetzt sofort den Lappen weg!", sage ich einem ernsten Tonfall, doch er macht immer nur weiter. "Lass mich! Ich kann jetzt nicht aufhören. Ich muss das erst sauber machen!", fährt er mich gereizt an, doch ich zucke nicht zurück, ich war auf so eine Reaktion vorbereitet. Stattdessen reiße ich ihm den Lappen aus der Hand, schmeiße ihn in die Spüle und stelle mich genau vor ihn. Böse blickt er mich an. Sehr böse sogar. Ich will einen Schritt auf ihn zugehen, in der Hoffnung, ihn zu beruhigen, doch er weicht nur zurück und funkelt mich an. "Was soll das! Ich habe doch gesagt, dass ich das erst fertig machen muss! Wieso musst du dich immer einmischen? Lass mich doch einfach in Ruhe und kümmer mich um deinen eigenen Scheiß!" und mit den Worten, dieer mir ins Gesicht schleudert, wird mir schlagartig klar, dass er ihn wieder verspürt. Er spürt den Hass wieder. Doch ich bin mir sicher, dass das nicht sein einziges Problem ist. Ich versuche, trotz seinerals abweisenden Worte, ruhig zu bleiben. "Nick, ich muss mich einmischen, weil ich dich liebe und wir zusammen sind. Bitte rede mit mir, damit ich dir helfen kann." Flehend strecke ich meine Hand nach ihm aus, da ich weiß, dass eine Berührung dieser Situation etwas von der Schärfe nehmen kann, doch er schlägt sie nur angewidert weg. "Und ich verstehe nicht, wieso ich überhaupt mit dir zusammen gekommen bin. Du bist doch ein totaler Freak! Ich hasse dich!" Und mit den Worten schlägt er mich. Und das ist das erste Mal, dass ich wirklich Angst vor ihm habe. Mein Hass kommt nicht, obwohl ich ihn mir so sehr herbeisehne, denn er würde mir helfen, diese Situation besser verarbeiten zu können. Ich fasse in mein schmerzendes Gesicht und kann die Tränen nicht verhindern. Ebenso wenig, wie mein ängstliches Wimmern. "Becca!", höre ich meine Schwester rufen, doch ich habe keine Kraft mehr, zu ihr zu sehen. Meine volle Aufmerksam gilt Nick, der mir bedrohlich immer näher kommt und mich höhnisch auslacht und beschimpft. Als Freak. Als Psycho. Als Schlampe. Und ich kann nicht anders, als letzten Endes am Boden zusammenzusacken und kraftlos zu meinem Freund aufzublicken, in dessen Augen mir der Hass und die Gewaltbereitschaft entgegen blitzen. Doch plötzlich ist alles vorbei. Nicks Aufmerksamkeit wird von etwas Anderem auf sich gezogen und ich sehe, wie sein Körper sich sofort entspannt und ich weiß auch, dass es jetzt vorbei ist. Dass er aus dieser Hass-welle draußen ist. Doch ich kann mich nicht dazu aufraffen, aufzustehen und zu ihm zu gehen, auch wenn ich ganz genau weiß, dass er das Alles sicherlich nicht wollte. Plötzlich kommt Clark in mein Sichtfeld, die mich mit Tränennassem Gesicht prüfend und leicht panisch ansieht. "Kannst du aufstehen?". ihre Stimme klingt überraschenderweise relativ gefasst, was mir die Kraft gibt, ihre Hand zu nehmen  und mir hoch helfen zu lassen. Mit einem Blick zu Nick sehe ich, dass Nils auf ihn einredet. Er scheint ihn auch von mir abgelenkt zu haben. Plötzlich dreht Nick sich um und ich kann in seinem Blick den unendlichen Selbsthass sehen. "Bex, ich-" er will nach mir greifen,doch ich weiche automatisch zurück, was meine Schwester dazu bringt, sich schützend vor mich zu stellen. "Finger weg von meiner Schwester! Du bist doch vollkommen verrückt!" Zischt sie ihn verächtlich an und gibt ihm, zu meiner Überraschung eine Ohrfeige. Er sieht uns traurig hinterher, als Clark mich aus der Küche und die Treppe hoch in mein Zimmer zieht. Ich habe immer noch kein Wort gesagt, als sie mich auf mein Bett drückt und mich erwartungsvoll ansieht. Ich weiche nur ihrem Blick aus. Es ist ja nicht so, als wäre ich so naiv gewesen zu denken, dass es jetzt keinen Hass mehr gibt, aber damit gerechnet, hatte ich grade nicht. "was war das?", fragt Clark irgendwann leise. Ich schluchze nur auf. "Hasst ihr euch etwa immer noch?" schließlich schaue ich sie durch meine Verheulten Augen an. "Anscheinend schon. Ich hatte nur nicht damit gerechnet. Irgendwie war alles so... Perfekt." Sie kommt auf mich zu und nimmt mich tröstend in den Arm. "Er soll gehen. Ich- ich will ihn nicht hier haben." Sage ich irgendwann leise und hasse mich zugleich selber für die Worte, denn ich weiß, dass er nichts dafür kann. Dennoch kann ich  nichts dafür, dass ich im Moment Angst davor habe, ihm wieder gegenüber zutreten. Clark nickt nur und verlässt das Zimmer. Ich verfolge ihre Schritte und als sie unten ankommt, höre ich sie diskutieren. Sie wird etwas lauter und als schließlich die Haustüre zufällt, lass ich mich erleichtert und weinend in meine Kissen sinken. Als Clark wieder kommt, schafft sie es nicht, mich zu beruhigen. Erst als einige Zeit später Mila neben mir liegt und mich in den Arm nimmt, sieht sie Welt schon wieder besser aus. Und ich bin Clark unendlich dankbar, dass sie trotz ihrem Streit mit Mila, sie gerufen hat.

Hass auf den ersten Blick?Where stories live. Discover now