19.:"Becca? Alles gut?"

65 3 0
                                    

Fuck.

Mein Kopf tut weh.

Und ich habe mit meiner besten Freundin rumgemacht.

Fuck!!

Ich setze mich auf und schaue neben mich zu Mila. Sie schläft noch. Ich bin völlig verwirrt. Was war das denn bitte? Nicht, dass ich es schlimm finde. Es war halt eine typische Partyknutscherei, nur halt nicht mit einem Typen... sondern meiner besten Freundin. Sie meinte, dass sie mich liebt. Meinte sie das wirklich so? Ich meine, wir sagen sowas schonmal häufiger, macht man ja so unter besten Freundinnen. Aber rumknutschen macht man für gewöhnlich nicht.

"Fuck", gebe ich nun stöhnend von mir. "Hm?", höre ich Mila neben mir. "Mein Kopf tut weh", antworte ich ehrlich. "Meiner auch", lacht Mila leicht gequält und steht auf. Sie verlässt das Zimmer und ich falle verzweifelt zurück ins Bett. Mist Mist Mist Mist Mist!
Ich bin völlig überfordert. Mila kommt mit zwei Gläsern Wasser und zwei Tabletten wieder. "Meine Rettung!", rufe ich, etwas zu laut, was uns Beide aufstöhnen lässt. "Willst du Frühstück?", fragt Mila, leicht verlegen. Langsam kommen sicher auch ihre Erinnerungen an Gestern zurück. "Lieber nicht. Noch habe ich alles drinnen behalten. Ich sollte nach hause." "Okay alles klar." Sie ist verletzt. "Tut mir echt leid, aber ich muss nachher noch arbeiten. Heute zum Glück nur vier Stunden, aber ich sollte trotzdem fit sein" sage ich entschuldigend und mach mich schnell fertig. "Ich melde mich nachher bei dir!", meine ich noch im rausgehen. Mila sitzt noch auf ihrem Bett und lächelt mich leicht an.

Ich gehe zu Fuß nach hause. Ich muss zwar 45 Minuten laufen, jedoch tut das ganz gut um den Kopf frei zu bekommen. Vor allem gegen den Kater hilft es.

Zuhause angekommen gehe ich duschen und schmeiße ich mich dann aufs Bett. Es ist grade mal 11 Uhr. Um 18 Uhr muss ich auf der Arbeit sein. Das heißt, ich könnte noch
etwas schlafen. Ich rolle mich zusammen und deck mich zu. Meine Augen geschlossen warte ich darauf, dass meine Müdigkeit mich einholt, jedoch ist das Gegenteil der Fall. Meine Gedanken holen mich ein und ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Ich war noch nie in so einer Situation und hätte auch nie gedacht, es jemals zu sein. Heißt das jetzt, dass ich Bi bin? Lesbisch bin ich nämlich definitiv nicht, dafür machen mich Kerle einfach viel zu sehr an. Ich habe meine Sexualität nie in Frage gestellt. Auch nie darüber nachgedacht. Ich bin verzweifelt und die Tränen kommen.

Ist meine Freundschaft mit Mila jetzt kaputt? Ich mag Mila unglaublich gerne. Sie ist schließlich die aller beste Freundin auf der ganzen Welt!
So liege ich jetzt weinend zusammengerollt in meinem Bett und weiß nichts mehr mit mir anzufangen.
Mein Handy klingelt, doch ich ignoriere es zuerst. Zumindestens versuche ich es, denn letztendlich nervt es mich so sehr, dass ich doch dran gehe. "Ja?", melde ich mich. "Was ich gestern bitte passiert? Ich war grade bei Mila. Dachte, du bist auch noch da und wollte mit euch Kriegsrat halten, aber Mila war völlig aufgelöst und meinte, dass du schon gegangen wärst!" "Ja, so vor ner Stunde. Wollte mich nochmal hinlegen." "Was ist denn los mit Mila? Hast du was mitbekommen?" Ja, denke ich. Ich habe so einiges mitbekommen. Doch ich antworte nicht. Ich will nicht antworten. Ich will echt nicht mit Brian darüber reden. Wieder kommen mir die Tränen, die ich die ersten Minuten des Gesprächs noch in Schach halten konnte und muss einmal schniefen. "Becca? Bist du ok? Hattet ihr Streit?" "Nein nicht wirklich. Ich will aber grade echt nicht drüber reden. Tut mir leid Brian.", sage ich und lege auf. Ich schaue mir mein Hintergrundbild an- Mila und ich als wir noch jünger waren und mit meinen Eltern wandern waren.

Eine Nachricht leuchtet auf  <mach dir keinen kopf. Wenn du reden willst, ich bin immer für dich da 😘> kommt von Brian. Ich sperre mein Handy ohne zu antworten, schmeiße es neben mich und Kugel mich wieder zusammen.

Leise klopft es an der Tür, die sich langsam öffnet "Becca? Alles gut?" Ich schüttle nur meinen Kopf, weshalb meine Mutter sich vorsichtig neben mich setzt und mir über den Kopf streicht. "Soll ich deine Chefin anrufen?" Ich nicke leicht. Meine Mutter ist mit meiner Chefin befreundet. Da wir heute sowieso überbesetzt wären, ist es sicher nicht schlimm, wenn ich einen Tag Pause mache. "Ich bin unten wenn was ist.", sagt meine Mutter leise und verlässt wieder mein Zimmer. Ich drehe mich um und schaue nochmal auf mein Handy. Es ist mittlerweile 13 Uhr. Ich spüre, wie Nick eine Verbindung aufbauen will, jedoch Block ich ab, jedoch anscheinend nicht früh genug, denn ich bekomme ein paar Sekunden später eine Nachricht von Unbekannt: <du bist ja völlig verzweifelt! Bin ich fünf Minuten da 😘> ich muss Lächeln, dann lachen als mir klar wird, wie verrückt der Kerl ist. Er riskiert tatsächlich, von mir ungebraucht zu werden.
Und tatsächlich, ungefähr 5 Minuten später höre ich unten die Klingel und anschließend die Stimme von meiner Mutter und Nick. Mein Puls beschleunigt sich leicht und ich versuche, ruhig zu bleiben. Ich bin mir grade nicht sicher, ob ich einfach nur aufgeregt bin, oder ob es die Vorstufe zum Hass ist.

Leise öffnet sich die Tür und Nick betritt meinen Raum. Ich drehe mich im Bett zu ihm, auf einen Angriff seinerseits bereit, er jedoch sieht mir tief in die Augen, kommt ruhig auf mich zu, legt sich neben sich und zieht mich an die Brust. Augenblicklich fang ich wieder an zu heulen wie ein Schlosshund. Nick fragt nicht nach, sondern streicht mir nur beruhigend über meinen Rücken. Schließlich höre ich auf zu weinen. Mittlerweile liegt Nick auf dem Rücken und ich auf seiner Brust. Ich male, wie so häufig, Gedankenversunken kleine Muster auf seine Brust. "Willst du es mir erzählen?", fragt er leise. Will ich das? Will ich dem Typ, auf den ich stehe und mit dem ich irgendwie auch was am laufen habe erzählen, dass ich heute Nacht mit meiner besten Freundin rumgemacht habe? "Du musst nicht.", sagt er beruhigend und drückt mich feste an ihn. Ich löse mich jedoch von ihm und setze mich neben ihn. Mein Entschluss steht fest.

"Bitte verurteile mich nicht" sage ich leise. Er setzt sich ebenfalls hin und schüttelt nur ruhig den Kopf. "Ich habe heute Nacht mit wem rumgemacht." Er versteift sich leicht, bleibt jedoch ruhig. Er wollte schließlich wissen was los ist. "Und du weinst weil...?" "...es Mila war...", flüstere ich und schaue auf meine Bettdecke. "Du hast mit Mila rumgemacht?", fragt Nick nochmal nach, woraufhin ich nur nicke, mein Blick immer noch nach unten gerichtet. "Stehst du auf sie?", fragt er direkt. Ich blicke auf und schaue ihn an. Er sieht neugierig aus, jedoch auch verschlossen, als würde er seine Emotionen verbergen. Ich schüttle nur den Kopf. Ich kann grade nicht sprechen. Ich würde sofort anfangen zu heulen. Er atmet kaum merkbar aus. "Steht sie auf dich?" Ich zucke nur mit den Schultern, die Tränen kann ich jedoch nicht mehr zurückhalten und eine läuft einsam über meine Wange, doch Nick wischt sie sanft mit seinem Daumen weg.
"Würdest du mir die ganze Geschichte erzählen? Es interessiert mich schon etwas." Ich nicke und erzähle es ihm alles, angefangen bei der Zigarette, die ich geschnorrt hatte. "...dann meinte ich, dass ich mich bei ihr melde und bin gegangen." "Hast du dich gemeldet?", fragt Nick. Schuldbewusst schüttle ich den Kopf. "Ich bin einfach total überfordert." "Also meinst du, sie ist lesbisch?" "Ich weiß es nicht. Wenn ich nachdenke, hatte sie noch nie was mit einem Typen. Sie hat zwar schonmal mit den anderen Mädels mit geschwärmt, aber das hat ja nichts zu sagen", antworte ich nachdenklich. "Du meinst so als 'Tarnung'?", führt Nick meine Gedanken fort. Ich zucke als Antwort nur mit den Schultern. "Würde es dir denn was ausmachen wenn sie auf dich stehen würde?" "Würde ja an sich nichts ändern. Ich stehe auf dich und das weiß sie auch. Sie wird immer meine beste Freundin bleiben, sofern sie das noch will." "Ich kann mir vorstellen dass es ihr grade noch schlechter geht als dir, sollte sie wirklich auf dich stehen", gibt Nick mir zu bedenken und ich bekomm ein schlechtes Gewissen. "Könntest du mich zu ihr fahren?", frage ich leise worauf er nur lächelnd nickt. Ich nehme mir mein Handy, öffne meine Nachrichten und schreibe an Mila <ich geh heute nicht arbeiten. Ich bin gleich bei dir, dann können wir in Ruhe reden.> Ich lese mir die Nachricht nochmal durch, füge noch ein <ich hab dich lieb> hinzu, schaue fragen zu Nick, der über meiner Schulter mitgelesen hat. Er lächelt bestätigend und ich schicke die Nachricht ab. Ich bekomme keine Antwort, stehe aber trotzdem auf um zu ihr zu fahren. Plötzlich fällt mir was ein. "Nick?" "Hm?" "Bist du mir böse?" "Warum sollte ich?", fragt er lachend. "Wegen der Sache mit Mila. Naja, ich hab ja nunmal mit jemand anderem rumgemacht..." Ich bin etwas verlegen und schaue auf den Boden, er jedoch hebt meinen Kopf an und sieht mir in die Augen. " 1. hast du mir schonmal gesagt, dass du eine Partyknutscherin bist. 2. sind wir kein Paar und 3. hast du grade noch gesagt, dass du auf mich und nicht auf Mila stehst." Ich nicke leicht und er gibt mir einen Kuss auf meine Stirn. "Aber das nächste mal, mach einfach mit mir rum, das vereinfacht doch vieles", fügt er augenzwinkernd hinzu, womit er sich einen leichten Schlag auf die Brust, aber gleich darauf auch eine fette Umarmung einfängt. Er schlingt ebenfalls seine Arme um mich. So stehen wir- meiner Meinung nach viel zu kurz- da, bis er mir einen Kuss auf den Scheitel drückt und leise meint "los Prinzessin, Mila wartet"

Hass auf den ersten Blick?Where stories live. Discover now