43.: "Es wird alles wieder gut"

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"Wohin gehst du?" "Nochmal raus", antwortet Nick seinem Bruder schroff. "Dein ernst? Wir alles suchen nach Becca und du gehst saufen?" "Chill mal, sie liegt im Arbeitszimmer" "Sie ist hier? Seit wann das?" Ich kann mir Nicks gleichgültiges Schulterzucken gradezu vorstellen. Die zwei stehen wahrscheinlich im Flur. Mittlerweile ist es Abend. Wir sind irgendwann vormittags hier angekommen und Nick hat mich direkt mit einer Wärmflasche und einem heißen Kakao ins Bett gesteckt, damit ich 'nach der Nacht im Freien nicht krank werde', wie er meinte. Ich bin auch echt schnell eingeschlafen und grade eben erst wieder aufgewacht von den Stimmen der Zwillinge.
"Wo hast du sie gefunden?" Ich folge wieder dem Gespräch der beiden. "Ist doch egal, sie ist wieder da. Sie schläft sicherlich noch." "Und du wolltest uns nicht Bescheid sagen? Wir haben uns alle Sorgen gemacht!" "Ich wollte kein großes Ding draus machen", meint Nick nur. "Kein großes Ding?" "Ja Mann, ihr hättet nur wieder alles mögliche da hinein interpretiert. Ich hab sie halt durch Zufall gesehen und mit nach hier gebracht." Mike lacht leise. "Durch Zufall gesehen? Du verlässt doch nie vor 12 Uhr dein Bett, geschweige denn das Haus. Du hast meine Nachricht bekommen und dir sorgen gemacht! Du bist verdammt nochmal immer noch in sie verliebt. Und nachdem du das Video gesehen hast, kannst du auch nicht mehr leugnen dass du ihr egal bist.", Mike kichert. Nick schnaubt genervt "wie du meinst. Nimm es doch einfach so hin, ich geh jetzt." Ich höre Nicks Schritte die Treppe runter und immer noch Mikes kichern. Er ist echt ein halbes Mädchen. Vorsichtig öffnet sich die Türe und besagter steckt den Kopf durch "bist du wach?" "Ja", meine ich leise. Mike kommt rein, macht das Licht an und setzt sich zu mir. "Alles gut?", fragt er leise. Ich schüttle den Kopf aber Antworte "das wird schon wieder" "weißt du, wenn du drüber reden willst, dann-" "das ist lieb aber ich glaube nicht dass ich das alles nochmal erzählen will", unterbreche ich ihn und sehe ihn müde an. "Du hast mit wem darüber gesprochen? Aber nicht mit Nick oder?", lacht Mike. "Doch", meine ich nur. "Der ist doch seit Monaten so einfühlsam ne Erbse!", meint er. "Hast du schonmal darüber nachgedacht, dass er sich gar nicht so sehr verändert hat und das alles nur eine Maskerade ist?", gebe ich ihm
Zu bedenken. Er sieht mich fragend an. Ich zeige auf die Wärmflasche, die leere Tasse neben dem Bett, und die Jogginghose und das Shirt, die ich trage. "Nichts davon habe ich verlangt. Ich war ja schon froh, dass er mich nach hier gebracht hat. Er hat aber drauf bestanden." Mike sieht mich sprachlos an. "Verdammter Mistkerl", Flucht er leise, wahrscheinlich weil Nick so gut den unnahbaren gespielt hat und Mike es nicht geschafft hat, ihn zu durchschauen. Ich muss leise lachen. "Du kicherst übrigens wie ein kleines Mädchen", ärgere ich ihn. "Ich-was? Wie kommst du darauf? Hast du- konnte man unser Gespräch hier hören?" Ich nicke nur. "Du hast also Nick gesagt, dass ich weggelaufen bin?" "Ja, Mila hat mich angerufen und meinte, dass deine Eltern bei Clark nachgefragt hätten, ob du bei Mila bist. Da du da nicht warst, dachte Mila, dass du vielleicht hier bist. Ich hab einfach mal Nick geschrieben, ich weiß nicht wieso. Vielleicht weil ich einfach gehofft habe, dass er was tut. Ich war noch bei Elijah, aber da warst du auch nicht. Mehr Orte wusste ich dann auch nicht mehr. "Danke dass du mich gesucht hast. Ich wollte auch erst zu Mila oder dir, aber bei Mila ist Clark und hier Nick..." "wo warst du denn?" "An meinem Lieblingsort. Nick und ich haben uns da mal zufällig getroffen. Er weiß, dass ich dort immer zum denken oder abschalten hingehe." Mike nickt nur. "Willst du noch eine Film mit gucken?" Diesmal nicke ich und folge ihm nach unten. Auf der Couch sitzen Jeremy und Jack, die mich beide freudig begrüßen. Gemeinsam gucken wir einen Fernsehfilm und danach gehe ich wieder nach oben und lege mich ins Arbeitszimmer.

Irgendwas muss mich geweckt haben, vielleicht war es aber auch einfach nur meine volle Blase. Ich stehe schnell auf, gehe in den Flur, knipse da das Licht an und bleibe starr stehen. Vor mir steht Nick mit irgendeinem Weib und die zwei machen rum. Ich senke den Kopf und will wieder zurück, doch Nick schien wohl doch das Licht bemerkt zu haben und dreht sich zu mir, die Andere hält er jedoch an der Hand fest. Er ist betrunken, das merke ich sofort. Und so vernebelt wie sein Blick ist, hat er sicher auch irgendwas genommen oder geraucht. "Zieh hier jetzt bloß keine Nummer ab", meint Nick abfällig. "Du hast jetzt echt keinen Grund mich zu verurteilen!" "Wollte ich auch nicht. Eigentlich wollte ich auf Klo. Ich habe kein Recht, wütend zu sein, das weiß ich selber! Aber ich bin dennoch traurig. Das kannst Du mir nicht verübeln. Doch du bist erwachsen und wir sind kein paar. Ich steh dir nicht im Weg, solange du das machst, was dich glücklich macht.", meine ich offen zu ihm und gehe ins Bad. Ja, es tat weh die zwei zu sehen. Und ja, es hat mich eifersüchtig gemacht, doch ich habe ihm die Wahrheit gesagt.

Als ich meine Hände wasche bemerke ich die Tränen, die mir über die Wangen laufen. Ich ignoriere sie und laufe durch den, mittlerweile leeren, Flur, knipse das Licht aus und kehre in mein Zimmer zurück. Keine fünf Minuten später geht meine Türe wieder auf. Da ich mir sicher bin, dass Nick grade beschäftigt ist, gehe ich davon aus, dass es Mike ist. Ich sehe nicht auf und murmle nur, immer noch leise am weinen "was willst du, Mike?" "Du hast gesagt, ich soll das machen, was mich glücklich macht", höre ich Nicks stimme. Ich setze mich auf. Er schließt die Türe und setzt sich im dunkeln an die gegenüberliegende wand von mir auf den Boden. Ich lehne mich an die wand und warte darauf, dass er weiterspricht. "Das alles macht mich aber nicht glücklich. Das alles lenkt mich einfach nur ab. Ich will damit einfach nur irgendwas fühlen", er schluckt, ich bin mir sicher dass er, ebenso wie ich weint. "Aber die erst Frau, die mich etwas fühlen lassen hat seitdem du weg bist, und glaube mir, da waren einige, bist du heute gewesen. Ich war heute glücklich, oder zumindest recht nahe daran. Aus dem Grund, habe ich das Mädchen grade auch nach Hause geschickt. Weil du mich wach gerüttelt hast. Das alles, das bin nicht ich und das will ich auch nicht sein! Das macht mich einfach nur fertig! Ebenso wie der ganze scheiß, den ich in mich reinkippe! Ich will das alles nicht mehr!", er wird immer lauter, er schreit förmlich. Er ist nervlich komplett am Ende. Ich gehe zu ihm, Kniee mich vor ihn und nehme seine Hände aus seinem Gesicht. Dann lege ich meine Hände rechts und links an seine Wangen, hebe seinen Kopf an, um im Dunkeln seine Augen ausmachen zu können und wische mit meinen Daumen seine Tränen weg. Er umklammert mit seinen Händen meine Handgelenke, wie ein Ertrinkender. "Bex, bitte hilf mir", sagt er leise und zittert. "Es wird alles wieder gut", meine ich ruhig und nehme ihn in den Arm. Er klammert sich an mich und ich versuche, ihn zu beruhigen. "Bitte, lass mich nicht nochmal alleine", meint Nick hilflos. "Ich weiß, dass es schwer ist, mir all das nach all der scheiße die ich abgezogen habe zu glauben, aber ich schwöre dir, dass ich nicht nochmal abhaue, dich nicht im Stich lasse und immer für mich da bin, ok?" Er antwortet mir nicht. Ich hebe seinen Kopf an, damit er mir in die Augen sieht. "Hast du mich verstanden, Nick?" Er nickt leicht. Das reicht mir. "Bex?", meint er irgendwann leise. "Ja?" Antworte ich ihm. "Lenk mich bitte irgendwie ab. Ich habe irgendeinen scheiß genommen und jetzt-", er wird wieder verzweifelter und seine Tränen kommen erneut "jetzt macht es meinen Kopf kaputt ich- ich kann einfach nicht- es macht mich fertig, Bex" ich streiche ihm beruhigend über den kopf, der auf meinem Schoß liegt. Er sieht zu mir auf. Völlig hilflos. "Lass mich da rein, dann räume ich auf", meine ich leise. Er versteht mich und lässt die Verbindung zu. Jetzt verstehe ich, was er meint. Das Chaos in deinem Kopf kann man einfach nicht in Worte fassen. Ich Versuche, mir nichts anmerken zu lassen und schicke ihm schöne Bilder und Erinnerungen. Langsam entspannt er sich. Er greift nach meiner Hand und beginnt, mit meinen Fingern zu spielen, während meine andere immer noch auf seinem Kopf liegt und meine Finger sanft mit seinen, vielleicht etwas zu langen, Haaren spielen. "Danke", meint Nick irgendwann leise, schaut mir nochmal in die Augen und ich habe das Gefühl, dass er gleich einschläft. "Nick?" "Hm?" "Ich bring dich in dein Bett" er nickt nur und steht langsam auf. Als er stehe, schwankt er kurz. Ich lege jedoch seinen Arm um meine Schulter und führe ihn so in sein Zimmer. Als ich ihn ins Bett lege merke ich, dass seine Klamotten total voller dreck, Qualm und sicher auch alkohol sind. "Du solltest aus den Sachen raus.", teile ich meine Gedanken mit ihm. Er setzt sich Wiederwillig auf, zieht sein Shirt über den Kopf und schmeißt es achtlos auf den Boden. Dann folgen die Schuhe und die Socken. Schließlich will er sich die jeans ausziehen, ist jedoch unfähig den Knopf aufzumachen. Ich schnaube nur, haue seine Finger weg, öffne mit schnellen Bewegungen seine Knopf und den Reißverschluss, und ziehe ihm die Hose von den Beinen. Er grinst mich anzüglich an, weshalb ihm ihm die Bettdecke über den kopf werfe, woraufhin er jedoch nur lacht. Auch ich muss leicht Grinsen. Zwischen uns beiden herrscht immer noch dieselbe Vertrautheit wie von Anfang an und das beruhigt mich irgendwie. Das zeigt mir, dass nicht alles kaputt ist. Ich will grade Richtung Türe gehen und mich wieder in mein Bett legen, als Nick meinen Namen ruft. Ich drehe mich um. Er liegt dort, lächelt mich lieb, aber völlig verschlafen an und hält die Decke hoch, damit drunter schlüpfen kann. Ich gehe aufs Bett zu, stelle mich mit verschränkten Armen vor ihn und sehe ihn abwartend an. Er ist sichtlich verwirrt. "Wenn ich bei dir schlafen soll, dann nur in meiner Ecke." Ich habe immer an der Wand geschlafen und das scheint jetzt auch Nick zu dämmern. Er grinst mich an und macht Platz. Ich klettere über ihn drüber und mach es mir neben Nick, in Nicks Bett gemütlich. Wer hätte bitte damit gerechnet?

Hass auf den ersten Blick?Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ