Hass auf den ersten Blick?

50.: Mila und Becca ❤️

"Hey", sage ich grinsend in mein Handy, während ich die Türe nach Hause aufschließe. "Bist du sauer auf mich?" Fragt meine beste Freundin mich unsicher. Ich bin echt geschockt. "Warum sollte ich sauer sein?" "Keine Ahnung... ich meine, du bist seit vier Tagen wieder da aber wirklich geredet haben wir noch nicht. Ist es, weil ich mit Clark zusammen bin?" Jetzt habe ich definitiv ein schlechtes Gewissen. "Oh man Mila. Ich bin nicht sauer auf dich! Hör mal, ich habe noch drei Stunden Zeit, bis ich mit meinem Vater die Grillparty vorbereite. Was hältst du davon wenn ich vorbei komme und wir quatschen endlich nochmal? Ich glaube, wir haben uns beide viel zu erzählen." Mila schweigt kurz. "Ist das denn ok? Ich meine, du hast doch noch Sven und nils bei dir um die du dich kümmern musst und dann ist da noch die Sache Nick und deine Eltern wollen bestimmt Auch mal was Zeit mit dir verbringen." Ich seufze. "Ich bin in zehn Minuten bei dir." Danach lege ich auf. Ich will keine Widerworte mehr hören. Mila musste wirklich in letzter Zeit hinten anstehen. Immer ging es nur um mich und das ist nicht richtig in einer Freundschaft. Schnell sage ich meinen Eltern Bescheid und bekomm noch einen Einkaufszettel von meinem Vater in die Hand gedrückt und mach mich auf den Weg zu Mila.
"Seit wann hast du das Motorrad von Nick?", fragt sie mich lachend, als sie die Türe öffnet. "Seit ich wieder da bin.", schmunzle ich. Einerseits ist es mir unangenehm. Andererseits bin ich echt froh, dass ich durch das Motorrad weiterhin unabhängig bin. Wir fallen uns in die Arme und betreten gemeinsam die küche, in der Clyde sitzt. "Hey kleiner", grinse ich ihn an. Dieser streckt mir die Zunge raus, steht auf und nimmt mich in den Arm. "Wie hast du das denn gemacht?" Ich bin völlig perplex. Der kleine 13-jährige Streber Clyde ist auf einmal ein 14-jähriger 1,70m großer Typ geworden, der gar nicht so unansehnlich ist. Er zuckt nur mit den Schultern und setzt sich wieder hin. Er scheint zu lernen, was mich etwas beruhigt. Wenigsten ist er immer noch derselbe Streber. "Gehen wir hoch?", frage ich Mila. In dem Moment sehen mich Mila und Clyde flehend an. Ich muss lachen, denn den Blick kenne ich. "Okay, ich Koch und Spagetti und dann gehen wir hoch?" Beide Nicken wild und ich fang an zu kochen.

Endlich sitzen wir oben in Milas Zimmer, beide mit einem Teller mit Spaghetti auf dem Schoß und wissen nicht so recht, wo wir anfangen sollen. Schließlich ergreife ich das Wort: "erzähl mir, wie du meine Schwester umpolen konntest" Mila beginnt sofort zu Grinsen. "Keine Ahnung. Es kam einfach so. Wir haben relativ viel Zeit miteinander verbracht. Manchmal alleine, manchmal mit Mike und manchmal auch noch mit Emily. Sie ist ziemlich cool, weißt du? Naja, wir waren abends im Pub und haben 'ich hab noch nie' gespielt. Ich weiß, echtes Klischee. Mike meinte dann 'ich hab noch nie mit einem Mädchen rumgemacht'. Ich musste mich natürlich dann erklären und habe mich geoutet. Aber keine Sorge, ich habe nicht gesagt, dass ich mit dir rumgemacht habe. Ich wusste nicht, ob du das willst. Die anderen haben es echt gelassen aufgenommen und wollten mich dann die ganze Zeit verkuppeln. Ich habe aber immer abgeblockt weil ich kein Interesse hatte. Irgendwie habe ich mich immer noch an dir festgeklammert. Ich denke mal aus Angst. Bei dir wusste ich, dass es nie was werden würde. Aber der Gedanke an eine echte Beziehung machte mir irgendwie schon Angst. Irgendwann meinte Mike dann, dass ich bestimmt gar nicht lesbisch wäre und hat mich etwas angestachelt. Irgendwann wollten die drei dann einen Beweis und dann habe ich eben Clark geküsst. Sie war ziemlich perplex und hat mich erstmal weggeschubst. Ich war ihr nicht böse. Das ganze war eher lustig. Aber irgendwie ging sie mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Naja, eine Woche später machte sie dann auch mit Eric Schluss. Sie stand heulend vor meiner Türe und ich habe sie eben getröstet. Ich hatte keine Ahnung, dass sie Schluss gemacht hatte, weil sie ihre sexualität in frage stellte. Irgendwann schnitt sie dann das Thema an und meinte, wie ich es gemerkt hatte. Ich erzählte ihr dann alles und sie war erstmal nachdenklich und meldete sich einige Wochen nicht mehr. Ich machte mir Sorgen und sah nach ihr. Ich redete mir immer ein, dass ich das nur mache, weil du es von mir gewollt hättest, dass ich mich um deine Schwester kümmere. Aber als ich dann in ihr Zimmer kam, und sie nur in Unterwäsche da stand, weil sie sich grade umzieht, wurde mir klar, dass da mehr ist. Und ich wusste, warum ich sie nicht aus meinem Kopf bekommen konnte. Ich war verknallt. Als sie mich beim starren erwischte, fühlte ich mich wie eine fünfjährige und begann zu stottern. Ich glaube, so verlegen war ich noch nie. Sie zog sich schnell was über, aber ich bin mir sicher, sie war ebenfalls etwas rot. Dann redeten wir echt viel und irgendwann fragte sie mich dann, ob ich ihr nochmal beweisen würde, dass ich lesbisch bin. Erst wusste ich nicht, was sie meinte, doch plötzlich machte es klick. Sie wollte, dass ich sie nochmal küsse. Dieses Mal erwiderte sie auch. Es war erstmal nur der eine Kuss. Danach war wieder alles wie immer, bis ich es nicht mehr ausgehalten habe und nach einem Date gefragt habe. Naja... so kam das ganze dann ins rollen." "Wow", meine ich nur. Ich kann mir vorstellen, dass das ganze für beide nicht leicht war. "Das ist echt sehr süß! Ich freue mich echt für euch!", quieke ich plötzlich und falle ihr um den Hals. Normalerweise bin ich nicht so Mädchenhaft, aber das ist doch echt romantisch, oder? "Alles gut bei dir?", lacht Mila, die wohl auch etwas verwirrt ist. "Es ist echt niedlich und romantisch und kitschig!", grinse ich und klatsche in die Hände. Ich könnte mir grade selbst eine klatschen, so ätzend wie ich mich grade benehme. "Deswegen ja? Ich dachte, du würdest gleich kotzen oder so. Bist du vielleicht schwanger?" Ich pruste los. "Auf keinen Fall! Ich freu mich einfach nur!" "Und es gibt keine Predigt? Weil ich mit deiner Schwester zusammen bin?" Oh... hatte ich echt vergessen. Plötzlich werde ich ernst. "Doch. Also: wenn du ihr ein Härchen krümmst, sie verletzt oder nicht gut behandelst, dann sind wir zwei echt aufgeschmissen, weil ich nicht weiß, wie ich ohne beste Freundin leben soll!" Mila grinst und fällt mir um den Hals. "Keine Sorge. Ich liebe sie wirklich!" "Und ihr hattet noch keinen Sex?" Mila wird rot und schüttelt den Kopf. "Aber ihr wisst da schon Bescheid. Also wie und so?" Mila blickt mich empört an. "Natürlich weiß ich, wie ich mit einer Frau Sex haben kann. Ich glaube nur, dass Clark noch nicht so weit ist und-" "Mila? Sei mir nicht böse aber irgendwie will ich das gar nicht wissen." Unterbreche ich sie. Ich bereue es etwas, das Thema angeschnitten zu haben. "Gib ihr einfach die Zeit, die sie braucht." Mila nickt lächelnd. Ich glaube, Clark hat einen ganz guten Fang gemacht. Ich stelle meinen mittlerweile leeren Teller neben Milas Bett und lasse mich nach hinten fallen, sodass ich jetzt auf dem Bett liege. "Erzählst du mir jetzt von dir und Nick?" Und schon ist mein ekelhaftes Grinsen wieder da. "Wir haben uns geküsst." Mila applaudiert mir und ich muss lachen. "Wurde auch mal Zeit. Seit ihr denn wieder zusammen?" "Noch nicht" "noch?" Ich schmunzle. "Er will, aber ich muss ihn noch was zappeln lassen, weil ich heute Abend was geplant habe." "Du hast was geplant?" Ich nicke. "Was romantisches?" Ich zucke mit den Schultern. "Du hasst Romantik" "er mag es", lächle ich. "Oh man... dich hat es aber echt erwischt." Ich grinse wieder breit aber schweige. Mila schweigt ebenfalls und so hängen wir beide in unseren Gedanken. "Ich habe Nick von Brian erzählt." Mila weiß sofort, was ich meine und ihre augen werden größer. "Einfach so? Ich habe dich das ganze nie mehr erwähnen gehört." Ich zucke mit den Schultern. "Ich hab mit Mike gesprochen und dann habe ich gemerkt, dass mich die Sache mit Brian daran hindert, mit Nick weiter zu gehen. Und grade, als ich Mike alles erzählt habe, kam Nick dann rein. Ich war erst ein idiot aber nachher habe ich mit Nick nochmal über alles geredet und er war echt süß."  "Er steht ja auch total auf dich", meint Mila nur. "Ich weiß", meine ich seelisch lächelnd. "Hast du eigentlich noch Kontakt zu Brian?" "Nicht direkt. Wir haben manchmal noch geschrieben und uns schonmal beim feiern getroffen, aber mehr auch nicht. Willst du seine neue Nummer?", sie sieht mich fragend an und ich nicke nur. Ich würde gerne noch einmal mit ihm reden.

"Du kommst nachher auch?" "Ich lasse mir keine Grillparty von euch entgehen", grinst mich Mila an und verabschiedet mich an der Türe. Es war verdammt schön, nochmal mit seiner besten Freundin zu quatschen. Auch wenn sich viel verändert hatte, wir beide stehen immer noch zueinander und wissen, wir können uns blind vertrauen.