4 | Besuch in der Cafeteria

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Nachdem mir die Handschellen abgenommen worden sind und ich die Cafeteria des Gefängnisses betrat, strich ich mir mit den Händen über die Handgelenke, um diese ein wenig zu massieren. Denn das ständige Reiben des Metalles setzte meiner Haut doch ganz schön zu.

Anschließend ging ich mich an der Essensausgabe anstellen und schaute mich um. An einem Tisch saßen die, die jeden Tag damit beschäftigt waren, ihre Muskeln bis zum geht nicht mehr aufzupumpen und an einem anderen nahmen Mörder und Vergewaltiger Platz. Viele von ihnen hatten in ihre Haut Tätowierungen eingebracht, andere hatten Piercings.

Und dann war da noch meine Wenigkeit. Ich hatte nichts, außer meine Narben. Aber darüber wollte ich mir nicht den Kopf zerbrechen.

Plötzlich berührte mich jemand an der Schulter. Silas? Nein, er war es nicht.
Es war bloß ein anderer Häftling, der mich dazu veranlassen wollte, die Warteschlange aufzuschließen. Erst jetzt merkte ich, dass ich ziemlich verträumt war und murmelte eine leise Entschuldigung.

Und wie versprochen gab es das von Silas vorhergesagte Essen. Nachdem es mir gereicht wurde, ging ich zu einer freien Bank, welche von den anderen Häftlingen am weitesten entfernt war. Seit dem Tag, den ich hier war, saß ich immer alleine und ich wollte es auch so.

Nach einer Weile fing ich an zu essen, doch als ich im Augenwinkel bemerkte, wie jemand auf mich zugelaufen kam, verkrampfte ich mich leicht auf meinem Platz. Was-
Ich verschluckte mich fast an meinem Steak, als ich die Person als meinen Sozialarbeiter identifizieren konnte, und schaute mich daraufhin ein wenig panisch um. Dabei fiel mir einer der Wärter auf, der nun genauer auf uns - beziehungsweise - mich, achtete. Ich schluckte leise und sah schließlich wieder zu Silas, welcher vor mir Platz nahm, obwohl es einen extra Raum für Angestellte gab.

"Bist du denn verrückt?", flüsterte ich fast. Silas saß immerhin inmitten der gesamten Insassen. Das kümmerte ihn aber anscheinend nicht, denn er aß einfach unschuldig schauend los.

"Na, mit dem Begrüßen hast du es noch nicht drauf, hm?", gab er schmunzelnd und mit vollem Mund von sich. "Aber hey, ist schon okay. Die Wärter passen schon gut auf. Außerdem kann ich dich hier ja nicht so alleine sitzen lassen."

Ich beobachtete ihn fassungslos und bemerkte dabei nicht, dass ich mich beim Flüstern etwas vorgelehnt hatte, und richtete mich unterdessen wieder auf.
"Jaja...", murmelte ich und zog die Augenbrauen zusammen. "Wieso? Ich sitze immer alleine."
"Ja, ich weiß. Ich frag mich aber, wieso. Liegt es an dir oder wollen die anderen sich bloß nicht zu dir setzen?"
Schulterzuckend stocherte ich in meinem Essen herum und schob das Fleisch von einer Seite zur anderen.
"Keine Ahnung, ich will einfach immer meine Ruhe."
Silas nickte verständnisvoll. "Solange du es möchtest, ist alles gut." Und wieder schmunzelte er. Dieser verdammte Mund!

Meinen Kopf schüttelnd, zwang ich mich den Blick abzuwenden.
"Hmh", gab ich bloß von mir und stimmte ihm so zu. Dann aß ich langsam wieder weiter und grübelte über meinen Gegenüber nach.
Wieso war das so frustrierend? Eigentlich wollte ich Abstand zu ihm, um klar denken zu können, doch so würde das nie etwas werden.

Silas setzte sich kurz auf, um sich zu strecken. "Ach verdammt, ich werde alt."
Als ich zu ihm schaute, bildete sich zwischen meinen Augenbrauen ein kleines V.
"Wie bitte?", fragte ich leicht empört klingend. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wovon er da bitte sprach.
"Na alles hat geknackt!", lachte der Ältere leise.
"Tja, vielleicht sollte man da mehr Sport machen?", zwinkerte ich und musste durch dessen Lachen anfangen zu lächeln.
"Hey, Sport mache ich genug", versicherte er mir, zog nebenbei sein Hemd leicht aus der Hose und zeigte mir stolz ein Stück seiner durchtrainierten Bauchmuskeln, woraufhin ich sofort erstarrte. Okay, was zur?
Schwer schluckend, umklammerte ich das Besteck in meiner Hand fester als zuvor.

Ohne jeglichen Kommentar, setzte sich Silas wieder normal hin und aß in Ruhe auf, als wenn nichts geschehen wäre. Ich konnte jedoch nicht aufhören ihn anzustarren. Mittlerweile aber eher aus Fassungslosigkeit. Sehr schräg.

Nachdem ich einige Male tief durchgeatmet hatte, versuchte ich noch schnell etwas zu antworten, damit es nicht komisch herüberkam, wenn ich es nicht täte.
"Ich glaub's dir."
Langsam lockerte ich meine verkrampften Finger, fuhr mir dann vor Verlegenheit mit dem Handrücken kurz über die Stirn und aß nach einigen Sekunden weiter. Silas bemerkte die kleine Anspannung natürlich.
"Alles in Ordnung mit dir?" Er lächelte sanft und trank etwas von seinem Wasser.
"Ja, alles bestens", sagte ich und sah mich anschließend nach einer Uhr um, da ich bald mein Training haben würde und dies nicht verpassen wollte.

Leise seufzend aß ich dann ebenfalls auf und kassierte einen misstrauischen Blick meines Gegenübers als ich den Kopf anhob.
"Was denn?" Ich nahm mein Tablett schon mal in die Hände.
"Nichts." Silas schüttelte den Kopf und legte das Besteck beiseite, da er fertig war. "Das tat gut."
"Okay. Ich geh dann mal."
"Schon?", fragte er und hob dabei die Stimme etwas an. Anschließend sah er ebenfalls Richtung Uhr und verstand es augenblicklich.
"Ach, ja stimmt."
"Ja, Training", antwortete ich stirnrunzelnd und war mit meinen Gedanken bereits komplett woanders.

Ich war mir nicht sicher, ob ich mich heute überhaupt konzentrieren konnte. Schließlich stand ich aber auf und brachte mein Tablett weg.
"Ja, dann bis morgen", murmelte Silas und sah mir etwas verwundert nach, stand dann jedoch selber auf und brachte sein Tablett woanders hin.
Anscheinend hatte ich es wirklich nicht drauf, mich anständig zu verabschieden, geschweige denn jemanden zu begrüßen.

Danach verließ ich mit einem Wärter die Cafeteria und wurde von diesem zur Turnhalle gebracht, wo ich mir ein graues T-Shirt und eine kurze schwarze Hose anzog und dann zum Trainer ging.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum