11 | Konsequenz

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Silas zuckte zusammen und keuchte kurz auf. Seine Augen waren vor Schreck geweitet.
"Hey! Alex-"

Durch diese Aufruhr wurden selbst die Wärter vor der Tür aufmerksam und stürzten in den Raum hinein, nachdem sie diesen erst einmal hektisch aufschließen mussten. Silas hob eine Hand in diese Richtung - eine Geste, die bedeuten sollte, dass er es schon hinbekommen würde.
Doch ich war vollkommen außer mir, sodass ich die Männer hinter meinem Rücken nicht bemerkte. Ich atmete etwas schneller, schluckte schwer und ließ ihn dann los, aber nur, um mit meinen Händen auszuholen und ihn dann mit einen Schlag zu Boden zu befördern.

Mein Herz raste. Nie hätte ich gedacht, dass es sich so gut anfühlen würde. Doch in demselben Moment, fing ich bereits damit an, es zu bereuen.

Erstarrt und geschockt von mir selbst, blieb ich für einen Augenblick an dieser Stelle stehen, sodass ich die Wärter erst bemerkte als sie mich von Silas wegzogen und zu Boden stießen. Ich stöhnte vor Schmerzen leicht auf, drehte mich auf die Seite und zuckte heftig zusammen als beide Männer damit begannen, mit ihren Schlagstöckern auf verschiedene Körperstellen einzuschlagen - Beine, Arme und ganz besonders meine Seite.

Als Silas bemerkte, wie die Wärter mit mir umgingen und versuchte dazwischenzugehen, wurde er von einem der Männer rücksichtslos zur Seite gedrückt.

Währenddessen versuchte ich mich kleinzumachen, schrie jedoch auf als einer der Schläge auf meinen Rücken landete, und daraufhin dann noch weitere. Und genau in diesem Moment legte sich in meinem Kopf ein Schalter um und alles, was ich jemals mit dem Therapeuten erreicht hatte, schien umsonst. Sofort assoziierte ich das jetzige Geschehen mit verschiedenen Szenarien meines Vaters und fing an zu denken, dass ich wieder bei ihm wäre.
"Dad! Nein- Bitte!", gab ich kurz schluchzend von mir, zappelte herum und versuchte mich aus den Griffen und von den Schlägen der Wärter zu befreien.
"Bitte", flüsterte ich nun nur noch leise, da es sowieso nichts bringen würde.

"Hört auf, verdammt!", schrie Silas die Männer an, welche ihn jedoch geflissentlich ignorierten und ihre sadistische Ader weiter befriedigten. "Seid ihr krank?!"

Ich atmete schwer und wurde schließlich auf den Bauch gedreht und kniff die Augen vor stechendem und ziehendem Schmerz zusammen. Mir wurden die Arme unsanft auf den Rücken gedreht, um mir die Handschellen anzulegen und wurde danach rechts und links unter den Oberarmen gepackt, an denen sie mich anschließend hochzogen.

Total erledigt und aufgrund ihrer Berührungen am ganzen Körper ängstlich zitternd, wurde ich aus dem Raum gezogen. Ich hing in deren Armen; meine Knie den Boden schleifend und den Kopf ebenfalls nicht aufrecht haltend.

"Bringt ihn zur Krankenstation!!!", schrie der Sozialarbeiter ihnen voller Inbrunst nach. "Und wehe er wird nicht dorthin gebracht!", drohte er und ließ sich dann fassungslos auf seinen Drehstuhl fallen.

Sie brachten mich jedoch nicht zur Krankenstation, sondern dorthin, wo Häftlinge hinkamen, die sich so etwas geleistet hatten: in den Keller mit den dunklen, engen Einzelzellen, welche nicht mit Gitterstäben, sondern mit Türen versehen und geschlossen waren. Nicht einmal Silas durfte hierhin.

Als sie mich letztendlich in eine dieser Zellen warfen, welche bis auf eine Luke an der Tür komplett finster war, lehnte ich mich mit der rechten Schulter vorsichtig gegen die Wand und krümmte mich vor Schmerzen. "Ah."
Eine Hand zu meinem Brustkorb führend, stiegen mir heiße Tränen in die Augen, welche sich schließlich ihre Wege über meine Wangen bahnten.
Ich schloss die Augen, lehnte meine Schläfe an die Wand und versuchte mich von nun an, so wenig wie möglich zu bewegen.

Mir war klar, dass dieses Geschehen wahrscheinlich ins Strafregister eingeschrieben werden würde. Somit konnte ich mich von der frühzeitigen Entlassung mit großer Wahrscheinlichkeit verabschieden, wenn nicht noch ein Wunder geschehen würde. Noch vier Jahre, anstatt anderthalb Monate.

Verzweifelt und erschöpft ließ ich meinen Kopf hängen, sodass ich nach einigen Minuten einnickte, was in meinem Zustand vielleicht nicht das Beste war. Jedoch interessierte es mich nicht, weshalb ich es einfach passieren ließ.

* * *

Als die Tür plötzlich nach mehreren vergangenen Stunden aufging, drückte ich mich mit schnell schlagenem Herz an die Wand. Meine Augen brannten vor Müdigkeit.

Sie packten mich dann an den Oberarmen und zogen mich hoch, wogegen ich mich sofort zur Wehr setzte und begann, zu treten. "Nein-!"
Die Wärter ignorierten mich aber durchgehend und brachten mich schließlich von hier weg.
"Los- loslassen!", ich atmete vor Panik schnell und hatte Angst in Ohnmacht zu fallen.

Es schien, als würden sie mich zur Krankenstation bringen, doch ich wollte dem Ganzen keinen Glauben schenken.

Aufgrund meiner Lautstärke, konnte man mich bereits durch die nächsten Gänge rufen hören. Selbst die Angestellten hatten so etwas noch nicht in ihrer Laufbahn erlebt, so wie die schauten.
Ich war definitiv ein merkwürdiger Fall.

Sie zogen mich schließlich in ein Krankenzimmer und drückten mich dort auf ein Bett, das frei war. Daneben lagen zwei andere Häftlinge mit weniger schlimmen Verletzungen. Der eine hatte ein gebrochenes Bein, weil er im Zellentrakt von der Treppe gestoßen wurde, der andere hatte eine Messerattacke hinter sich. Woher ich das wusste? Ich war eben ein besserer Zuhörer, als Redner.

Doch mir ging es mit Abstand am schlechtesten. Ich wandte mich unter deren groben Berührungen und trat um mich, weshalb es drei Wärter und eine Krankenschwester benötigte, mich ruhig zu halten. Die Krankenschwester schob dann den Ärmel meines Overalls hoch, wobei bereits deutliche Hämatome zum Vorschein kamen. Doch dies war noch besser, als ein komplett blaues Gesicht, welches ich geschützt hatte, indem ich eben die Arme vor dieses gehalten hatte.

Die Schwester schluckte schwer, desinfizierte dann aber meine Armbeuge und spritzte mir erstmal irgendetwas. Währenddessen musste mein Arm von einem Wärter festgehalten werden, damit ich mich selbst nicht auch noch verletzte, und meine andere Hand wurde derweil mit Handschellen an das Bett befestigt.

Meine verzweifelte und sinnlosen Tritte ließen langsam nach, und als das Mittel zu wirken begann, wurde ich trotzdem zusätzlich mit schwarzen Bändern an das Bett befestigt. Ich hatte mich noch nie so schwach und ausgeliefert gefühlt, und würde meinen Verstand verlieren würde, wenn mich jetzt irgendjemand am Oberkörper anfasste.

Plötzlich tauchte Silas hinter den Wärtern und der Krankenschwester auf, der sofort versuchte, beruhigend auf mich einzureden. "Alex-"
Ich verkrampfte mich jedoch augenblicklich bei dessen Anblick und drehte den Kopf weg. Wieso war er hier? Er sollte einfach nur verschwinden.

Die Schwester schickte zwei der Wärter hinaus, da sie die Situation soweit unter Kontrolle hatte und der dritte positionierte sich wieder wie zuvor neben der Tür, um die anderen Häftlinge zu beobachten.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt