31 | Alltagsbegleiter

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"Jetzt zur Überraschung!" Silas lächelte und ich nickte leicht, als ich mich gründlich umsah, in der Hoffnung es so schneller herauszufinden. Tatsächlich entdeckte ich dann einen Laden, auf den wir gezielt zusteuerten.
"Ehm ... Elektronik?"
"Ja, weißt du auch schon, was wir dort machen werden?", grinste der Ältere als er hineinging. Ich schüttelte den Kopf.

Wie gebannt lief ich die Gänge entlang und starrte das ganze Zeug an, von dem ich keine Ahnung hatte. Bei den riesigen Fernsehern machte ich große Augen und war von dieser neuen Technik sichtlich beeindruckt, aber auch verwirrt. Niemals würde ich all das so schnell begreifen.

Mit einem Seufzen fing ich an Silas zu suchen und entdeckte diesen in einem anderen Gang, der voller Handys war.
"Was... was hast du vor?"
"Na du brauchst eine Möglichkeit zu kommunizieren. Zum Beispiel mit deinem zukünftigen Arbeitgeber. Also holen wir dir jetzt erstmal ein billiges Smartphone", meinte er lächelnd.

Mein Blick legte sich auf die verschiedenen Preisschilder und ich fragte mich, was Silas unter billig verstand. Denn sie gingen erst ab dreihundert Dollar los.
"Was? Nein, ich... ich hab keine Ahnung, wie ich dir das zurückzahlen soll!"

"Hey, es ist echt nicht viel für mich", wollte er mich beruhigen. "Wir können das mit dem Amt regeln, dann kann es sogar sein, dass ich es zurückerstattet bekomme."
"Das ist doch unwichtig..." Ich schüttelte verzweifelt den Kopf.
"Nein... ich- ich verdiene das nicht... nichts davon." Meine Stimme wurde leiser und ich war mir nicht sicher, ob er es überhaupt verstand. Ich hatte immer das Gefühl, Silas mit meiner wehleidigen, depressiven und anstrengenden Art auf die Nerven zu gehen.

Ich bemerkte, wie er laut ausatmete und zu mir herantrat, um seine großen, warmen Hände auf meine Schultern zu legen.
"Hey... ich hab im Café bereits gesagt, was Sache ist."

Mit feuchten Augen hob ich meinen Kopf an und schaute schweigsam in die von Silas.
"Hey... nicht weinen", murmelte er, als sich sein Griff an meinen Schulter verstärkte.
"Es ist echt nicht viel."
"Mach ich gar nicht", sagte ich gedämpft, aber ein bisschen trotzig, während ich zur Seite schaute und die kommenden Tränen wegblinzelte.

"Es ist echt etwas billiges. Wir können auch ein gebrauchtes holen", sagte er sanft.
"Mir egal", erwiderte ich darauf geschlagen.
"Okay, dann komm mir jetzt etwas entgegen."
"Ich weiß nicht mal wie sowas funktioniert... weil ich nie eins hatte." Ich zuckte mit den Schultern und mied dessen Blick, da es mir peinlich war.
"Ich kann es dir zeigen, es ist eigentlich ganz einfach, wenn man es einmal verstanden hat." Silas lächelte und nahm dann seine Hände langsam von meinen Schultern.

"Von... von mir aus." Es brachte sowieso nichts zu diskutieren.
Ich traute mich, zwischen dessen Augen hin- und herzuschauen und ließ die Schultern hängen, welche an den Stellen, wo Silas gerade eben noch seine Hände hatte, kalt wurden.

"Sehr gut. Möchtest du Silber, Schwarz oder Rosé?"
Ich ignorierte das letztere gekonnt, dachte mir aber meinen Teil dazu, als ich kurz zu den Handys und dann wieder zu Silas schaute.
"Silber? Oder... gibt es auch Blau?"

"Ja, wir können aber auch Silber nehmen und dann eine blaue Hülle", schlug er vor und ging dann zu den Modellen. Er nahm eines in die Hand, welches mit einem Kabel verbunden war und hielt es mir hin.

"Oh, okay." Mit einem Stirnrunzeln folgte ich ihm und ergriff dann zögerlich das Handy. Ich starrte es eine Weile unbeholfen an, ehe ich dann die untere Taste drückte, da mir diese so deutlich ins Auge sprang. Überrascht zog ich meine Augenbrauen nach oben und ließ meinen Blick über den nun hell erleuchteten Bildschirm gleiten. Leider ging er aber schon nach einigen Sekunden wieder aus, weshalb ich Hilfe suchend zu Silas schaute. Dieser grinste leicht und war extrem gespannt und erwartungsvoll.
"Streich einmal drüber."
Das tat ich, aber damit bezweckte ich überhaupt nichts, weshalb ich kurz verdattert drein schaute. Dann machte ich den Bildschirm wie vorhin nochmal an und strich dann schnell darüber, wobei sich der Startbildschirm veränderte und man viele kleine Symbole sehen konnte.
"Oh", stieß ich leise aus.

Silas lachte leise und stützte sich mit einem Ellenbogen auf dem Regal ab, auf dem sich die ganzen Handys befanden.
"Tipp ruhig etwas herum. Kannst nicht viel falsch machen."
"Okay", nuschelte ich und konnte mir dabei gut vorstellen, dass ich mich gerade wie der erste Mensch verhielt oder wie jemand der älteren Generation, obwohl diese wahrscheinlich auch so ein Ding besaßen.

Mit einem kurzen Kopfschütteln verdrängte ich die Gedanken und schenkte dem elektrischen Gerät in meiner Hand wieder volle Aufmerksamkeit. Ich las mir das, was unter den Symbolen stand, durch und drückte dann auf Telefon, da es vermutlich erstmal das Wichtigste sein würde. Anschließend drückte ich wieder den Homebutton und ging diesmal auf Nachrichten.
"Da kannst du jemandem eine Nachricht schicken", erklärte Silas nebenbei schmunzelnd.

Ich schaute mit einem angedeuteten Nicken zu ihm auf und musterte kurz prüfend sein Gesicht. "Dir?"
"Zum Beispiel", sagte er lächelnd.
"Hm", gab ich nachdenklich von mir und legte das Handy dann weg.
"Okay... und jetzt?"
"Gefällt es dir denn? Also fühlt es sich in der Hand selbst gut an?", fragte Silas neugierig, weshalb ich mehrmals hintereinander nickte.
"Ja, tut es."
"Gut, dann nehmen wir das." Silas lief zu einem Angestellten, um Bescheid zu geben und nahm dann einige Minuten später eine kleine Box entgegen, mit der er weiter zur Kasse ging. Ich folgte ihm während des Ganzen.

Er bezahlte schließlich und hielt mir dann eine kleine Tüte hin, die ich dankend annahm.
"Gehen wir jetzt?" Ich wollte zu Silas nach Hause.
"Wir machen uns auf den Weg zum Auto und holen vorher aber noch eine Karte für das Handy. Etwas billiges reicht da völlig."
"Was für eine Karte?", wollte ich verwirrt wissen.
"Eine Karte mit Nummer. Damit ich dich anrufen oder anschreiben kann. Oder auch andersherum."
"Achso!" Sowas gibt es wohl immer noch?

"Möchtest du noch etwas bestimmtes?", fragte Silas, als wir zu einem normalen Supermarkt gingen.
"Nein", sagte ich ohne zu Zögern, denn ich stellte mir ununterbrochen die Frage, wie ich das alles wieder gutmachen konnte.
"Okay."

"Silas?", störte ich nach mehreren Minuten die Stille.
"Was ist?", erwiderte der Angesprochene ruhig, während er zu mir hinüberschaute.
"Denkst du, die Menschen sehen mich manchmal komisch an?"
"Quatsch. Sie sehen jeden mal kurz an, aber meist aus Eifersucht."
"Mich aber nicht", murmelte ich leise und eher zu mir selbst.
Darauf wusste der Ältere keine Antwort, weshalb er nur die Stirn in Falten legte.

Als wir schließlich in dem Laden waren, lief Silas zu den besagten Prepaid-Karten und suchte sich eine bestimmte heraus.
"So. Dann können wir uns auf den Weg zur Kasse machen und sind eigentlich schon fertig, glaube ich."
Ich drehte mich zu ihm um und nickte zustimmend.
"Silas?", begann ich vorsichtig, und als er mich erwartungsvoll ansah, redete ich weiter. "Was ist eigentlich mit... meinen Zigaretten? Hast du die noch?"

Mein Gegenüber seufzte und strich sich mit einer Hand durch die Haare. Vermutlich fragte er sich, wie ich auf einmal auf sowas kam. Doch ich wusste es selbst nicht und hatte einfach ein starkes Verlangen danach.
"Ja, bei mir im Büro. Warum?"
Ich zuckte leicht mit den Schultern und scharrte mit einem Fuß über den Boden.
"Hm, kannst du... kannst du sie vielleicht mal mitbringen?"

"Ich weiß nicht, ob das noch so gut für dich ist, Alex."
"Bitte!" Ich schluckte leise und schaute ihn beinahe flehend an, weswegen er nachgab und eine wegwerfende Handbewegung machte.
"Mal sehen."

Zufrieden und erleichtert folgte ich ihm zur Kasse, wo er die Karte bezahlte und sie mir anschließend in die Tüte vom Handy steckte.
Dabei warf die Kassiererin uns einen fast schon perversen Blick zu, da wir beide wahrscheinlich nicht nur wie Freunde auf sie wirkten. Auch Silas bemerkte dies, weshalb sich zwischen seinen Brauen ein V bildete und er sich räuspernd zu mir wandte.
"Lass uns gehen", meinte er schnell und ging bereits, bevor ich etwas sagen konnte.
"Eh, okay?" Verwirrt folgte ich ihm wie ein Küken und kratzte mich kurz nachdenklich am Hinterkopf.

"So. Wunschlos glücklich?"
"Ja", meinte ich, war aber dennoch ein wenig perlex, da ich ja nicht wirklich um die ganzen Dinge gebeten hatte.
"Sehr gut, das freut mich", gab er lächelnd von sich.
"Willst du vielleicht noch irgendwohin? Weiß nicht... dir etwas anschauen?"
Ich schüttelte den Kopf, lügte somit aber. Und zu meiner Überraschung und meinem Glück, bemerkte Silas es diesmal nicht.
"Okay, dann zurück zum Wagen."

Nachdem wir beide im Auto saßen, stellte ich meine Tüten zwischen den Beinen ab und schnallte mich anschließend an, als Silas bereits den Motor startete und den Wagen darauffolgend in den fließenden Verkehr lenkte.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWhere stories live. Discover now