19 | Großzügiges Angebot

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Nachdem wir unser Essen geholt hatten, setzen wir uns an einen Tisch, der sich weiter abseits befand und begannen still zu essen. Nach einigen Minuten schob mir Silas dann sein Schälchen mit verschiedenen Früchten herüber.

"Für mich? Ich weiß gar nicht, ob ich das alles schaffe", murmelte ich leise, nahm noch einen Bissen von meinem Brötchen, der mir aber fast im Hals stecken geblieben wäre, als ich auf Silas seine Lippen schaute.
"Ich glaube, du kannst es vertragen", antwortete er trocken.
"Und da sind Kiwis drin, ich bin allergisch darauf."

Ich griff zu meinem Wasser und trank einen großen Schluck, um mich selbst abzulenken. Jedoch verschluckte ich mich und musste husten, während ich meinen Kopf zur Seite drehte.
"Verdammt", murmelte ich leise verärgert. Das war ja peinlich.
"Alles gut?", wollte Silas wissen, als sich auf seiner Stirn Sorgenfalten bildeten.
"Hm, ja. Aber Kiwis sind toll!"
"Tja, ich hab es mir nicht ausgesucht. Leider", grinste der Ältere mich an.

Ich nickte stumm und nahm mir dann dessen Obst vor.
"Wann... wann kann ich eigentlich gehen?"

"In einem Monat circa. Es werden vorher aber noch einige Tests durchgeführt, ob das denn auch dir und der Umwelt zumutbar ist. Aber ich bin zuversichtlich, du schaffst es." Er zwinkerte.

"Okay, wenn du meinst", nuschelte ich und atmet leise aus. Doch für meine Niedergeschlagenheit kassierte ich von ihm einen leichten Tritt gegen meinen Fuß, sodass ich zusammenzuckte und sofort meinen Kopf anhob, um ihm in die blauen Augen zu sehen.
"Hey, sei nicht so pessimistisch. Du schaffst das wirklich."

"Bin ich nicht ... Ich weiß bloß nicht, was ich dann tun soll."

"Sei einfach du selbst", sagte Silas und wollte dabei aufmunternd wirken. Doch das half mir nicht wirklich, da ich dennoch nicht wusste, wo ich wohnen konnte oder ob ich arbeiten gehen sollte.

"Was ist?", fragte Silas in einer sanften Tonlage und riss mich somit aus den Gedanken.
"Nichts", antwortete ich, doch es entsprach nicht der Wahrheit. Und mein Gegenüber schien mir ebenso nicht zu glauben, wechselte jedoch das Thema.
"Gehst du eigentlich noch in den Literaturkurs?"
"Ja, tue ich."
"Gut."

Ich nickte und zwang mich dabei zu einem Lächeln.
"Was machst du jetzt noch?"
"Weiß nicht, hab noch ein paar Minuten Pause." Er schaute mir in die Augen, während ich sein Gesicht ausgiebig musterte.
"Möchtest du noch etwas trinken? Ich kann etwas holen."
"Von mir aus."
"Sehr gut", meinte er kurz und stand mit meinem Becher in der Hand auf. Dann verschwand er an die Theke, wo er mit einem Kerl redete und lachte. Wahrscheinlich gehörte dieser Typ zur Küchenkraft. Doch ich bildete mir nichts darauf ein, weil ich einfach zu unwissend und eigentlich bereits damit zufrieden war, wenn mich jemand nur mochte oder akzeptierte.

Silas kam nach wenigen Minuten wieder, nahm Platz und stellte mir mein Wasser hin.
"Danke", sagte ich und er nickte kurz.

"Ich hab da eine Idee. Bezüglich einer Unterkunft für dich, sobald du hinaus kommst."
Ich hob überrascht meine Augenbrauen an.
"Ach echt? Und was?"

"Ich hab ein Gästezimmer bei mir. Komm doch einfach so lange dorthin." Er zuckte lässig mit den Schultern, als sei dies nicht der Rede wert gewesen. Darauf musste ich schlucken, während ich meine Hände vom Tisch herunternahm und sie unter diesem versteckte.
"Aber-", fing ich nervös an, doch wurde sogleich unterbrochen.
"Es gibt kein Aber. Nachdem du entlassen wirst, sind wir keineswegs mehr auf beruflicher Ebene miteinander verbunden. Nennen wir es gute Freunde."
Ich biß mir auf die Unterlippe, als ich diese Worte vernomm. Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr sie wehtaten.
"Ich ... Ich weiß nicht. Kann ich darüber noch nachdenken?"

"Ja, natürlich kannst du das. Aber denk an die Abende, wo wir zusammen dann mit Popcorn und Süßgetränken ein paar Actionfilme schauen oder Poetryslams", witzelte Silas und lächelte dabei.

"Okay", meinte ich nur und spürte, wie mir ein Stein vom Herzen fiel.
"Ja, ja ich weiß." Ich nahm meinen Becher und trank ihn in einem Zug aus, da ich so schnell wie möglich aus der Situation flüchten wollte. Dann erhob ich mich und griff zu meinem Tablett.

"Was machst du denn?", fragte Silas verblüfft und dachte vermutlich, dass ich ihn verlassen wollte.
"Nur mein Tablett wegbringen." Mit diesen Worten drehte ich mich um und brachte es zu den anderen. Währenddessen konnte ich seine Blicke auf mir spüren, strengte mich jedoch an, die Tatsache von ihm beobachtet zu werden, zu ignorieren.
Dann kehrte ich wieder zurück.
"Na da ist der Herr ja wieder. Hab dich fast nicht mehr wiedererkannt", grinste Silas belustigt.

"Wieso nicht wiedererkannt?", fragte ich verwirrt, da es mir einfach nicht einleuchtete.
"Nur so eine Redewendung. Weil du "so lange" weg warst", erklärte er und betonte dabei die Worte ironisch.
"Was dachtest du denn?"

"Ich dachte... weil ich mich tagelang nicht bei dir blicken lassen hab."

"Oh, nein. Der Zug ist schon längst abgefahren. Wäre ja etwas komisch dazu jetzt noch einen Spruch zu bringen."
"Wieso denn?" Ich sah das anders.

"Weil es überhaupt nicht das Thema war und wie gesagt schon länger her ist."
"Schon länger her? Es war doch erst heute früh." Ich seufzte und kratzte nachdenklich mein Kinn.
"Egal."

"Die Betonung liegt auf früh, Alex. Und nein, es ist nicht egal. Ich habe dir etwas erklärt und du fängst mit der Diskussion an. Also beenden wir das, sobald ich es möchte", schmunzelte er. "Jetzt."

"Aber... ich hab doch gar nicht diskutiert", murmelte ich und musste den Blick abwenden, da sich in meinem Augen eine gewisse Feuchtigkeit ansammelte. Ich fühlte mich einfach ungerecht behandelt und wollte nur noch von hier weg.
"Ich muss jetzt los", gab ich zurück, nachdem ich mich geräuspert hatte. Dann ging ich ohne auf eine Antwort zu warten. Ich konnte nicht damit umgehen, wenn er so "arschig" oder auch herrisch wurde, da es mich an eine bestimmte Person erinnerte. Doch daran wollte ich gar nicht erst denken und versuchte es schnellstes zu verdrängen.

"Hey, so war das nicht gemei-", setzte er noch an, doch ich war bereits verschwunden.

Danach verbrachte ich den Rest des Tages beim Literaturkurs und danach im Wäschelager, wo wir Uniformen der Wärter bügeln mussten. Währenddessen versuchte ich mir nicht den Kopf zu zerbrechen, indem ich über Silas und mich selbst nachdenken würde.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWhere stories live. Discover now