17 | Zueinanderfinden

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Ich stand schließlich mit zwei Wärtern vor der Tür meines Sozialarbeiters und machte einen großen Schritt nach vorne, weil ich aufgeregt war und selbst klopfen wollte, was ich dann auch tat. Mir pochte das Herz dabei so stark, dass ich dies beinahe in meiner Kehle spüren konnte.
Einer der Männer zog mich dann wieder zurück, woraufhin ich mein Gesicht vor Schmerzen verzog.

"Herein!", rief eine gelangweilte Stimme von innen. Und das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen.
Als einer der Wärter die Tür öffnete, rempelte ich diesen fast an als ich mit entschlossener und hoffnungsvoller Miene in den Raum hineinging. Ich schaute augenblicklich zu Silas, welcher wie gewöhnlich an seinem Schreibtisch saß, und fing dann an, ihn genauer zu mustern und legte dabei meinen Kopf schief. Was war das? Mit diesem Bart sah er sogar noch älter aus.

Silas wich schließlich die Farbe aus dem Gesicht als er mich erkannte.
"Alex?", er klang erleichtert und kam langsam auf mich zu.
"Eh... Hi", erwiderte ich leise und schluckte.
Die Tür wurde hinter mir geschlossen, doch ich blieb noch dort stehen, wo ich mich befand. Wahrscheinlich machte ich dabei auch einen ziemlich müden Eindruck, denn aufgrund des Schlafmangels hatte ich ja deutliche Augenringe. Und weil ich keine Lust auf irgendwelche Fragen hatte, drehte ich meine Hände so, dass Silas die Wunden nicht sehen konnte.

Mein Gegenüber atmete tief durch und umarmte mich dann vorsichtig, woraufhin ich leicht zusammenzuckte. Doch ich ließ es trotzdem zu, weil es das war, was ich wollte und auch brauchte.
Währenddessen legte er eine Hand an meinen Hinterkopf und nach wenigen Sekunden lehnte ich mich langsam gegen ihn und hielt meinen Kopf dabei gesenkt, sodass sich meine Stirn gegen dessen Schulter drückte.
"Mensch, wo warst du denn?", brummte Silas schließlich etwas bissig, doch ich antwortete ihm nicht.
Stattdessen dachte ich einfach nur daran, wie es wäre, wenn ich meine Arme auch um ihn legen könnte, doch die Handschellen verhinderten diesen Wunsch. Mit geschlossenen Augen inhalierte ich seinen angenehmen und beruhigenden Duft. Er roch nach einem bestimmten Aftershave, nach herbem Kaffee, den er so gerne und oft trank und nach seinem ganz eigenen Körpergeruch, welcher auf mich eine anziehende Wirkung hatte.

Als er mir über Hinterkopf strich, atmete er sichtlich entspannter und löste sich dann leicht.
"Wie geht es dir?", fragte er leise, aber trotzdem besorgt.
Dabei strich er mir mit seiner anderen Hand über die Schulter und musterte mich.

Mir war bewusst, dass ich all das eigentlich viel zu sehr genoss. Was dachte ich mir bloß dabei?
Ich hob den Kopf an, stellte mich aufrechter hin und nachdem ich einige Male blinzelte, schaute ich zu ihm hoch in dessen Augen.
"Hm ... Besser", meinte ich in der selben Tonlage, wobei sich meine Antwort bloß auf genau diesen Moment bezog.
Dann schaute ich kurz zu dessen Hand auf meiner Schulter und erschauderte leicht auf positive Weise, während ich durchatmete.
Als ich wieder zu ihm hochsah, streckte ich mich leicht, ohne jedoch die Fersen vom Boden zu heben und küsste ihn dann leicht und flüchtig auf die Wange. Danach trat ich sofort zurück und senkte mit geröteten Wangen den Kopf. Zudem verkrampfte ich leicht, was man meiner Körperhaltung entnehmen konnte. Trotz der Umarmung, hatte ich Angst. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und ließ meine Augen für einen Moment geschlossen.

Das waren die verdammt längsten Sekunden meines nichtsnutzigen Lebens.

"Ehm-", fing Silas an, doch er wusste nicht, wie er reagieren sollte.
Er fasste sich kurz an die Wange.
"Danke..?"
Sein Gesichtsausdruck war alles andere als angewidert oder wütend, sondern eher verdutzt, was durch das öftere Blinzeln noch deutlicher wurde.
Ich blickte ihn völlig verwirrt an und echote dann langsam und fassungslos, was er gesagt hatte.
"Danke?"
Mit so einer Reaktion hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, doch ich war auch ganz dankbar dafür. Besser, als geschlagen zu werden.
"Eh... Ja", meinte ich dann und ging gleich darauf langsam kopfschüttelnd zur Couch, die Silas mir so oft anbot, um einen gewissen Abstand zwischen uns zu schaffen, und setzte mich. Meine Hände hebend, fuhr ich mir durch das Haar und legte mich dann hin, da ich einfach total fertig war. Ich winkelte die Beine an und schloss die Augen. Mir war es im Moment egal, was wir machen würden oder passieren würde, Hauptsache ich war bei ihm.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt