23 | Vor Gericht

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Drei Tage musste ich zur Beobachtung hier bleiben, damit sie sich sicher sein konnten, dass ich mir nicht wieder etwas antun würde. Und gleich noch am ersten Tag wurde mir erzählt, dass ich mich in einem Krankenhaus befand. In einem richtigen Krankenhaus und nicht im Gefängnis!

Mir wurden die Verbände an meinen Händen entfernt, die Nähte aber noch nicht gezogen. Am dritten Tag besuchte mich wieder mein Therapeut, der wie versprochen, einen seiner Anzüge vorbeibrachte, der mir wie angegossen saß.

Ich setzte mich fertig umgezogen auf die Bettkante und sah mich nervös in dem Raum um. Ich hatte irgendwie Angst vor dieser Sache, weil ich es nicht mochte, im Mittelpunkt zu stehen oder wenn man generell über mich redete.

Ein Wärter öffnete schließlich die Tür und bat mich heraus, weshalb ich ihm sogleich folgte. Auf dem Flur wurden mir Handschellen angelegt, was ich etwas albern fand. Dann verließen wir das Krankenhaus und stiegen in einen Polizeiwagen ein, der auf der anderen Seite der Straße parkte.

Die gesamte Fahrt verbrachte ich damit, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was ich machen sollte, wenn ich es wirklich schaffte, vorzeitig herauszukommen. Mir fiel nichts dazu ein. Ich war wohl einfach ein hoffnungsloser Fall.

Als wir dann endlich ankamen, schaute ich aus der Glasscheibe zum großen Gebäude hoch und schluckte vor Ehrfurcht leise.

Mir wurde die Tür geöffnet und ich zuckte unerwartet zusammen, stieg dann aber zügig aus als ich mich wieder gesammelt hatte.

Dann wurde ich die großen und sandfarbenen Steintreppen hinaufgeführt, bis hin zur Eingangstür und anschließend in das Gebäude hinein. Dabei warfen mir mehrere Menschen verachtende Blicke zu, die ich versuchte zu ignorieren.

Mein zugeteilter Anwalt, in einem grauen Anzug gekleidet, wartete bereits mit Dr. Myers in einem Flur. Sie schienen sich entspannt zu unterhalten, was ich für meine Verhältnisse überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Wie konnte man denn so gelassen sein?

Seufzend stellte ich mich zu ihnen und gab beiden nacheinander die Hand. Sie nickten und lächelten mich leicht an.
Dann nahm ich auf einem Stuhl Platz und fing an zu warten, ungeduldig wippte ich dabei mit einem Fuß auf und ab und ballte meine in Handschellen gelegten Hände zu Fäusten.

"Bereit?", hörte ich meinen Therapeuten plötzlich sagen, weswegen ich den Kopf neugierig anhob, bereute es aber im selben Moment wieder. Denn er sprach mit Silas! Dieser musste wohl gerade erst gekommen sein, da er seinen Autoschlüssel in die Hosentasche seiner schwarzen Anzughose verschwinden ließ. Dann nickte er leicht und schien ziemlich aufgeregt zu sein.
"Muss ich wohl", meinte er knapp und warf mir anschließend einen kurzen Seitenblick zu. In seinen Augen zeigte sich jedoch kaum Emotionen ab. Ich vermutete, dass er es mir zuliebe tat, da ich Abstand gefordert hatte.
Doch dann tat er etwas unerwartet, denn er trat zu mir heran.
"Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?"

Ich musterte ihn kurz, dabei fiel mir auf, dass er einen Dreitagebart bekommen hatte und keine Krawatte trug.
"Gut", murmelte ich nur, was aber auch wieder gelogen war.
Ich konnte ihm ansehen, dass er mir nicht glaubte. Das war aber auch kein Wunder, immerhin hatte ich versucht mir das Leben zu nehmen.

Dr. Myers sah zwischen uns hin und her und hob die Augenbrauen leicht an, behielt seine Gedanken aber für sich.
"Also ich bin davon überzeugt, dass wir Alexander heute hier rausbekommen", versuchte er ein Gespräch aufzubauen und die ansteigende Anspannung zu lösen.
Silas ging darauf ein, indem er ihm zunickte.
"Na definitiv. Wir haben gute Chancen."
Nachdem ich laut ausatmete, stand ich schließlich auf und strich mir den geliehenen, schwarzen Anzug glatt. Währenddessen spürte ich Silas intensiven Blick auf mir, ließ mir jedoch nicht anmerken, was dies für eine Wirkung auf mich hatte.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt