5 | Training & Krankenstation

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Nachdem ich mich erstmal erwärmt hatte, schlug ich anschließend auf einen schweren Boxsack ein, welcher von der Decke hing. Dabei provozierte mich mein Trainer mit Worten, sodass diese mich nur noch mehr anspornten.

Als ich mich daran lang genug ausgetobt hatte, ging ich mit meinem Trainer namens Chris auf die Matten und nahm eine typische Angriffposition ein.

Ich hielt eine Zeit lang halbwegs gut mit, doch Chris nahm meine Unkonzentriertheit schnell wahr. "Hey, schlecht geschlafen?", ächzte er als er mich in den Schwitzkasten nahm und nach unten drückte.
Doch er bekam keine Antworten von mir, außer ein verächtliches Schnaufen. Der Grund war, dass ich die ganze Zeit an Silas denken musste.

Und als ich kurz nicht aufpasste und mich zur Wehr setzte, wurde ich auf die Matte geworfen. Dabei schlug die rechte Seite meines Gesichts auf, vor allem mein Jochbein leidete gewaltig darunter. Vor Schmerzen aufstöhnend, versuchte ich mich vom Boden wegzustemmen.
"Fuck, Mann", murmelte ich vor mich hin.

Nachdem ich mich gesetzt hatte, weiteten sich die Augen von Chris vor Schock, welcher sich augenblicklich vor mich hinhockte.
"Hey, ist alles in Ordnung? Du blutest." Er musterte mein Gesicht mit einem besorgten Blick.
"Was, echt?"

"Ja, eine Platzwunde. Komm, ich bringe dich zur Krankenstation. Du kannst dich später duschen und umziehen."
Ich strich mir mit einer Hand über die Stirn und atmete resigniert laut aus. Das ist doch Schwachsinn.

* * *

Als ich fünf Minuten später im Flur der Krankenstation stand und mit verschränkten Armen auf die Ärztin wartete, murrte ich schlecht gelaunt herum. "Mir geht's gut. Was soll dieser Kinderkram?", fragte ich an mich selbst gerichtet.

Es dauerte kaum, da öffnete sich bereits die weiße Tür zum Behandlungsraum und eine junge Frau steckte ihren blonden Kopf aus dem Raum heraus. Als sie mich sah, weiteten sich ihre grün-braunen Augen leicht und sie kam ohne zu zögern auf mich zu.
"Was ist denn passiert?"

Chris erklärte, dass es beim Trainieren passiert war und ich währenddessen unglücklich aufkam. Sie nickte und wollte mich stützen, doch ich zuckte aufgrund ihrer Berührung zusammen und ging einen Schritt zurück, um mich aus ihrem Griff zu befreien und um zu verhindern, dass sie es wieder tat. Ich holte tief Luft und sah weg.
"Mir geht's gut", murmelte ich erneut.

"Komm erstmal rein", sagte sie mit sanfter Stimme, ging voran und suchte sich bereits ärztliche Utensilien heraus.
Mit einem leichten Verdrehen meiner Augen, folgte ich ihr langsam und setzte mich dann seufzend auf die Liege, welche mittig vom Zimmer an der Wand stand. Häufchen Elend.

Als ich mich weiter umschaute, bemerkte ich, wie die Fenster mit Gittern und die Wände ab Hüfthöhe mit Glas ausgestattet waren. Wahrscheinlich damit die Wärter sofort sahen und anschließend eingreifen konnten, sobald sich jemand an der Ärztin vergriff.
Diese trat nun heran und zog eine Diagnostikleuchte aus ihrer Brusttasche. Sie positionierte das Licht dann so, dass es auf meine rechte Gesichtshälfte strahlte. Dann fing sie an die Wunde vorsichtig sauberzutupfen.
"Eine kleine Platzwunde", sagte sie lächelnd und beruhigend.
"Es muss also nicht genäht werden. Ich tue zwei Wundnahtstreifen darauf, das sollte reichen."
Ich nickte kurz einverstanden.

Sie besorgte die Streifen und klebte diese dann auf die Wunde an meinem Jochbein.
"So, ich gebe ein Kühlakku mit und dann kühlst du die Prellung, okay?"
Sie lächelte freundlich.
"Und das nächste Mal beim Training aufpassen."

Ich schaute zu ihr hoch, nickte wieder leicht und legte dann aber meinen Kopf schief.
"Jaja."
Ich wusste ganz genau, wer daran Schuld war, nur konnte ich ihm das aber natürlich nicht anhängen.
"Sind Sie neu hier?", wollte ich schließlich wissen.

"Ja, ich bin erst letzte Woche hier eingetroffen", sagte sie als sie derweil ein Kühlpad aus dem Kühlschrank nahm und es mir vorsichtig reichte.
"Oh." Überrascht darüber, zog ich die Brauen etwas in die Höhe, nahm ihr den kühlen Gegenstand ab und hielt es sofort an meine behandelte Platzwunde.
Sie nickte kurz. "Ist dir denn schwindelig oder ähnliches?"
Schulterzuckend schaute ich ihr erst in das Gesicht und dann auf den Boden.
"Vergeht", erwiderte ich nach einer Weile und stand schließlich auf.
"Na, na, na. Nicht so schnell. Lass mich nochmal deine Pupillenreaktionen testen", sagte sie bestimmend und holte den Stift mit der Lampe am Ende wieder heraus.
"Okay?"

Ich sah sie genervt an, setzte mich jedoch widerwillig wieder hin und ließ die Hand mit dem Kühlpad sinken.
Sie konnte nicht anders und musste einfach schmunzeln. "Ihr seid aber nicht gerade kooperativ hier", sprach sie leise als sie die Pupillen kontrollierte, welche beide nicht perfekt reagierten, was aber auch nichts weltbewegendes war.
"Ihr?", wiederholte ich verwirrt.
"Die Insassen. Naja, ich denke das liegt daran, dass ich eine Frau bin", meinte sie und zuckte dabei locker die Schultern.
"Sobald dir schlecht wird, komm zu mir, okay?"

"Nein, das glaube ich nicht", sagte ich stirnrunzelnd. "Männer wollen einfach nie schwach wirken."
Ich erwiderte ihren fürsorglichen Blick, wobei mir ganz anders wurde. Wieso sah mich jemand so an? Kopfschüttelnd verdrängte ich die Gedanken, die sich mal wieder in meinem Hirn anzustauen begannen.
"Okay, kann ich dann jetzt gehen?"

"Manchmal ist das aber echt süß", säuselte sie vor sich hin.
"Auch Männer dürfen weinen."

Süß?!
Verdammt, ich hoffte, dass ihr schnell bewusst wurde, wo sie sich hier eigentlich befand, damit sie von den Männern hier eine andere Meinung bekam. Fassungslos und räuspernd rutschte ich letztendlich von der Liege und machte mich auf den Weg zur Tür.
"Na dann. Ciao."

Die junge Ärztin nickte lächelnd und wünschte mir eine gute Besserung. Danach war ich auch schon verschwunden und wurde von meinem Trainer zu den Umkleidekabinen gebracht, wo ich mich auszog und duschen ging. Zum Glück war ich alleine. Ich hasste es sowieso, wenn die Anderen mich aufgrund meiner Narben anstarrten. Hatten die keine eigenen?!

Ich schüttelte wütend den Kopf und rieb meinen Körper fast schon aggressiv mit der Seife ein. Nachdem ich mich nach einigen Minuten beruhigt hatte, mussten meine Gedanken ausgerechnet wieder zu Silas überschweifen.

Jedoch hatte ich nicht gerade Lust darauf, meinem Körper genau hier und jetzt eine bestimmte Reaktion zu erlauben, weshalb ich mir mit schnellen Bewegungen den Schaum von meinem geschundenen Körper wusch und mir danach mein Handtuch schnappte, mit dem ich mich auf dem Weg zur Umkleide hin abtrocknete. Dort zog ich dann wieder den blauen Overall an.

Anschließend wurde ich zu meiner Zelle gebracht, in der ich mich auf das Bett setzte und für einige Sekunden an die Wand blickte. Ich hob meine rechte Hand an, um mir durch die feuchten Haare zu fahren und hielt mir zeitgleich mit der Linken das Kühlpad, welches ich in meinem Overall stecken hatte, an das geprellte und angeschwollene Jochbein.
Meinen Kopf an die kühle Wand lehnend, schaute ich schließlich deprimiert auf die Gitterstäbe vor mir. Ich hatte verdammt nochmal nicht vor mich zu verlieben, weil es zum Einen verboten war und ich mir zum Anderen sowieso sicher war, dass Silas auf das andere Geschlecht stand. Also warum sich Hoffnungen machen? Ich rutschte von der Wand, legte mich richtig hin und blickte nach oben an die eintönige Decke.

Nach einer Weile drehte ich mich auf die Seite und zog die Decke über mich, bevor ich die Augen schloss.

𝖠𝖻𝗀𝖾𝖿𝗎𝖼𝗄𝗍 𝗐𝗂𝖾 𝖠𝗅𝖾𝗑𝖺𝗇𝖽𝖾𝗋 | manxmanWhere stories live. Discover now